Lenn-Leevi isst jetzt selbstständig
bim. Tostedt. Mit verschmierter Brei-Schnute sitzt Lenn Leevi (1) am Küchentisch und hält den Löffel. Keine Selbstverständlichkeit für den kleinen Jungen, der von Geburt an über eine Magensonde ernährt wurde (das WOCHENBLATT berichtete). Dass er jetzt selbst Nahrung aufnimmt, verdankt er einer ambulanten Esstherapie - und zahlreichen mitfühlenden Menschen, die dafür spendeten, damit seine Eltern Sarah und Christian Tiedemann die 8.000 Euro teure Therapie finanzieren konnten. Auch die Bäckerei Weiss und ihre Kunden halfen: Lenn (zu Deutsch "der Löwenstarke") wird on seinen Eltern auch "Löwenbaby" genannt. Und so war für Carin und Jochen Weiß schnell klar: "Wir verkaufen unser Löwenbrötchen zugunsten von Lenn." Rund 6.000 Euro sind dabei binnen zwei Wochen zusammen gekommen.
Wie berichtet, hatte Lenn Leevi aufgrund der Sonden-Versorgung eine posttraumatische Fütterstörung entwickelt und lehnte jegliche Nahrung ab. Die Krankenkasse hatte sich geweigert, die Kosten für eine kostengünstigere, kindgerechtere und kürzere ambulante Esstherapie zu übernehmen.
Die Anteilnahme am Schicksal des kleinen Lenn, der mit einem komplizierten Herzfehler geboren wurde und schon viele Operationen über sich ergehen lassen musste, ist riesig. "Vom ersten Tag an haben viele Kunden Löwenbrötchen gekauft", so Carin Weiß. "Einige Kunden haben gezielt in den Bäckerei-Filialen gespendet. Auch Kinder kamen, um ihr Taschengeld zu spenden", berichtet Jochen Weiß von rührenden Situationen.
"Wir sind von der Resonanz und der großen Spendenbereitschaft überwältigt", erklären Sarah und Christian Tiedemann dankbar.
Die Sondenentwöhnung verlief schneller als sie dachten - binnen sechs Tagen. Zunächst begannen sie, die Nahrung über den Schlauch zu reduzieren. "Ich wurde gecoacht, auf Lenns Signale zu reagieren", berichtet Sarah Tiedemann, die auch Strategien zur Stressbewältigung erfuhr, zum Beisiel, indem sie Lenn singend Nahrung anbietet. Nachdem der Einjährige erst begann, Fruchtquark von seinen Lippen zu lecken, akzeptierte er dann, selbst den Löffel in die Hand zu nehmen und davon zu essen.
Die Tiedemanns stehen auch weiterhin mit dem Therapeuten, einem auf Esstherapie spezialisierten Psychologen, in Kontakt und werden weiterhin von ihm betreut.
Seitdem Lenn auf den Geschmack gekommen ist, ist nun Schokoladenpudding mit Sahne seine absolute Lieblingsspeise. Seit die Sonde weg ist, sei der ohnehin schon fröhliche Lenn viel zufriedener. Auch das Spielen mit seinem "Löwenbruder" Luuk (3) gestalte sich nun viel einfacher.
Auch wenn Lenn jetzt eigenständig isst, ist er nicht geheilt. Im kommenden Jahr wird u.a. eine seiner Herzklappen erneuert. Und jeder Infekt ist ein lebensgefährliches Risiko.
Die 6.000 Euro der Bäckerei Weiss werden daher nicht in Schokopudding für ihn investiert. Vielmehr will Familie Tiedemann das Geld für weitere Notfälle und Unvorhergesehenes beiseite legen.
• Mehr über das "Löwenbaby" im Blog der Familie Tiedemann unter www.meinloewenherz.de.
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