Handeloh
Historische Wallanlage - ein Bodendenkmal im Büsenbachtal
Fast unmerklich macht der Heidschnuckenweg im Büsenbachtal in Handeloh-Wörme eine Steigung. Eine kleine Anhebung, ein Huckel ist es nur, dann folgt eine Vertiefung, bevor der Weg wieder eben wird. Nur noch wenige Meter, dann öffnet sich die freie, offene Fläche des Büsenbachtals in Handeloh-Wörme vor dem Wanderer. Doch die Senke ist keine Laune der Natur, sondern ein seltenes Bodendenkmal und Zeugnis der Landschaftsgeschichte: Es handelt sich um eine historische Wallanlage, die den alten Eichenwald einst umgrenzte und schützte. Die Abteilung Umwelt des Landkreises Harburg, die den Wald gemeinsam mit den Eigentümern renaturiert, will auch den Wall wieder sichtbar machen.
Alte Kulturgeschichte erlebbar machen
Ende Juni sollen die Arbeiten starten. „Wir wollen die alte Kulturgeschichte erlebbar machen“, sagt Armin Hirt von der Abteilung Umwelt. Dazu wird der Wall auf einem etwa 20 Meter langen Stück wieder hergestellt. Auch eine Informationstafel wird am Wegesrand aufgestellt, die die Wanderinnen und Wanderer dann über das Denkmal und seine Besonderheiten aufklärt.
Die Abteilung Umwelt hat in Abstimmung mit den Eigentümern bereits Teile des historischen Eichenwalds renaturiert. Dort waren in den 1950er-Jahren schnellwachsende Fichten gepflanzt worden. Nun entsteht wieder ein ökologisch wertvoller Laubmischwald, angepasst auch an den Klimawandel – und dafür wurden u.a. 14.000 Eichen gepflanzt. Die vorhandenen alten, knorrigen Eichen wurden freigestellt. „Die Eiche ist eine Lichtbaumart, sie braucht Licht und Sonne, und die nehmen die Fichten ihnen“, erklärt Armin Hirt.
Zum Teil von Moos und Bäumen bewachsen
In dem Zusammenhang hat Klaus-Detlef Kröger aus Wörme den Landkreis auf den alten Wall aufmerksam gemacht, der diesen Wald umgeben hat. Der zum Teil von Moos und Bäumen bewachsene Wall ist rund 4,5 Kilometer lang, reicht im Süden bis zum Höckeler Weg und umschließt die Waldstücke Hengsthoop und Riepen mit insgesamt rund 85 Hektar. Das Gehege schneidet dabei in seinem südlichen Teil historische Wegespuren, die zu der alten Poststraße von Schneverdingen nach Harburg gehören – das sind mehrere Meter breite Vertiefungen, die über Jahrhunderte durch die Pferdegespanne entstanden sind -, ebenso wie mittelalterliche Wölbäcker, also zur Mitte hin aufgewölbte und längsseits durch Furchen begrenzte Ackerflächen.
Viel über die Entstehung des Walls ist nicht bekannt. „Das ist ein Thema, das historisch bisher nicht aufgearbeitet wurde“, sagt Kreisarchäologe Dr. Jochen Brandt. „Diese denkmalpflegerisch bislang vernachlässigten Gehege sind aber ein sehr wichtiger Bestandteil der historischen Kulturlandschaft.“
Dass sich die Menschen die Mühe gemacht haben, mitten in der Landschaft einen Wall aufzuwerfen, hatte durchaus seine Bedeutung. In der kargen, sandigen Heide mit ihren übernutzten Böden war Wald selten und kostbar. Oft gab es nur kleine Gehölzinseln. Denn einst begann der Eichenwald am Büsenbachtal wohl erst hinter dem Wall, davor breitete sich die Heide aus. Der Wall schützte den Eichenwald vor allem vor Weidetieren wie den Heidschnucken, die junge Bäume fraßen und so den Wald auf Dauer stark schädigten.
Bauern nutzen Wald für Brenn- und Bauholz
Der Hengsthoop und der Riepen waren wohl schon immer Waldstücke. Die Bauern nutzten den Wald zwar, sammelten Brennholz oder entnahmen Bauholz. „Aber der Wald wurde nie ganz abgeholzt“, weiß Kröger aus Erzählungen – seine Familie betreibt immerhin seit 16 Generationen einen Bauernhof in Wörme – und der alten Hofchronik. Der Wall selbst, vermutet Brandt, war dann zudem als Schutz mit einer dichten Hecke oder sogar einer Dornenhecke bepflanzt. „Das empfehlen historische Anleitungen zur Errichtung solcher Anlagen.“
Der Wall wird nun etwa auf einer Länge von 20 Metern exemplarisch auf die ursprüngliche Höhe hergestellt. Dazu wird der dazugehörige Graben etwa 20 bis 30 Zentimeter tief ausgekoffert – so tief, bis die jüngeren Bodenschichten entfernt sind. Einige Heckenpflanzen werden dazu die ursprüngliche Bepflanzung des Walls andeuten.
Zum Büsenbachtal
Das Büsenbachtal ist bereits seit 1939 als Landschaftsschutzgebiet besonders geschützt – und gleichzeitig ein attraktives Naherholungsgebiet. Nicht nur Wanderer und besonders Familien, auch viele Kindergartengruppen und Schulklassen nutzen das Büsenbachtal als Ausflugsziel. Damit das so bleibt, pflegt und entwickelt der Landkreis Harburg nicht nur die Flächen im Sinne des Naturschutzes, sondern weist den Bereich derzeit auch als Naturschutzgebiet neu aus. Die neue Naturschutzgebietsverordnung, die im Sommer in Kraft treten soll, bezieht nun auch die angrenzenden, kultur- und naturgeschichtlich herausragenden alten Wälder ein. Das Naturschutzgebiet wird von bisher 60 auf rund 215 Hektar fast vervierfacht, die Regelungen werden den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Ziel ist es, Natur und Landschaft in ihrer typischen Vielfalt zu erhalten und zu entwickeln und für die Menschen erfahrbar und erlebbar zu machen.
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