Verzicht von Roesberg überraschte viele
Wer wird Nachfolger des Stader Landrats?

Landrat Michael Roesberg | Foto: Martin Elsen
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jd. Stade. Viele politische Funktionsträger und andere wichtige Personen im Landkreis Stade staunten wohl nicht schlecht über diese Nachricht, die ihnen am Montagabend auf dem Handy angezeigt wurde: Landrat Michael Roesberg hatte per E-Mail und SMS Menschen, die für ihn von Bedeutung sind oder die es einfach direkt von ihm erfahren sollten, über eine Entscheidung informiert, die aufhorchen ließ. Roesberg teilte mit, dass er für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung steht (das WOCHENBLATT berichtete). Die politischen Karten im Landkreis werden damit neu gemischt. Denn Roesbergs Kandidatur galt für die im Herbst 2021 anstehende Neuwahl des Landrates bisher als gesetzt. Dem Landkreis könnte ein echter Wahlkampf bevorstehen. Denn die Wahl zum Kreistag fällt seit 15 Jahren erstmals wieder mit der Landratswahl zusammen.

Vor einem Jahr hatte Roesberg noch wissen lassen, dass er erneut zu kandidieren gedenke. Für das Roesberg nahestehende "bürgerliche Lager" im Kreistag - hauptsächlich bestehend aus CDU und Freier Wählergemeinschaft (FWG) - war die Kandidatenfrage damit geklärt. Bis jetzt. Denn nun müssen Christdemokraten und Freie Wähler das tun, was SPD und Grüne ohnehin wollten: Sich auf die Suche nach einem geeigneten Bewerber begeben.

"Ich habe damit sicher viele überrascht", sagt Roesberg zu seinem unvorhergesehenen Schritt. Dieser sei aber früh genug erfolgt, so dass die Parteien ausreichend Zeit haben, einen möglichen Nachfolger zu finden, den sie dem Wähler präsentieren können. Herangereift ist Roesbergs Entscheidung während der Ferien in den Bergen. "Ich habe mit meiner Frau zuvor beschlossen, dass wir das Thema im Urlaub angehen und gründlich besprechen", so der Landrat.

Gefragt nach seinen Beweggründen, bleibt Roesberg bei der für die Öffentlichkeit bestimmten Sprechart: "Die Gründe sind persönlicher und damit privater Natur." Dass auch gesundheitliche Aspekte ausschlaggebend waren, ist freilich ein offenes Geheimnis.

Roesberg betont, dass ihm die Entscheidung schwer gefallen sei. "Die Tätigkeit als Landrat ist eine Aufgabe, die ich seit 2006 mit Begeisterung ausübe."

Doch in ihm sei die Erkenntnis gereift, dass er sein Amt in den kommenden Jahren womöglich nicht mehr in dem Maße ausüben könne wie bisher. Er habe immer deutlich mehr als 100 Prozent Leistung gegeben - und das werde bis zum Ende seiner Amtszeit auch so bleiben. So überraschend seine Entscheidung jetzt gewesen sein mag: Roesbergs Abtritt von der politischen Bühne des Landkreises hat nichts Ungewöhnliches. Bei einer erneuten Kandidatur wäre er 64 - ein Alter, in dem viele bereits in Rente gehen.

An Spekulationen über mögliche Nachfolger will Roesberg sich nicht beteiligen. Ihm sei klar gewesen, dass die Mutmaßungen losgehen, sobald sich der "erste Schock" gelegt habe. "Doch hier Überlegungen anzustellen, steht mir glücklicherweise nicht zu. Damit können sich andere beschäftigen."

Parteien auf Kandidatensuche: Möglichst ein externer Bewerber

Wie geht es nach Verzicht des amtierenden Landrats auf eine weitere Amtszeit weiter? Wohl keine Partei wird von heute auf morgen einen Kandidaten aus dem Hut zaubern, der am 1. November 2021 die Nachfolge Roesbergs antritt. Ein potenzieller Nachfolger wäre sein früherer Verwaltungs-Vize, der langjährige Erste Kreisrat Dr. Eckart Lantz, gewesen. Doch Lantz wechselte vor genau einem Jahr an den Landesrechnungshof in Hildesheim auf einen interessanten und auch lukrativen Posten. Ob Lantz nach etwas mehr als zwei Jahren wieder nach Stade zurückkehren würde, um Roesberg politisch zu beerben? Dahinter dürfte wohl mehr als ein Fragezeichen stehen.

Wie läuft die Kandidatensuche nun ab? Das WOCHENBLATT hakte bei den vier größten Fraktionen im Kreistag nach.

SPD
Ohnehin auf die Suche wollte sich die SPD begeben. Die Genossen hatten vor, wie bereits 2014 einen Gegenkandidaten ins Rennen zu schicken. Mit ihrem damaligen Herausforderer, einem ostdeutschen Richter, waren sie kläglich gescheitert.
Zwar fällt jetzt der Amtsinhaberbonus weg, doch im eher schwarz dominierten Landkreis Stade müssen die Genossen schon eine kompetente Persönlichkeit präsentieren, wenn sie punkten wollen. Vom SPD-Fraktionschef Björn Protze - einem großen Freund von Pressemitteilungen - erhielt das WOCHENBLATT folgendes schriftliche Statement: "Wir werden die Gespräche mit Kandidaten nun intensiv weiterführen. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst dieses Jahres einen Kandidaten öffentlich vorstellen werden. Unser Ziel ist es, im nächsten Jahr den Landrat im Landkreis Stade zu stellen."

Grüne
Auch die Grünen hatten vor, wie 2014 einen Gegenkandidaten gegen Roesberg aufzustellen. "Der Landkreis braucht an der Spitze jemanden, der nicht nur verwaltet, sondern auch gestaltet", sagt der Fraktionsvorsitzende Hartwig Holthusen. Man sei noch in der Findungsphase, doch spätestens im Frühjahr 2021 soll ein Kandidat gefunden sein.
Holthusen rechnet einem grünen Bewerber um den Landratsposten gute Chancen aus. "Unsere Partei steht in der Wählergunst sehr hoch und wir haben bei der Oberbürgermeisterwahl in Hannover gezeigt, dass wir für Überraschungen gut sind."

CDU
Roesbergs Entscheidung sei bedauerlich, müsse aber respektiert werden, erklärt der Vorsitzende der größten Kreistagsfraktion, der CDU-Politiker Helmut Dammann-Tamke. Roesberg habe seine Entscheidung so rechtzeitig getroffen, dass jetzt in einem "geordneten Verfahren" ein geeigneter Kandidat gesucht werden könne.
Allerdings hält Dammann-Tamke es für verfrüht, bereits im Herbst einen Bewerber zu präsentieren. Der CDU-Fraktionschef geht davon aus, dass es auf einen externen Kandidaten hinauslaufen wird. In den letzten Jahrzehnten seien die Nachfolger des jeweiligen Landrats immer aus dem eigenen Haus gekommen. Mit dieser Tradition werde beim nächsten Mal wohl gebrochen.

FWG
Gespräche mit der CDU will jetzt die Freie Wählergemeinschaft (FWG) suchen. Fraktionschef Uwe Arndt hätte sich gewünscht, dass Roesberg im Amt bleibt. Gerade angesichts der schwierigen Jahre, die als Folge der Corona-Krise auf den Landkreis zukommen, wäre Kontinuität an der Kreishausspitze wichtig gewesen. Arndt bemängelt, dass Roesberg sich nicht früher entschieden hat. "Jetzt ist das Zeitfenster für die Suche nach einem Nachfolger sehr eingeschränkt."
Er habe aber auch keine Probleme bei einem Kandidaten mit SPD-Parteibuch, so Arndt. Nicht die Parteizugehörigkeit sei entscheidend, sondern die Qualifikation. Für den FWG-Frontmann steht jedenfalls fest: "Auf der Dezernentenebene im Stader Kreishaus gibt es niemanden, den ich für geeignet halte, den Posten des Landrats zu bekleiden."

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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