Tostedt
"Holzwurm" Volker Schöbel ging unter die Formenstecher
Volker Schöbel ist versierter "Schnitzer" und Modellbauspezialist. Seit vielen Jahren erfreut der 78-Jährige viele Menschen in der Region mit seinen Schwibbögen und maßstabsgetreuen Nachbildungen von Gebäuden. Nun hat der Tostedter ein neues Hobby entdeckt: als Formenstecher fürs Blaudrucken. Die fast ausgestorbenen Fertigkeiten hat er sich selbst beigebracht. Ohne ständig neue Herausforderungen ist der gelernte Feinmechaniker im Schiffsmodellbau einfach nicht zufrieden. "Dieses Handwerk ist ein aussterbender Berufszweig", weiß Volker Schöbel.
"Nach 28 Jahren des Bauens von Schwibbögen, Pyramiden und Architekturmodellen sowie Holzschnitzereien wollte ich etwas Neues ausprobieren", sagt er. Zum Formenstechen kam er durch Zufall. Vor zwei Jahren hatte er für den befreundeten Heimatverein aus Scheeßel den Blaudruckspeicher im Maßstab 1:20 für eine Dauerausstellung des Heimatmuseums nachgebaut - inklusive des dort befindlichen Inventars im Miniaturformat und selbstbemalten Figuren.
"Da fielen mir die Modeln auf, die Druckstücke, die man für Blaudrucke verwendet", berichtet Volker Schöbel, der zunächst noch mit anderen Auftragsarbeiten beschäftigt war. Gewinn machen will der Tostedter mit seinen Kunstwerken übrigens nicht. Er lässt sich das Material bezahlen. Und wenn Geld übrig bleibt, investiert er in neue Maschinen. „Ich mache das gerne. Wenn ich die leuchtenden Augen der Menschen sehe, denen ich mit meiner Begabung eine Freude bereiten kann, ist das für mich Lohn genug“, sagt er.
Beim Tag der offenen Tür im Heimatmuseum Scheeßel traf Volker Schöbel dann Heinz Ditrich, Formstecher und Hersteller von Modeln, der in Bornholm (Dänemark) lebt. Die beiden tauschten sich aus. "Eines kann ich dir versprechen: In sechs Monaten baust du deine erste Model", prophezeite Heinz Ditrich. Er sollte nur zum Teil Recht behalten, denn Volker Schöbel hatte seine erste Druckform bereits nach vier Wochen fertig. "Nach sechs Monaten habe ich schon anspruchsvollere Modeln in Arbeit", erläutert Volker Schöbel stolz und lächelt verschmitzt.
Die Modeln baut er bislang fast ausschließlich für den Privatgebrauch. "Meine Frau Bärbel möchte die Formen als Advents- und Weihnachtsdekoration haben", erläutert der 78-Jährige. Damit die beiden, die inzwischen seit 52 Jahren verheiratet sind, trotz seiner Hobbys genügend gemeinsame Zeit haben, beschränkt er seine "Werkstattzeiten" auf zwei Stunden täglich.
Aber auch für Andrea Simon, Inhaberin des Geschäftes "Genussreich" aus Tostedt, mit denen die Schöbels befreundet sind, hat Volker Schöbel schon Modeln mit dem Schriftzug des Geschäftes und einem Hirschkopf gefertigt. Auch das Bedrucken der Warentüten in Indigoblau hat er übernommen. "Das hat auf Anhieb geklappt", freut er sich. Bedingung dafür ist aber auch, dass die Formen plan geschliffen werden, weil die Farbe sonst logischerweise nicht gleichmäßig aufgetragen wird. Passendes Werkzeug hat der Feinmechaniker parat, sogar eine Mini-Kreissäge und einen Schleifteller.
Auch für den Heimatverein Scheeßel hat Volker Schöbel bereits eine Model gefertigt: das Logo der Gemeinde Scheeßel für das Druck-Angebot im Kinderferienprogramm. Zum Dank für seine Mühe erhielt der 78-Jährige ein blaues Lavendel-Säckchen mit dem von ihm hergestellten Logo.
Blaudrucker gibt es nur noch drei in Niedersachsen, und Formstecher, die Hersteller von Modeln, gebe es nur noch drei in Deutschland - Volker Schöbel ist der vierte.
So funktioniert die Model-Herstellung
Auf einen Holzklotz wird ein Muster oder Motiv kopiert und mit einem kleinen Stechbeitel diese "Schablone" vier Millimieter tief eingeschlagen - das sogenannte Formstechen. In die Rillen werden zehn Millimeter breite Messingstreifen mit 0,5 Millimeter Stärke eingeschlagen. Wenn alle Metallstreifen und Rundstäbe eingeschlagen sind, wird die gesamte Oberfläche am Schleifteller plan geschliffen.
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