Container ersetzen Baracken
Stader Dauerthema: Unterbringung der Obdachlosen
Obdachlose leben am Rande der Gesellschaft. Das ist in Stade manchmal wörtlich zu verstehen: Wer als alleinstehender Mann keine Wohnung hat, könnte am Stadtrand landen - in dem Notquartier am Fredenbecker Weg. Die Unterbringung in den dortigen Baracken ist wegen des maroden Zustands der Behausungen seit Jahren umstritten. Geändert hat sich bisher nichts - trotz mahnender Worte aus der Politik. Derzeit sind in Stade gleich zwei Parteien an dem Thema dran: Die SPD hat vor ein paar Wochen kritisch nachgehakt und auf Antrag der Linken wird sich jetzt der Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Verkehr auf seiner Sitzung am Donnerstag, 8. September, um 18 Uhr damit befassen.
Die Linken mahnen in ihrem Antrag ein Konzept zur Verbesserung der Wohnsituation am Fredenbecker Weg an. Das sei von der Stadt im Frühjahr in Aussicht gestellt worden. Seitdem sei nichts mehr passiert, so die Linken-Kritik. Sie fordern jetzt eine gezielte Vorgehensweise an, damit "eine deutliche Verbesserung für die Obdachlosen" erzielt werden kann. Die Genossen wiederum sahen sich zu kritischen Nachfragen veranlasst, nachdem die Stadt eines der rund 60 Jahre alten Gebäude abgebrochen und dafür fünf Wohn- und zwei Sanitärcontainer aufgestellt hat.
Der Zustand der abgerissenen Baracke seit "unhaltbar" gewesen, heißt es in der Antwort der Verwaltung auf die SPD-Anfrage. SPD-Ratsherr Kai Koeser wollte außerdem wissen, welche Anstrengungen seitens der Stadt bisher unternommen wurden, um mehrere alternative Standorte zu finden, die - wie von Experten empfohlen - kleinteiliger sein müssen. Hier verweist die Verwaltung lapidar auf die Protokolle der jeweiligen Sitzungen, in denen die Problematik seit 2016 behandelt wurde. Auch die Frage, ob es inzwischen ausreichende Obdachlosenunterkünfte für vulnerable Gruppen, wie etwa wohnungslose Frauen, gibt, wird nur knapp beantwortet: "Ausreichende Unterkünfte sind in den letzten 30 Jahren nie dagewesen."
Dass die Genossen mit diesen Antworten nicht zufrieden sind, liegt auf der Hand: "Die SPD-Fraktion ist irritiert über das Vorgehen der Stadt", erklärt Koeser. Die Container seien zwar eine Verbesserung gegenüber der Baracke. Man habe aber erwartet, dass die Politik vorher von der Verwaltung informiert werde. Der Ärger bei Koeser rührt auch daher, dass man bei der SPD - zumindest bei Teilen der Fraktion - den Standort ohnehin für ungeeignet hält. Denn die Gesellschaft ist - um im Bild zu bleiben - an den Stadtrand nachgerückt: Die nächstgelegenen Häuser des Neubaugebietes Riensförde sind nicht einmal 100 Meter entfernt von den Obdachlosen-Baracken am Fredenbecker Weg.
Koeser, der selbst in diesem Neubaugebiet wohnt, sieht sich hier wohl gegenüber seiner Nachbarschaft in der Pflicht. Er verweist darauf, dass "in der Vergangenheit immer wieder Gespräche mit Anwohnern stattgefunden haben, die nach einigen Konflikten davon ausgegangen sind, dass die Unterkünfte am Fredenbecker Weg mittelfristig abgebrochen werden". Koeser kritisiert weiter: "Eine Information vorab wäre in unseren Augen hier hilfreich gewesen, um einen Konflikt nicht wieder aufbrechen zu lassen."
Dieser "Konflikt", wie Koeser es bezeichnet, scheint sich aber längst abzuzeichnen. In den sozialen Medien gab es bereits kritische Stimmen aus dem Neubaugebiet. Es wird vermutet, die Stadt wolle mit der Aufstellung der Container Fakten schaffen, um den Standort langfristig zu erhalten. Die Öffentlichkeit sei daher bewusst nicht informiert worden. Koeser will den Ärger um die Obdachlosenunterkunft zum Anlass nehmen, sich "erneut mit dem Thema Obdachlosigkeit auseinanderzusetzen und zu versuchen, mit den anderen Fraktionen im Rat Lösungen zu finden".
Das sagt die Verwaltung
Das erklärt die Verwaltung auf WOCHENBLATT-Nachfrage zur Aufstellung der Container: "Im Vorfeld hat die Stadtverwaltung Alternativstandorte gesucht, ist dabei allerdings erfolglos geblieben und hat sich entsprechend für das Aufstellen der Container entschieden. Diese sind für rund 80.000 Euro zunächst für 24 Monate gemietet und stellen eine provisorische Lösung dar, um Zeit zur weiteren, langfristigen Standortsuche zu gewinnen.
Die Container sind noch nicht bezogen. Dazu die Stadt: "Aufgrund der bekannten Lieferschwierigkeiten fehlt den Stadtwerken ein passender Übergabeschaltkasten. Sollte dieser wie avisiert eintreffen, wird der Stromanschluss für die Container in der ersten Oktoberwoche hergestellt sein. Anschließend können die Umzüge erfolgen."
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.