Die schlimmste Umleitung: Anwohner sind stinksauer über Ausweichverkehr wegen der B3-Baustelle
bim. Welle. Diese Baustelle sorgt für Zündstoff: Hatten die Tankstellenbetreiber und Gastronomen in Welle (Samtgemeinde Tostedt) zunächst Umsatzeinbußen angesichts der siebenwöchigen (!) Baumaßnahme auf der B3 befürchtet, wird derzeit das Leben des gesamten Dorfes wegen des unberechenbaren Umleitungsverkehrs auf den Kopf gestellt. Gründe sind eine absolut unzureichende Beschilderung und eine Mega-Umleitungsstrecke.
Spricht man darüber mit den Bürgern, sind „purer Dilettantismus“ und „Schwachsinn“ noch die harmloseren Bezeichnungen für die Beschilderung. Erst 200 Meter vorher werden die Verkehrsteilnehmer über die geänderte Verkehrsführung informiert. Hinzu kommt: Während man von Welle bis Schneverdingen normalerweise rund 15 Kilometer fährt, benötigt man auf der Umleitungsstrecke insgesamt rund 60 Kilometer.
Ortskundige nutzen die bekannten Nebenstrecken über Anliegerstraßen und Landwirtschaftswege. Besucher, die in der Ferienzeit die Heide oder touristische Attraktionen in der Umgebung und im Heidekreis besuchen möchten, irren allerdings ebenso umher wie die Lenker schwerer Brummis. Viele folgen einfach dem Vordermann und verlassen sich auf dessen Ortskenntnis - mit gravierenden Folgen.
Alice Martens ist - wie viele ihrer Nachbarn - stinksauer: Weil seit Montag die B3 zwischen Welle und Wintermoor wegen Bauarbeiten gesperrt ist, führt fast der gesamte Umleitungsverkehr über die auf 30 km/h beschränkte Anwohnerstraße Moorstraße. „Montagnachmittag ging es los“, berichtet sie. Dienstagmorgen gegen 4.30 Uhr sei vor lauter Verkehrslärm dann nicht mehr an Schlaf zu denken gewesen, denn auch Handwerker mit ihren Fahrzeugen samt Anhänger donnern im Berufsverkehr durch die Moorstraße und scheren sich nicht um die Geschwindigkeitsbegrenzung. „99 Prozent fahren hier wilde Sau, nur ein Prozent, so schätze ich, hält sich an die 30 km/h“, sagt Alice Martens.
Sie hat gleich Dienstag an die Verkehrsbehörde der Samtgemeinde Tostedt geschrieben und an die zuständige Landesstraßenbaubehörde in Lüneburg. Zumindest von der Samtgemeinde erhielt sie eine umgehende Antwort, dass man sich kümmern werde. Auch bei Welles Bürgermeister Gerd Schröder stand das Telefon seit Montag nicht mehr still.
„In der Straße wohnen kleine Kinder, die hier jetzt nicht mehr Fahrradfahren können. Ich habe Angst, dass etwas passiert“, sagt Alice Martens. Auch Anwohnerin Petra Scharf sieht die jüngeren Verkehrsteilnehmer gefährdet. „Das war vorher schon eine Rennstrecke, aber da hatten wir nicht so viel Verkehr“, berichtet sie, „und es wird alles kaputt gefahren.“ Denn nicht nur die Moorstraße ist für diese Verkehrsbelastung nicht ausgelegt, auch der Betonplattenweg in der Verlängerung Richtung Ottermoor und Todtshorn wird erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Wenn nötig, wird beim Wenden auch schon mal die Mauer an der Zufahrt zum Sportplatz in Welle gerammt.
Den Bürgern in Welle ist klar: Wer sich auskennt, wird kaum die rund 60 Kilometer lange Umleitung über Scheeßel nach Schneverdingen und umgekehrt nehmen. Auch die Umleitungs-Beschilderung ist mangelhaft. Erst rund 200 Meter vor der geänderten Verkehrsführung werden die Verkehrsteilnehmer auf die Umleitung und das weitere Durchfahrtverbot hingewiesen.
Im benachbarten Heidekreis ist die Beschilderung ebenfalls nicht besser. Die Schilder stehen dort an der Kreuzung Poststraße - kurz vor Beginn der Baustelle, berichtet Wintermoors Ortsvorsteherin Karin Meyer. Sie selbst habe nur einen Plan mit der großräumigen Umleitung bekommen - und auch schon manche Anwohnerbeschwerde. „Für Pendler und Berufsfahrer ist die Umleitung eine Zumutung“, sagt Karin Meyer, die selbst im Bereich Ottermoor schon zwei Lkw vor sich hatte, die auf den engen Wegen Probleme im Kurvenbereich bekamen.
Nachdem sich seit Montag Anwohnerbeschwerden massiv häuften, Bürgermeister, Landesstraßenbaubehörde, die Verkehrsbehörden des Landkreises Harburg und der Samtgemeinde Tostedt in stetigem Austausch standen, wurde am Donnerstagnachmittag die Moorstraße und der Ottermoorer Weg für den Durchgangsverkehr gesperrt.
Das sagen die Behörden
Laut Landkreissprecher Johannes Freudewald stehen die Hinweisschilder „ausreichend vor der jeweiligen Umleitung“. Zugegeben wird der Missstand, dass auf den Vorwegweisern aus beiden Richtungen Fernziele, die hinter der Sperrung liegen, nicht ausgekreuzt wurden (war bis Freitagmorgen am Trelder Berg nicht geschehen). In Abstimmung mit der Landesstraßenbaubehörde und der Samtgemeinde wurde bzw. wird die Beschilderung nun folgendermaßen ergänzt bzw. verändert:
• Die Vorwegweiser werden mit gelbem Blinklicht versehen
• Die Gewichtsbeschränkung der Gemeindestraßen wird von 12 auf 3,5 t reduziert
• Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf Gemeindewegen außerorts wird von zurzeit 60 auf 30 km/h reduziert.
Was die Einhaltung der Anordnungen betrifft, sei „die Polizei von den weiteren Maßnahmen und einem Kontroll-Erfordernis informiert“, so Freudewald.
Der Informationspflicht wurde laut Annette Padberg von der Landesstraßenbaubehörde Genüge getan. „Mit der Pressemitteilung sind die Radiosender über die Baumaßnahme informiert. Die Sperrung wird auch über die Navigationssysteme angezeigt“, so Padberg.
Schlechte Nachricht für die Gemeinde Welle: „Für Schäden an Verkehrswegen, die nicht zur ausgeschilderten Umleitung gehören, können wir als Straßenbaulastträger leider nicht aufkommen“, erklärt Padberg.
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