Pferdeschänder-Prozess in Tostedt
Angeklagter (22) soll Tieren viel Leid zugefügt haben
bim. Tostedt. Die Aussagen auf Bannern und Plakaten, mit denen 40 Pferdehalter, ihre Angehörigen und Gleichgesinnte jetzt vor dem Amtsgericht Tostedt demonstrierten, waren eindeutig und drastisch: „Tierschänder sind die nächsten Kinderschänder“ oder: „Ändert die Gesetze: Härtere Strafen für Tierquäler“. Anlass war der Prozess gegen den mutmaßlichen Pferdeschänder, der ab Herbst 2014 insbesondere im Raum Tostedt (Landkreis Harburg) sein Unwesen trieb und sich nun wegen sieben Verstößen gegen das Tierschutzgesetz vor dem Jugendschöffengericht verantworten musste. Wohl wegen der Präsenz der Pferdefreunde zog der Angeklagte es vor, unter Polizeischutz zum Gericht gebracht zu werden.
Obwohl der Fall von großem öffentlichem Interesse ist, fand die Verhandlung nach Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, weil der Angeklagte eine der ihm vorgeworfenen Taten bereits im August 2011 - damals als unter 18-Jähriger - begangen haben soll. Kurz nachdem der heute 22-jährige mutmaßliche Pferdeschänder im Januar 2015 auf frischer Tat von der Polizei ertappt wurde, soll er 23 Taten eingeräumt, diese Aussagen aber später widerrufen haben. Angeklagt waren daher „nur“ sieben Verstöße gegen das Tierschutzgesetz.
Wie mehrfach berichtet, hatte der Angeklagte, der inzwischen seinen Wohnsitz in Jork im Landkreis Stade haben soll, Pferdehalter in der Region monatelang in Angst und Schrecken versetzt, ihren Tieren zum Teil unvorstellbares Leid zugefügt. Die Tiere seien „auf übelste Weise mit Gegenständen penetriert“ worden. Mehrere Pferde hätten nach seinen brutalen Übergriffen eingeschläfert werden müssen, andere seien nach wie vor traumatisiert, berichten betroffene Pferdehalter.
„Egal, welche Strafe er bekommt, das bringt mir meine Pferde nicht wieder“, erklärt eine Frau unter Tränen. Drei ihrer Tiere hätten nach seinen Grausamkeiten eingeschläfert werden müssen.
Die Taten des 22-Jährigen hatten nicht nur dramatische Folgen für die Tiere, sondern auch für „ihre“ Menschen. Eine Halterin gab nach den Vorfällen ihre Pferdepension auf, weil sie die Einsteller nicht mehr schützen könne. Die Betroffenen statteten ihre Weiden mit Kameras aus oder bringen ihre Pferde immer noch jede Nacht in den Stall. Andere suchten sich für ihre Pferde Unterstellmöglichkeiten außerhalb der Landkreise Harburg und Stade.
„Diese Taten haben uns viele schlaflose Nächte und unseren Pferden Schmerzen bis hin zum Tode bereitet“, sagte die selbst betroffene Pferdehalterin Dina Warnecke, die bei der friedlichen Demonstration vor dem Amtsgericht als Sprecherin fungierte.
Die Demonstranten kritisierten, dass Verstöße gegen das Tierschutzgesetz nicht ausreichend - meist nur mit „lächerlichen Geldstrafen“ - geahndet würden, da ein Tier vor dem Gesetz immer noch als Sache gelte.
Der 22-jährige Angeklagte bezeichnet sich selbst als „Zoophilist“. Doch würden Zoophilisten Sex mit Tieren ausüben, ohne sie zu verletzen. „Wir haben es hier mit einem Zoosadisten zu tun, der Tiere mit seinen sexuellen Handlungen verletzt. Er hat den Tieren viel Leid, Schmerzen und Grausamkeiten zugefügt“, so Dina Warnecke.
Ihr Dank galt der Polizei, die die Ängste der Pferdehalter damals von Anfang an ernstgenommen und eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe eingesetzt hatte, sodass der Pferdeschänder schnell gefasst werden konnte.
Da die Verhandlung unter das Jugendgerichtsgesetz fiel, war sie nicht öffentlich. Auch das Urteil dürfe demnach nicht öffentlich bekannt gemacht werden, teilte Amtsgerichtsdirektorin Dr. Astrid Hillebrenner auf WOCHENBLATT-Nachfrage mit. Für die betroffenen Pferdehalter ist das völlig unverständlich. Sie befürchten zudem, dass der 22-Jährige nach Ableistung seiner Strafe auch weiterhin Pferde missbraucht.
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