An Tostedter Flüchtlingsunterkunft
Fahrradreparaturwerkstatt als Integrationshilfe
bim. Tostedt. Zahlreiche Ehrenamtliche, die sich als Bezugsperson, bei Sprachunterricht und Behördengängen oder in internationalen Cafés engagieren, haben die Integration vieler Flüchtlinge möglich gemacht. Seit fünf Jahren - kurz nachdem die Asylbewerberunterkuft an der Todtglüsinger Straße in Tostedt eingerichtet wurde - gibt es dort auch eine Fahrradreparaturwerkstatt, damals ins Leben gerufen von Erwin Ryll. Zwei, die dort von Beginn an und bis heute schrauben und ihr Wissen weitergeben, sind Gerd Horeis und Werner Martens.
"Im Rentenalter sucht man sich eine Aufgabe, die man kann. Unser Antrieb ist, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben", erläutert Werner Martens. "Wir zeigen zum Beispiel, wie ein Reifen geflickt wird. Beim nächsten Mal muss der Eigentümer mit Hand anlegen." Gerd Horeis ist gelernter Schlosser und brachte außer seiner Arbeitskraft auch Werkzeug von zuhause mit in die Werkstatt, Spezialwerkzeuge müssen gekauft werden.
In den fünf Jahren haben Gerd Horeis und Werner Martens rund 410 Fahrräder aufgearbeitet, mit Licht und Bremsen verkehrstüchtig gemacht, und den Flüchtlingen für zehn Euro zur Verfügung gestellt. Dahinter steckt der Gedanke, dass man das wertschätzt, wofür man bezahlt hat. Käufername und Rahmennummer des Rades werden auf Listen notiert, "um den Überblick zu behalten", so Martens. Für Ersatzteile wie Schläuche, Mantel, Beleuchtung und Ketten müsse bezahlt werden.
Einer, der dort regelmäßig mit anpackt, ist Thamer Therwani. Der Flüchtling aus dem Irak kam vor fünf Jahren nach Deutschland, zunächst nach Hannover und vier Monate später in die Tostedter Container. Der Buchhalter und Autor, der sowohl in seiner Heimat als auch in Deutschland zeitkritische Bücher auf Arabisch geschrieben hat, spricht hervorragend Deutsch und lässt sich derzeit zum Busfahrer umschulen. "Eine neue Sprache ist wie ein Schlüssel, wenn man den hat, kann man alle Türen öffnen", ist Thamer Therwani überzeugt und vermittelte das auch seinen vier Kindern (6, 12, 14 und 16 Jahre), von denen drei das Gymnasium Tostedt besuchen. Er lebt mit seiner Familie inzwischen in einer eigenen Wohnung.
"Es ist toll und bewundernswert, wie Gerd Horeis und Werner Martens sowie viele andere Bürger sich seit fünf Jahren einbringen", lobt CDU-Ratsherr Ernst Müller, der schon viele Fahrradspenden und auch vier Container für Fahrradwerkstätten in der Samtgemeinde Tostedt organisiert und gestiftet hat. "Ich empfinde das als meine Bürgerpflicht", sagt er.
Gerd Horeis und Werner Martens bedanken sich bei Ernst Müller, bei der Samtgemeinde Tostedt und beim Bauhof, "die uns sehr unter die Arme gegriffen haben" sowie bei den Bürgern, die Fahrräder oder Zubehör für die Werkstatt gespendet haben. Nun wünschen sie sich noch, dass die Fläche vor den Containern, die kürzlich umgesetzt wurden, geebnet und ein Stromanschluss gelegt wird.
• Fahrrad- und Geldspenden sind stets willkommen. Die Fahrradwerkstatt ist montags und dienstags jeweils von 16 bis 18 Uhr geöffnet. Ernst Müller steht für Fragen zur Verfügung unter Tel. 0171-5213209.
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