Abendvortrag des Stader Geschichtsvereins
Ein unrühmliches Kapitel: Der Radikalenerlass in Niedersachsen
Der sogenannte Radikalenerlass ist ein umstrittenes Kapitel der bundesdeutschen Geschichte. Eingeführt in frühen siebziger Jahren unter der SPD-Regierung des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, diente der Erlass dazu, missliebige Personen mit kritischen Ansichten - vorwiegend aus dem linken Spektrum - aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen. So wurden u.a. viele Lehrer mit einem Berufsverbot belegt. Der Stader Geschichts- und Heimatverein möchte das Thema aufarbeiten und lädt am Dienstag, 17. Oktober, zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion ein. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr und findet im Niedersächsischen Landesarchiv in Stade (Am Staatsarchiv 1) statt. Der Eintritt ist frei.
172.000 Personen wurden überprüft
Den Vortrag mit dem Titel "Der Radikalenerlass in Niedersachsen 1972 bis 1990 – der demokratische Rechtsstaat in Gefahr?" hält der Historiker Wilfried Knauer aus Hannover. Brandt hatte damals mit den Ministerpräsidenten Leitlinien vereinbart, wie „Radikale im öffentlichen Dienst“ behandelt werden sollten.
Die Überprüfungen bei Bewerbern und Beschäftigten im öffentlichen Dienst richteten sich vor allem gegen die politische Linke richten. Allein in Niedersachsen wurden rund 172.000 Personen unter maßgeblicher Beteiligung des Verfassungsschutzes und der Staatsschutzdezernate der Kriminalpolizei überprüft.
Die aus rechtsstaatlicher Sicht fragwürdigen Maßnahmen, die oftmals in Berufsverbote mündeten, wurden erst mit dem Regierungsantritt der ersten rot-grünen Koalition in Niedersachsen im Sommer 1990 beendet, der Radikalenerlass wurde ersatzlos gestrichen. Mit einer Entschließung brachte der Niedersächsische Landtag im Jahr 2016 eine "Aufarbeitung dieses unrühmlichen Kapitels in der Geschichte Niedersachsens" durch die Einsetzung der Landesbeauftragten Jutta Rübke auf den Weg.
Die Reihe der Abendvorträge wird vom Stader Geschichts- und Heimatverein in Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Landesarchiv, den Museen Stade und dem Stadtarchiv Stade veranstaltet.
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