EWE entschuldigt sich für Verzögerungen
Das lange Warten auf die Datenautobahn
jd. Kutenholz. In einem Zelt an der Straße zum Kutenholzer Bahnhof hat Daniel Linden sein Werkzeug ausgebreitet. Sein Arbeitsmaterial muss vor Nässe geschützt werden. Die sensible Technik, mit der Linden hantiert, ist feuchtigkeitsempfindlich und nicht ganz billig. Rund 20.000 Euro kostet das Kästchen, das vor ihm liegt. Damit wird geschweißt, aber nicht auf übliche Weise wie bei den Metallverarbeitern. Linden arbeitet mit einem ganz besonderen Werkstoff, der die Grundlage unserer digitalen Zukunft darstellt: Glasfaser. Er verschweißt die filigranen Fasern mit höchster Präzision. In Kutenholz soll jetzt ein Förderprojekt ein gutes Ende finden, das nach den Planungen bereits vor einem Dreivierteljahr abgeschlossen sein sollte: die Versorgung von kreisweit mehr als 6.000 Haushalten mit superschnellem Internet.
EWE räumt Versäumnisse ein
"Wir bedauern, dass es beim Glasfaser-Ausbau zu diesen Verzögerungen gekommen ist", erklärt EWE-Vorstand Michael Heidkamp beim Ortstermin in Kutenholz. Auch die Kommunikation mit den Kunden sei nicht immer glatt gelaufen. "Da müssen wir besser werden." Und auch EWE-Tel-Geschäftsführer Maximilian Oertle räumt ein, dass den Kunden vieles nicht erklärt worden sei. Das habe verständlicherweise für Unmut gesorgt.
"Dafür können wir uns nur entschuldigen", sagt Heidkamp. Nun könne er aber die frohe Botschaft verkünden: "Jetzt dürfen sich alle auf die schnellen Anschlüsse freuen." Die allermeisten Haushalte aus dem laufenden Förderverfahren, bei dem bisher in Sachen Breitband unterversorgte, ländliche Gebiete an die Datenautobahn angeschlossen werden, sollen ab Ende des Jahres mit Geschwindigkeiten von 100 bis 1.000 Megabit im Internet surfen können. Die restlichen Hausanschlüsse sollen dann spätestens im ersten Quartal 2020 abgearbeitet werden, versprechen die beiden EWE-Chefs.
Sie begründen den schleppenden Breitbandausbau, bei dem zwischendurch monatelang nichts passiert ist, vor allem mit organisatorischen Problemen. So sei es schwierig gewesen, Tiefbauunternehmen zu finden, die die Kabel unter die Erde bringen. "Tiefbauern mangelt es derzeit ja nicht an Aufträgen", so Oertle. Eine weitere Hürde habe darin bestanden, die Glasfaser in die Häuser zu verlegen. Es sei nicht leicht gewesen, dafür geeignete Firmen zu finden, die zudem noch über freie Kapazitäten verfügen.
Schnelles Internet ist für die Dörfer wichtig
Dass es in Kutenholz bald "Ende gut - alles gut" heißen wird, darüber freut sich auch Bürgermeister Gerhard Seba. In seinem Haus liegt seit Montag ein Glasfaserkabel. Es sei wichtig, dass auch das "Outback" des Landkreises mit schnellem Internet versorgt werde, so Seba. Diese Einschätzung teilt auch Fredenbecks Rathauschef Ralf Handelsmann: "Das Internet ist gerade für die Dörfer eine bedeutende Lebensader." Eine schlechte Straße könne man auf dem Lande noch verkraften, aber eine miserable Anbindung an die Datenautobahn schränke die Menschen extrem ein.
Viele hätten gut dotierte Jobs in Hamburg oder Bremen, seien aber wegen der Lebensqualität aufs Land gezogen, meint Handelsmann. Diese Bürger würden dann fürs Home-Office zwingend schnelles Internet benötigen - ebenso wie Selbstständige oder Gewerbetreibende. "Da darf dann in den Dörfern nicht die Datenschnecke kriechen."
Dass es im Landkreis in dieser Hinsicht noch einiges zu tun gibt, weiß auch Landrat Michael Roesberg. Er hofft wie Handelsmann weiter auf Zuschüsse von Bund und Land, damit diese gewaltige Aufgabe bewältigt werden kann. In das aktuelle Projekt flossen immerhin 4,3 Mio. Euro aus Berlin und Hannover, die übrigen knapp 500.000 Euro teilten sich Kommunen und Landkreis im Verhältnis 2:1. Ohne solche Fördergelder rechnet sich der Internetausbau nicht für Unternehmen wie die EWE.
Roesberg und Handelsmann sind sich aber auch darin einig, dass die bürokratischen Hemmnisse viel zu groß seien. "Wir benötigen dringend eine Entschlackung der Förderrichtlinien", verlangt der Landrat. Besser wäre es gewesen, so Roesberg, die Versorgung mit schnellem Internet als Aufgabe der Daseinsvorsorge den Kommunen zu übertragen und diese mit entsprechenden Finanzmitteln auszustatten. "Dann wäre der Glasfaserausbau viel schneller erledigt."
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