Seefried reißt der Geduldsfaden
Stader Landrat will Altländer Wolf abschießen lassen
Nach den beiden Wolfsattacken auf Hahnöfersand im Alten Land Anfang März und Ende April hat Stades Landrat Kai Seefried (CDU) die Initiative ergriffen: "Ich bin fest entschlossen, nun selbst eine Abschussgenehmigung zu erteilen." Der Landkreis Stade werde nun in seiner Funktion als Untere Naturschutzbehörde einen entsprechenden Genehmigungstext vorbereiten. Die Sicherheit der Altländer Deich dürfe nicht durch einen Wolf gefährdet werden, der immer wieder Deichschafe tötet.
Immer noch keine rechtsgültige Verordnung
Dem Landrat reißt beim Thema Wolf mittlerweile der Geduldsfaden. Er ärgert sich darüber, dass es in Niedersachsen noch immer keine rechtliche Grundlage dafür gibt, Wölfe in Regionen abzuschießen, in denen sich Nutztierrisse häufen. Eine von Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) schon vor Monaten angekündigte Verordnung ist noch immer nicht in Kraft getreten. Bei einem Treffen mit Landräten aus Wolfsregionen hielt der Minister zwar einen Entwurf der Verordnung in der Hand, den Inhalt bekam aber niemand zu Gesicht. Denn Meyer kündigte an, den Entwurf noch zu bearbeiten. Das Ministerium wolle die Urteilsbegründung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) zum Verbot einer Ausnahmegenehmigung für einen Wolfsabschuss in der Region Hannover abwarten und Erkenntnisse daraus in den Entwurfstext einfließen lassen, so Meyer.
Inzwischen liegt die Urteilsbegründung der Lüneburger Richter vor(siehe weiter unten). Doch allzu große Hoffnung, dass nun rasch eine Verordnung nach den neuen, von den Umweltministern der Länder mit Bundes-Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vereinbarten Regularien (Abschuss binnen drei Wochen nach einem Wolfsriss in einem Radius von mindestens 1.000 Metern, ohne dass DNA-Tests vorliegen müssen), macht sich Seefried nicht. "Ich hatte Meyer gleich nach dem Wolfsriss im März geschrieben", berichtet der Landrat. Seitdem warte er auf eine Antwort des Ministers.
Abschuss auf Basis der alten Rechtsgrundlagen
Die Tatsache, dass jetzt auch Deichschafe an der Hauptdeichlinie der Elbe gerissen werden, stelle eine neue Dimension dar, so Seefried. Deshalb bestehe dringender Handlungsbedarf. Der Landrat hat veranlasst, dass auf Basis der bisherigen Rechtsgrundlage eine Abschussgenehmigung erteilt wird. Voraussetzung für die "Entnahme" eines Wolfes wäre demnach das Vorhandensein eines ausreichenden Herdenschutzes - etwa in Form eines Schutzzauns. Einen solchen Zaun müsste ein Wolf zweimal überwunden haben, bevor er zum Abschuss freigegeben werden darf.
Mit einem entsprechenden Zaun waren die Deichschafe auf Hahnöfersand auch geschützt. Der Zaun wies die Mindesthöhe von 1,06 Meter auf und war mit 3.000 Volt geladen. Das Land hat den Herdenschutz aber als "beeinträchtigt" klassifiziert, was vor Ort Kopfschütteln auslöst. Denn der Zaun war während der Wolfsattacke von den flüchtenden Schafen niedergetrampelt worden. Daraus einen unzureichenden Schutz abzuleiten, erscheint völlig unverständlich. Ein vollständiger Herdenschutz sei am Elbufer ohnehin nicht umsetzbar, meint Seefried: "Wir können ja nicht die Deiche von allen Seiten mehrere Meter hoch einzäunen."
DNA-Tests dauern viel zu lange
Keinerlei Verständnis zeigt Seefried auch dafür, dass meist mehrere Wochen vergehen, bis die Ergebnisse der DNA-Proben von den jeweiligen Wolfsrissen vorliegen. Die Tests werden deutschlandweit nur an einer einzigen Stelle, dem Senckenberg-Institut in Frankfurt, vorgenommen. Eigentlich dürfte es nur ein paar Tage dauern, bis ein Testergebnis vorliegt, kritisiert der Landrat. Eines möchte er dabei klarstellen: "Niemand hat hier das Ziel, den Wolf auszurotten." Der Artenschutz für den Wolf werde nicht infrage gestellt, so der Landrat. "Eine Regulierung der Wolfspopulation ist aber unerlässlich - gerade aus Sicht des Küstenschutzes."
OVG erklärt Abschussgenehmigung für rechtswidrig
Eine vom Land erteilte Sonder-Abschussgenehmigung für einen Wolf in der Region Hannover hatte das Verwaltungsgericht kassiert. Das OVG Lüneburg bestätigte jetzt das Abschussverbot. Die Genehmigung sei rechtswidrig. Als Begründung wird u.a. angeführt, dass den Naturschutzverbänden vor dem Erteilen der Genehmigung keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegeben worden sei. Von der zuständigen Landesbehörde sei zudem nicht begründet worden, warum man keine zumutbaren Alternativen wie "verbesserte Einzäunungen" oder ein "verändertes Herdenmanagement" geprüft hat. Zudem äußert das OVG Zweifel hinsichtlich der Schadensprognose für künftige Nutztierrisse, mit der das Land einen Abschuss rechtfertigen wollte. Diese Prognose ist nach Auffassung der Richter aber nicht auf "valide wissenschaftliche Erkenntnisse" gestützt.
Schneller Abschuss ist laut Gericht rechtens
In einem Punkt bekommt das Land allerdings recht: Das von Umweltminister Meyer bereits so lange angekündigte "Schnellabschussverfahren", das auch in der künftigen Verordnung eine zentrale Rolle spielen soll, wird vom OVG nicht beanstandet. Im Gegensatz zur ersten Instanz, die ausschließlich die "Tötung eines als Schadensverursacher identifizierten Wolfes" für rechtlich zulässig hält, verstößt die neue Regelung nach Auffassung des OVG nicht gegen geltendes Naturschutzrecht. Diese Neuregelung sieht - wie bereits erwähnt - vor, dass ein Wolf innerhalb von drei Wochen nach einem Nutztierriss in einem Radius von einem Kilometer rund um den Ort der Wolfsattacke geschossen werden darf, ohne dass ein Gentest vorliegen muss.
Kritik der CDU-Opposition
Kritik an der Urteilsbegründung der Lüneburger Richter kommt bereits von der Opposition im niedersächsischen Landtag: "Es ist für die Akzeptanz des Wolfes in Niedersachsen nicht hilfreich, dass das OVG die Hürden für den Abschuss von Wölfen erhöht hat", sagt der landwirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Marco Mohrmann. Das Kernproblem seien aber die grünen Minister in Bund und Land, meint Mohrmann. Diese würden weiterhin "gnadenlos auf Zeit spielen" und alles tun, um keinen Wolf entnehmen zu müssen. "Das von Minister Meyer wiederholt abgefeierte angebliche Schnellabschussverfahren ist immer nur eines gewesen: eine Nebelkerze, die von seinem eigenen Versagen ablenken soll", erklärte der CDU-Politiker.
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