Bahn-Reaktivierung, Autobahnbau und Seehafen Stade
Stader Landrat: Kritischer Blick in den Koalitionsvertrag
Für die künftige rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen sind alle Weichen gestellt: SPD und Grüne haben sich auf die Verteilung der zehn Ministerposten geeinigt und den neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Diese politische Grundlagenvereinbarung wurde in nur fünf Tagen ausgehandelt und ist in vielen Punkten wenig konkret. Offenbar ist Schnelligkeit wichtiger als inhaltliche Tiefe. Schließlich soll rasch eine Regierung gebildet werden, um in Zeiten der Krise handlungsfähig zu bleiben. Auch Stades Landrat Kai Seefried (CDU) ist der Ansicht, dass im Koalitionsvertrag vieles sehr vage formuliert ist. Er hat einen ersten Blick in den Vertrag geworfen, um sehen, inwieweit die rot-grüne Vereinbarung Auswirkungen auf den Landkreis Stade hat.
"Ich habe mit der Stichwortsuche zweimal den Namen Stade im Vertrag gefunden", sagt Seefried. Das eine Mal gehe es um den Rückbau des Kernkraftwerkes - ein Thema, das seit vielen Jahren hinlänglich bekannt sei. Die zweite Erwähnung hingegen sei wesentlich wichtiger, weil es da um die Zukunft des Stader Seehafens und die dortige Industrie gehe. Wörtlich heißt es im Vertrag: "Für den Import von grünem Wasserstoff sollen Stade und Wilhelmshaven zur Drehscheibe werden."
Dieses Bekenntnis zu einer nachhaltigen Zukunft des Stader Hafens sei erfreulich, so der Landrat. Er habe im Vorfeld seine Kontakte nach Hannover genutzt, damit genau dieses Thema auch auf den Tisch komme. Enttäuscht wiederum zeigt er sich darüber, dass Wilhelmshaven als "Energiedrehscheibe 2.0" offenbar eine Priorität eingeräumt werden soll. "Ich hätte mir gewünscht, dass Stade hier gleichrangig behandelt wird."
Die Ankündigung im Koalitionsvertrag, dass man bei stillgelegten Bahnstrecken "ein neues Reaktivierungsprogramm starten" wolle, betrachtet Seefried mit Skepsis. Bisher sah es so aus, dass die Reaktivierung der Moorexpress-Strecke unter Dach und Fach ist. Im September - vor der Landtagswahl - hieß es noch, dass womöglich schon in drei Jahren wieder Personenzüge zwischen Stade und Bremervörde rollen könnten. Wenn jetzt die Untersuchungen in Hinblick auf geeignete Strecken von vorn beginnen sollen, werde das zusätzlich Zeit kosten, so Seefrieds Sorge. Dennoch: "Unsere Ausgangsposition ist ja sehr gut, da wir über eine aussagekräftige Machbarkeitsstudie verfügen, die der Reaktivierung der Bahnstrecke Stade-Bremervörde ein erhebliches Potenzial bescheinigt."
Weniger hoffnungsvoll zeigt sich der Landrat bei einem weiteren Verkehrsthema: Beim Autobahnbau werde im Koalitionsvertrag auf die Zuständigkeit des Bundes verwiesen, so Seefried. Die künftige rot-grüne Koalition in Hannover wolle aber die Bundesregierung dabei unterstützen, bei den ausstehenden Bedarfsplan-Überprüfungen für die Autobahnprojekte neben wirtschaftlichen Gesichtspunkten und der Entwicklung des Verkehrs auch den Aspekt des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Hier könnte es für den Weiterbau der Küstenautobahn A 20 sehr kritisch werden. Damit könnte auch der fehlende Bauabschnitt der A26 von Stade zum Kehdinger Kreuz infrage gestellt werden. "Gerade dieses Teilstück nach Drochtersen ist aber wichtig, um den Stade Seehafen verkehrstechnisch besser anzubinden", meint Seefried.
Viele andere Themen seien im Koalitionsvertrag zu allgemeinen gehalten, um hier eine Aussage zu treffen, so der Landrat. Er hoffe, dass es keine neue Strukturdebatte in Sachen Schule gebe. Der Landkreis Stade verfüge über eine vielfältige Schullandschaft. Diese müsse erhalten bleiben. Einen Versuch von Rot-Grün, flächendeckend Gesamtschulen durchzusetzen, werde es hoffentlich nicht geben. Zur Frage, wie er als Landrat einer ländlich geprägten Region zu grünen Ressortchefs im Landwirtschafts- und Umweltministerium steht, wollte Seefried sich lieber nicht äußern.
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