Besuch aus Finnland, den Niederlanden und Tschechien
Länderübergreifender Austausch von Richterinnen

Amtsgerichtsdirektorin Dr. Astrid Hillebrenner (re.) und der stv. Amtsgerichtsdirektor Christian Gude mit dem Richterbesuch (v. li.): Sanja Raunio (Finnland), Odile Leinarts (Niederlande) und Ivana Jaresova (Tschechien) | Foto: bim
  • Amtsgerichtsdirektorin Dr. Astrid Hillebrenner (re.) und der stv. Amtsgerichtsdirektor Christian Gude mit dem Richterbesuch (v. li.): Sanja Raunio (Finnland), Odile Leinarts (Niederlande) und Ivana Jaresova (Tschechien)
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bim. Tostedt. Das Amtsgericht Tostedt war in dieser Woche Gastgeber im Rahmen des Europäischen justiziellen Trainings-Netzwerks (EJTN). Drei Richterinnen aus Finnland, den Niederlanden und Tschechien informierten sich dort über alle Facetten der Mediation. Organisiert wurde der Austausch vom stellvertretenden Amtsgerichtsdirektor Christian Gude.
"Wir machen am Amtsgericht Tostedt seit Jahren Mediation. Dieses Verfahren der Konfliktlösung hat sich in Familien- und Zivilrechtssachen in Niedersachsen etabliert", sagt Gude. Am Amtsgericht Tostedt gibt es zwei als Mediatoren geschulte Richter, die zwischen 40 und 80 Fällen pro Jahr bearbeiten.
Im Zuge der Globalisierung und EU-relevanter Rechtssprechungen ist es sinnvoll, dass sich europäische Richter und Staatsanwälte länderübergreifend austauschen.
Ivana Jaresova aus Prag, Odile Leinarts aus Den Haag und Sanja Raunio aus Helsinki machten sich außer am Amtsgericht Tostedt auch an den Landgerichten in Stade und Lüneburg ein Bild davon, wie Mediation in Deutschland abläuft. Sie erfuhren vom Täter-Opfer-Ausgleich in Jugendverfahren, hatten eine Besprechung in der Mediationsabteilung (im Amtsdeutsch: Güterichterabteilung) am Oberlandesgericht Celle und führten Gespräche mit einer privaten Mediatorin und einer Schiedsperson.
Ein guter Mediator müsse Interesse am Menschen, Empathie, Geduld und analytische Fähigkeiten mitbringen, um die unterschiedlichen Interessen zu erkennen, zu verhandeln und adäquate Problemlösungen für beide Parteien herbeizuführen, erläuterten Odile Leinarts und Christian Gude. Mediation sei zwar kein Allheilmittel, aber in manchen Verfahren erforderlich, um eine Lösung herbeizuführen, betonte Gude.
In Finnland und Holland seien die Mediationsverfahren sehr ähnlich, berichteten Odile Leinarts und Sanja Raunio. In Finnland würden aber in Familienfällen außer einem richterlichen Mediator ein Psychologe oder ein Sozialarbeiter teilnehmen, um die Sichtweise der betroffenen Kinder einzubringen." Bei uns geht es in Familiensachen in der Mediation vor allem um Unterhalts- und Güterrechtssachen, für die Kinder gibt es im Gerichtsverfahren einen Verfahrensbeistand", erklärte Gude.
Odile Leinarts ist Richterin am Berufungsgericht in Den Haag und hat vorrangig mit Kriminalfällen - mit gewalttätigen Auseinandersetzungen - zu tun. Sie entscheidet aber, welche Fälle für eine der Gerichtsverhandlung vorgeschaltete Mediation zum Erzielen eines Täter-Opfer-Ausgleichs infrage kommen.
Das ist auch die Aufgabe von Ivana Jaresova in Prag. Dort seien die Richter gesetzlich angehalten, sich um einen Vergleich zu bemühen. Vor allem gehe es bei Familienangelegenheiten um Scheidung und Vermögensteilung. Für die Klärung der Situation minderjähriger Kinder wie Unterhalt und Sorgerecht sei eine extra Abteilung zuständig. Erst wenn darüber eine Entscheidung ergangen sei, könnten die Parteien ihre Scheidung beantragen und danach eine Vermögensteilung einklagen. "Wenn die Parteien bei Nachbarschaftsstreitigkeiten eine Mediation wünschen, kostet das in der ersten Sitzung 500 Kronen, umgerechnet 20 Euro", so Ivana Jaresova. Wenn die nicht helfe, werde das Verfahren gestoppt und wieder an den Richter zurückgegeben. Wollen die Parteien die Mediation weiterführen, müssten sie diese dann selbst bezahlen.

Konflikt selbstständig lösen

Laut niedersächsischem Justizportal ist die Mediation ein strukturiertes Verfahren, in dem die Parteien eines Gerichtsprozesses mit Unterstützung einer Mediatorin oder eines Mediators ihren Konflikt selbstständig lösen. Dabei lässt sich in fast jedem Konflikt eine - oft verborgene - Lösung finden, die für alle Parteien akzeptabel oder teilweise sogar besonders vorteilhaft sein kann. Die Suche nach einer solchen Lösung ist das Ziel jeder Mediation.
Seit vielen Jahren bieten die niedersächsischen Gerichte eine gerichtsnahe Mediation durch speziell geschulte Richterinnen und Richter als alternative Streitbeilegung in anhängigen Prozessen an. Diese mit der Mediation betrauten Richterinnen und Richter werden als Güterichter bezeichnet.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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