Abstimmung auch per Mail
Reform des Wohnungseigentumsgesetzes
(sb/ish). Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wurde zuletzt am 1. Juli 2007 in vielen Teilen reformiert. Nach 13 Jahren steht nun die nächste Änderung in Form des zum 1. Dezember 2020 in Kraft tretenden Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) an. Einiges der grundlegenden Neugestaltung erleichtert die Arbeit bzw. Entscheidungen der Gemeinschaft, aber auch der Verwaltung:
• Wann eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) entsteht, war in der Vergangenheit immer wieder strittig. Für die Zukunft ist festgelegt, dass eine Gemeinschaft mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher entstehen wird. Die bisherige sogenannte "werdende" Gemeinschaft wird es also nicht mehr geben.
• Die Verwaltung ist Vertretungs- und Ausführungsorgan. Somit können künftig Individualansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers nicht mehr gegen die Verwaltung gerichtet werden, sondern gegen die Gemeinschaft. Dieses umfasst z.B. Ansprüche auf Erstellung von Jahresabrechnungen und Wirtschaftsplänen sowie die Einberufung von Eigentümerversammlungen.
• Während in der Vergangenheit der Gemeinschaft eine sogenannte Teilrechtsfähigkeit zugesprochen wurde, wird diese ab dem kommenden Monat unumschränkt Rechtsfähigkeit erlangen. Daraus resultiert u.a., dass etwaige Beschlussanfechtungsklagen gegen die Gemeinschaft und nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten sein werden.
• Die Verwaltung ist künftig unumschränkter gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft. Ausnahme hiervon sind Grundstückskauf- und Darlehensverträge.
• Die bisherige Regelung, dass ein Verwaltungsbeirat aus mindestens drei Wohnungseigentümern bestehen muss, ist gekippt worden. Künftig kann ein Beirat auch nur aus einem Wohnungseigentümer bestehen.
• Die Haftung von Beiratsmitgliedern wird künftig auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Soweit sie ihr Amt unentgeltlich ausführen, haften sie auch nicht mehr für einfache Fahrlässigkeit.
• Künftig wird es so sein, dass – bis auf eine Ausnahme – alle Entscheidungen mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst werden können.
• Beschlüsse im schriftlichen Umlaufverfahren mussten bisher in Schriftform gefasst werden. Künftig reicht die Textform, d.h., dass eine Abstimmung auch per E-Mail möglich sein wird. Im konkreten Einzelfall kann auch beschlossen werden, dass künftig ein derartiger Beschluss auch mit Stimmenmehrheit gefasst werden kann.
• Künftig werden Eigentümerversammlungen immer beschlussfähig sein, solange nur ein Eigentümer anwesend oder vertreten ist. Die Einberufung von sogenannten Zweitversammlung entfällt somit.
• Künftig wird die Möglichkeit eingeräumt - nach entsprechender Beschlussfassung - in elektronischer Form an Versammlungen teilzunehmen, wobei eine rein virtuelle Versammlung oder eine in Form einer Telefonkonferenz rechtlich nicht möglich ist. Es ist weiterhin vorrangig die persönliche Teilnahme vorgesehen.
• Eine wesentliche Änderung wird es bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan geben. Wurde bisher über Abrechnung und Plan gesamtinhaltlich beschlossen, wird sich der Beschlussumfang nur noch auf die zu leistenden Nachzahlungen oder zu erstattenden Guthaben beschränken. Der Inhalt, also das Rechenwerk selbst, wird nicht mehr Gegenstand der Beschlussfassung sein.
• Bauliche Veränderungen werden künftig auch grundsätzlich mit einfacher Mehrheit entschieden. Einige bauliche Maßnahmen wird man künftig aber auch nicht mehr verhindern können, da ein Rechtsanspruch besteht. Dazu gehören z.B. Ladestationen für elektrisch betriebene Fahrzeuge, Umbauten für Menschen mit Behinderungen und Einbruchschutz.
Sowohl für die Eigentümer, also auch für die Verwaltung, werden ab dem 1. Dezember 2020 mit dem neuen Gesetz viele Veränderungen eintreten. Einige wirken sich erleichternd, aber andere auch erschwerend auf die tägliche Arbeit und die Entscheidung aus. Wichtig ist dabei weiterhin eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaft und Verwaltung.
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