Nachbarschaftshaus ist machbar
Investiert die Gemeinde Stelle 2,9 Mio. Euro in ein Haus, das keiner so richtig haben will?
thl. Stelle. Ein Nachbarschaftshaus auf dem Gelände des Dorfkruges ist grundsätzlich machbar. Das ist das Ergebnis einer Studie, die jetzt im Kultur-, Sozial- und Sportausschuss vorgestellt wurde. Nach dem Abriss des jetzigen Dorfkrug-Gebäudes könnte dort ein zweistöckiger Neubau mit verschiedenen Gruppen- und Beratungsräumen in flexiblen Größen entstehen, der eine direkte Verbindung zum Büchereigebäude erhält. Das Nachbarschaftshaus könnte mit einem Fahrstuhl sowie einer Dachterrasse und einem gewerblich genutzten Gastronomiebetrieb ausgestattet werden. Rund 2,9 Millionen Euro müsste die Gemeinde in den Neubau investieren. Zuschüsse sind dafür nicht in Sicht, hieß es. Hinzu kämen jährlich rund 25.000 Euro Unterhaltungs- und Energiekosten.
Während die Vorstellung der Machbarkeitsstudie vor allem bei den Verantwortlichen ein Lächeln auf die Lippen zauberte, schüttelten viele Zuhörer nur entsetzt den Kopf. Denn es kristallisiert sich immer mehr heraus: Das Nachbarschaftshaus will eigentlich kaum jemand wirklich haben.
Brigitte Hillebrecht (CDU) hatte sich kürzlich im WOCHENBLATT offen gegen diese Einrichtung stark gemacht und damit vielen Parteimitgliedern aus dem Herzen gesprochen. Auch Riet Hirschleber, Ehrenvorsitzende des Vereins "Senioren miteinander", sagt: "Unser jetziges Gebäude ist zwar nicht groß genug. Aber das Nachbarschaftshaus wollen wir auch nicht."
Richtig auf Zinne wegen der Pläne sind Dorfkrug-Pächter Hans-Joachim Bartsch und seine Tochter Jennifer Karpe. "Wir haben erst aus der Zeitung erfahren, was die Gemeinde hier plant. Es hat mit uns niemand vorher gesprochen. Ein echtes Unding", sagen die Gastronomen. Seit 2006 habe er den Dorfkrug gepachtet, seitdem dort viel Geld hineingesteckt. "Jetzt hänge ich in der Luft", sagt Bartsch. Auch, weil sein Pachtvertrag derzeit immer nur um ein Jahr verlängert wird. Gleiches gelte für die Mieter, die über dem Dorfkrug wohnen. Darunter ein 80-jähriger Rentner, der dort seit 18 Jahren seine Heimat hat und diese wohl, wenn es nach der Gemeinde geht, in absehbarer Zeit verlieren wird.
Was Bartsch und seine Tochter besonders ärgert: "Die angeblich repräsentative Umfrage, ob ein Nachbarschaftshaus überhaupt gewollt ist, war ein Witz." Es seien lediglich Vereine, Parteien und Organisationen angeschrieben worden, von denen viele gar nicht geantwortet hätten. Und bei denen, die geantwortet haben, seien es die Meinungen der Vorstände gewesen, nicht aber die der einzelnen Mitglieder oder gar Bürger. Derzeit führen die beiden Gastronomen eine Unterschriftensammlung zum Erhalt des Dorfkruges durch. "Immerhin ist dieses Haus auch ortsprägend", sagt Karpe.
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