Rüstungsaufträge gehen in die USA
Protest in Stade: Airbus-Beschäftigte fürchten um ihre Arbeitsplätze
Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner "Zeitenwende"-Rede ein 100-Milliarden-Sonderprogramm für die Bundeswehr angekündigt, um die Schlagkraft der Truppe zu stärken. Unter dem Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wird das Geld endlich ausgegeben. Doch viele Aufträge gehen ins Ausland. Sehr zum Unmut von heimischen Rüstungsbetrieben und deren Beschäftigten. Auch Mitarbeiter von Airbus fürchten um ihre Jobs, weil die Bundesregierung Flugzeuge und Hubschrauber für die Bundeswehr vermehrt aus US-Produktion beschafft, ohne Produktionsanteile, Wartung oder Weiterentwicklung an deutschen Standorten zu regeln. Unter dem Motto „Für unsere Sicherheit“ demonstrierten am heutigen Dienstag rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stader Werks von Airbus Aerostructures gegen eine einseitige Beschaffungspolitik seitens der Regierung.
"Die Bundesregierung hat ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Modernisierung der Bundeswehr aufgelegt. Doch bei uns in Stade kommt davon wenig an", beklagt sich Tamer Yüksel, Betriebsratsvorsitzender bei Airbus in Stade. Man habe hervorragend qualifizierte Kollegen und alle
Möglichkeiten, um einen wichtigen Beitrag zur notwendigen Modernisierung der militärischen Luftfahrtindustrie zu leisten. "Wir erwarten, dass das Steuergeld, das jetzt dafür ausgegeben wird, auch hier bei uns Arbeitsplätze sichert."
Verlust tausender hoch qualifizierter Arbeitsplätze droht
Zur Kundgebung aufgerufen hatte die IG Metall Hamburg. Deren Geschäftsführerin, Ina Morgenroth, erklärte anlässlich der Aktion: "Der Einkauf bei US-Konzernen, ohne jegliche Verpflichtung, signifikante Anteile der Produktion, der Wartung und der Technologie nach Deutschland zu transferieren, bedeutet für die militärische Luftfahrtindustrie in Deutschland einen Schlag ins Gesicht. Mittelfristig verursacht die
Regierung damit den Verlust tausender hoch qualifizierter Arbeitsplätze – auch hier in der Region."
Bundesregierung ignoriert Interessen der Beschäftigten und Unternehmen
Die Kundgebung in Stade ist Teil einer bundesweiten Aktionswoche, zu der die IG Metall aufgerufen hat. Die Gewerkschaft kritisiert, dass die Bundesregierung bei der Ausrüstung der Luftwaffe immer mehr auf Systeme US-amerikanischer Produktion setzt - etwa auf F35-Kampfjets oder den schweren Transporthubschrauber Chinook. Dabei werde versäumt, eigene Interessen zu wahren, wie etwa die Möglichkeit, die Systeme nach Kauf eigenständig weiterzuentwickeln oder warten zu können, so die IG Metall. Damit ignoriere die Bundesregierung die berechtigten Interessen der hiesigen Beschäftigten und Unternehmen.
Rüstungsaufträge müssen an Bedingungen geknüpft werden
Die IG Metall verweist auf die übliche Praxis anderer Staaten, Großaufträge zur Beschaffung von Rüstungsmaterial regelmäßig an Verpflichtungen zu knüpfen, um die Produktion und damit die Arbeitsplätze im eigenen Land abzusichern. Dies sei dringend notwendig, denn in Deutschland stehe beispielsweise die Produktion des Hubschraubers Tiger vor dem Aus und die Weiterentwicklung des Eurofighters sei ungeklärt. Auch bei Wartung und Weiterentwicklung von Systemen aus den USA gebe es für die hiesigen Betriebe
keine klare Perspektive.
Gefährliche Abhängigkeit
Nach Überzeugung der IG Metall gefährdet die Bundesregierung mit dieser Einkaufspolitik ohne Not die Zukunftsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie und erhöht die Abhängigkeit von den USA. Dies sei auch unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten fragwürdig, warnt die Gewerkschaft: Im Zweifelsfall seien
US-Konzerne verpflichtet, zuerst US-Streitkräfte vollumfänglich mit Ersatzteilen zu versorgen, bevor Streitkräfte anderer Länder berücksichtigt werden.
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