Geschichtswerkstatt des Heimatvereins Tostedt mit spannendem Thema
bim. Tostedt. Klaus Rose vom Heimatverein Tostedt schlug bereits Alarm: Die Geschichtswerkstatt leide altersbedingt an Teilnehmerschwund, manche seien verstorben, anderen sei es krankheitsbedingt nicht möglich, zu den Treffen zu kommen. Zuletzt hätte sich in der Freitagsrunde ein kleiner Kreis von nur sieben Interessierten im Heimathaus getroffen. Doch das war am vergangenen Freitag anders: Nach der Ankündigung im WOCHENBLATT und wegen des spannenden Themas nahmen rund 30 Gäste teil, darunter auch die frühere Seevetaler Gemeindearchivarin Gesa Erhorn.
Im Mittelpunkt stand das „Gerichtswesen in Tostedt“. Das sei im Jahr 1852 von Moisburg nach Tostedt gekommen, das Amtsgerichtsgebäude aber erst 1857 errichtet worden. Ungeklärt ist offenbar, wo in den fünf Jahren die Verhandlungen stattfanden, so der Tostedter Heimatforscher Burkhard Gerlach.
Über das Thema hatte Klaus Rose bereits 2004 in dem Heimatvereins-Heft „Hermann & Erika“ unter der Überschrift „Im Tostedter Kittchen ist kein Zimmer frei!“ berichtet. Nach Ende des Ersten Weltkrieges seien die damals noch fünf Zellen immer gut belegt gewesen mit richtig „schweren Jungs“. „Zwei Insassen haben nach Ende des Ersten Weltkrieges den Justizwachtmeister, der ihnen das Essen bringen wollte, mit einer abgebrochenen eisernen Bettrahmenschiene am Kopf so schwer verletzt, dass dieser zeitlebens arbeitsunfähig und halbseitig gelähmt war“, hat Rose herausgegefunden.
Auf diesen Bediensteten folgte Franz Kallus (1891 - 1976), der dort von 1919 bis 1929 Justizoberwachtmeister war und mit seiner Familie im Amtsgerichtsgebäude wohnte. 1929 wurde Franz Kallus zum Landgericht Stade versetzt. Dort blieb er bis 1946, um dann wieder in Tostedt seinen alten Dienst aufzunehmen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg standen nur noch zwei Zellen im ehemaligen „Tostedter Hof“ neben dem Gerichtsgebäude für den Strafvollzug zur Verfügung, in denen zuletzt vornehmlich Jugendliche ihren Wochenendarrest absaßen, berichtete Rose.
Er begrüßte als Zeitzeuginnen am Freitag die Töchter von Franz Kallus, Christa Fittschen aus Maschen und Gertrud Kallus aus Tostedt. „Wir hatten dort eine sehr interessante Jugend“, bekannte Christa Fittschen. Nicht nur, dass die Mädchen damals mit unterschiedlichen Juristen und auch hochgestellten Persönlichkeiten wie etwa dem Landgerichtspräsidenten ins Gespräch kamen. Sie erlebten auch manch spannende „Gäste“. „Als in den 1950er Jahren die Filmunion in Bendestorf in Konkurs ging, wollten die Schauspieler ihre Gage haben. Schauspieler wie Sonja Ziemann und Rudolf Prack tauchten am Amtsgericht Tostedt auf“, erinnerte sich Christa Fittschen. Sie widmete auch ihre Schul-Abschlussarbeit dem „Gerichtswesen im Wandel der Zeiten“.
In dem Zusammenhang bittet Klaus Rose um Hilfe: „Wir suchen verzweifelt die Tostedter Schulchronik“, so Rose, denn die gilt schon länger als verschollen. Wer die Chronik hat, meldet sich bei Klaus Rose unter Tel. 04182-22618.
• Die Treffen der Geschichtswerkstatt finden jeweils am zweiten Freitag im Monat um 15 Uhr im Heimathaus statt, das nächste Mal am 9. Februar. Dann wird die von der Buchhandlung Wilhelm Matthies zur Verfügung gestellte Druckerei vorgestellt.
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