Reinhard Hinrichs aus Kakenstorf fördert die deutsche Filmwelt und führte den deutschen Film zum Erfolg

Reinhard Hinrichs (li.) mit Regisseur Detlev Buck | Foto: FFHSH/Poling
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bim. Kakenstorf. Er engagiert sich seit 15 Jahren in seinem Heimatort Kakenstorf (Samtgemeinde Tostedt) im Gemeinderat, ist zweiter stellvertretender Bürgermeister und fällt sonst höchstens auf, wenn er mit seinem Bearded Collie Janosch im Dorf spazieren geht. Reinhard Hinrichs (69) ist eher ein ruhiger Zeitgenosse. Kaum jemand vermutet bei dem zurückhaltenden Mann, dass er als Filmförderer und jetziger Inhaber einer Projektberatung für Film und TV mit den größten deutschen Filmproduzenten und Autoren seit Jahrzehnten verbunden und zum Teil gut befreundet ist. Mitte Mai wollte er eigentlich zu den Filmfestspielen nach Cannes fliegen - neben der Berlinale die wichtigste Plattform, um mit Filmförderern und Vermarktern Gespräche zu führen. Doch sowohl er als auch sein österreichischer Partner wurden krank.
"Ich kann sagen, dass ich die Filmförderlandschaft 25 Jahre lang mitgeprägt habe", sagt Reinhard Hinrichs. Auch ihm ist es zu verdanken, dass der deutsche Film seit Mitte der 1980er Jahre so erfolgreich ist.
Aufgewachsen in Husum, war Hinrichs, der seit 1993 in Kakenstorf lebt, seit 1970 aktiver Gewerkschafter und Sozialdemokrat. "Ich habe in vielen Funktionen auf Kreis-, Landes- und Bundesebene 'gewerkelt'. In die Zeiten fielen auch die Spannungen zwischen der Partei und den Jusos, die damals in den Ausschluss des Juso-Vorsitzenden müdeten", so Hinrichs. Zweieinhalb Jahre war er zudem Asta-Vorsitzender für die Juso-Hochschulgruppe.
"Während meines Soziologiestudiums habe ich als Fahrer von Hark Bohm-Productions angefangen", berichtet Reinhard Hinrichs von den ersten Kontakten zur Filmwelt. "Danach bin ich ins Filmgeschäft eingestiegen, war Aufnahmeleiter in Filmen wie 'Panische Zeiten' mit Udo Lindenberg oder 'Desperado City' von Vadim Glowna. Ein Film, der sehr anstrengend war, ist die deutsch-ghanaische Produktion 'Road to Accra' von Vadim Glowna, für den ich fünf Monate in Ghana war", erzählt Hinrichs.
Dann wurde Dieter Koslick, der heutige Direktor der Berlinale, auf Hinrichs aufmerksam und holte ihn in die Filmförderung. "Da habe ich viele Regisseure und Filmemacher von ihren ersten Kurzfilmen an begleitet und nie wieder losgelassen", grinst Hinrichs und nennt Namen wie Fatih Akin ("Gegen die Wand"), Detlev Buck ("Männerpension") und Hermine Huntgeburth ("Effi Briest", "Die weiße Massai").
Ein erheblicher Teil seiner Arbeit sei es, enge Kontakte zu Produzenten und Verleihern zu pflegen und Vertrauen zu erwerben sowie den Hamburger Film außerhalb der Hansestadt auf Festivals, Anhörungen und Veranstaltungen zu vertreten und dafür zu werben.
"Ich habe auch sehr viel Filmpolitik gemacht, u.a. Ende der 1990er Jahredie damalige IG Medien bei einer Anhörung zum Filmförderungsgesetz vertreten und viele Stellungnahmen für Fachzeitschriften verfasst", berichtet Hinrichs, der sich auch mit Filmrechten bestens auskennt.
"Besonders viel Spaß hatte ich, als ich einige Monate für das Goethe-Institut in Lateinamerika war mit vielen der damals üblichen 35 Millimeter-Filmen im Gepäck. Um die überall über die Grenzen bringen zu können, erhob mich der Kulturattaché in den Diplomatenstatus", erinnert sich der 69-Jährige.
"Ich glaube schon, dass ich einiges ermöglicht habe. Es gibt Filme wie 'Der Totmacher', den es ohne mich in der Form nicht gegeben hätte", so Hinrichs.
Denn in seiner Funktion als Filmförderer leitete er Gremien, die Projekte auswählten.
Im Jahr 1995 wurde die wirtschaftliche und kulturelle Filmförderung zusammengelegt. Reinhard Hinrichs war gemeinsam mit Eva Hubert Gründungsgeschäftsführer und danach als Prokurist verantwortlich. "Wir hatten einen Etat von zwölf bis 15 Millionen Euro und haben Filme gefördert wie 'Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief' von Helmut Dietl oder die Werner-Filme. Auch haben wir vieles ermöglicht, damit Filme wie 'Bowling for Columbine' von Michael Moore in Deutschland herausgebracht werden."
2007 habe er dann viel Zeit darauf verwendet, die Filmförderung Hamburg und Schleswig-Holstein zusammenzuführen.
Derzeit ist Reinhard Hinrichs der Film "Geh mit einem Lächeln", in dem es um den Umgang mit dem Sterben geht, ein Herzensanliegen. Der Film soll nächstes Jahr gedreht werden. An den Gesprächen für die Schauspieler-Auswahl ist er beteiligt.
Mit Schauspielerin Mo Asumang, Regisseurin von kritischen Filmen wie "Die Arier", ist Reinhard Hinrichs seit Jahrzehnten sehr gut befreundet. "Ihre Arbeit finde ich richtig und wichtig als Zeichen gegen Neonazis, Rechsradikalismus und Rassismus", so Hinrichs. Mo Asumang hat ihm versprochen, im Sommer für eine Lesung und die Vorführung einer Kurzfassung des Films nach Tostedt zu kommen.
Wenn er sich mal nicht in der Filmwelt oder der Politik engagiert, ist Reinhard Hinrichs ein Familienmensch. Seine Tochter Miriam (30) tritt sozusagen in seine Fußstapfen, arbeitet als Drehbuchautorin, u.a. für die TV-Serie "Rote Rosen". Gerne hat er auch seine Enkelkinder Emilian (5) und Rasmus (2) zu Besuch. Und er liebt es, stundenlang Musik zu hören von Blues bis Psycholdelic.

Reinhard Hinrichs (li.) mit Regisseur Detlev Buck | Foto: FFHSH/Poling
Reinhard Hinrichs mit seinem Boarding-Pass für Cannes, wo er krankheitsbedingt dann doch nicht hinflog
Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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