Wie eine neue Apfelsorte auf den Markt kommt
"Cosmic Crisp" vs. "Fräulein"

Gute Laune bei der Namensbekanntgabe: Hier wird das neue "Fräulein"-Wunder präsentiert  Foto: DOSK
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tk. Altes Land. Gibt es ab 2020 eine Apfel-Schlacht? "Cosmic Crisp", der neue Apfel aus den USA, gegen die neue deutsche Sorte "Fräulein"? Das ist zwar etwas zugespitzt, doch trifft es durchaus zu. Denn der Markt der Äpfel ist längst global und auch beim Obstbau sind Innovationen gefragt. Im Alten Land, einem der Herzstücke des Obstbaus in Deutschland, wird aber niemandem angst und bange, dass der "Cosmic Crisp", der angeblich ohne Schaden bis zu einem Jahr gekühlt gelagert werden kann, den lokalen Sorten das Wasser abgräbt. Denn auch hierzulande wird Innovation betrieben. "Fräulein" heißt das neue deutsche Apfelwunder, das ab Herbst des kommenden Jahres zum ersten Mal in den Handel kommt. 

Dr. Matthias Görgens, Leiter der Esteburg, dem Kompetenzzentrum für den norddeutschen Obstbau, berichtet, dass Obstbauern aus Südtirol bereits Lizenzen für den "Cosmic Crisp" erworben haben. Der US-Apfel soll ab 2020 auf dem europäischen Markt zu kaufen sein. Deutschland ist dabei ein besonders attraktiver Absatzmarkt, denn der Apfel ist des Deutschen liebstes Obst: Statistisch isst jeder Deutsche pro Jahr rund 30 Kilo Äpfel.

Jens Anderson, fürs Marketing bei Elbe Obst verantwortlich, berichtet, wie das "Fräulein" entdeckt wurde und wie es zu dem Namen kam. Das, was eine Erfolgsgeschichte werden wird, begann 2008 auf der Hildesheimer Börde. Ein Obstbauer, der schon an der Uni erfolgreich mit neuen Sorten experimentiert hatte, war von seiner Neuzüchtung, eine natürliche Kreuzung, überzeugt. 2012 gab es die erste Miniernte. Die neue Apfelsorte hatte damals noch den wenig poetischen Namen "GS 66", eine Abkürzung für Züchter und Standort auf der Plantage. "So lässt sich eine neue Sorte natürlich nicht vermarkten", sagt Jens Anderson.

Im nächsten Schritt kam das Deutsche Obstsorten Konsortium (DOSK) ins Spiel, das seinen Sitz in Hollern-Twielenfleth hat. Dort sind unter anderem die Elbe Obst und die Marktgemeinschaft Altes Land (MAL) Mitglied. Die Aufgabe ist, grob umrissen, die Förderung von Innovationen im Obstbau. "Dafür schickt das DOSK einen Sortenscout durch die ganze Welt", erklärt Anderson.  Der wurde in Hildesheim fündig. Es folgten groß angelegte Feldversuche über drei bis vier Jahre. "Der Apfel hatte uns schon nach kurzer Zeit überzeugt", sagt Anderson.

Einer der Gründe: Der neue Apfel hat ein ausgewogenes Verhältnis von Süße und Säure. Er folgt nicht dem Trend zur stärker betonten Süße. "Sehr saftig, knackig und mit viel Biss", meint Anderson. Er muss es wissen, denn er hat schon viele "Fräuleins" verspeist. "Insgesamt ein Geschmacks-erlebnis, das die Verbraucher so noch nicht kennen."

Wie kam es aber zu dem Namen "Fräulein"? "Das wirkt nur auf den ersten, oberflächlichen Blick antiquiert", so der Marketingfachmann. Eine Berliner Agentur habe sich intensiv mit der Markenentwicklung beschäftigt. Anderson nennt diesen Prozess "wir haben ganz schön dicke Bretter gebohrt". "Fräulein", erklärt er, sei ein in der Vergangenheit positiv besetzter Begriff gewesen. Etwa das "Fräuleinwunder" in der Nachkriegszeit. Zudem ist das Wort, obwohl urdeutsch, international bekannt. Und - für Marketing im Jahr 2020 noch viel wichtiger - der Begriff "Fräulein" erlebe eine Renaissance. "Googeln Sie mal, wie viele hippe Cafés 'Fräulein' im Namen tragen", sagt Jens Anderson. Das Wort stehe heute für junge, dynamische Frauen, die selbstbewusst und mit eigenem Stil durchs Leben gehen."

Das "Apfel-Fräulein" wird im Herbst 2020 auf den Markt kommen. Zuerst allerdings nur in einem ausgewählten Testgebiet. Wo das sein wird, verraten die Fachleute für Apfel-Innovation aber noch nicht. Experten rechnen schon 2020 mit einer Ernte von rund 300 Tonnen. Bis 2021 sollen dann schon eine Million "Fräulein"-Bäume gepflanzt worden sein. Drei bis vier Jahre später könnten dann rund 15.000 Tonnen der neuen Sorte geerntet werden. 

Die "Fräulein"-Markteinführung hat viele Jahre gedauert. Im Vergleich zu früher sei das aber ein rasantes Tempo, erklärt Matthias Görgens. "Jetzt muss das alles viel schneller gehen", so der Experte. Er ist genauso wie Jens Anderson überzeugt, dass das "Fräulein" das Zeug zum neuen Apfel-Hit hat.
Der Verbraucher zwischen Winsen und Stade hat es dann in der Hand, ob er ein einen "Cosmic Crisp" will oder lieber doch ein vor Ort erzeugtes Produkt wie das "Fräulein".

Wer Nachhaltigkeit und regionale Produktion als Grundlage für seine  Kaufentscheidung macht, der sorgt dafür, dass die Apfel-Schlacht klar zu Gunsten von "Fräulein" entschieden wird.

Redakteur:

Tom Kreib aus Buxtehude

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