Landkreis Harburg
So aufwendig ist die Instandhaltung der Brücken

Prüfung der Bahnbrücke im Zuge der K23 (Baurat-Wiese-Straße) in Königsmoor | Foto: bim
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  • Prüfung der Bahnbrücke im Zuge der K23 (Baurat-Wiese-Straße) in Königsmoor
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Der Betrieb "Kreisstraßen und Radverkehr" des Landkreises Harburg ist für die Instandhaltung und den Ausbau von insgesamt 426 Kilometern Kreisstraßen, 322 Kilometern Radwege, 76 Brücken, 272 Durchlässen, 91 Ampeln, 17 Regenrückhaltebecken sowie zahlreicher Lärm- und Stützwände zuständig.  Besonders im Fokus stehen dabei immer wieder Brückenbauwerke, deren Instandhaltung oder Ersatz häufig mit erheblichem Aufwand und deutlich spürbaren Einschränkungen für den Verkehr verbunden sind. Warum das so ist, wie es um den Zustand der Brücken im Kreisgebiet bestellt ist und wann Brücken erneuert werden müssen, erläutert Thomas Schmidt, Leiter des Betriebs Kreisstraßen im Interview.

WOCHENBLATT: Für welche Art von Brücken ist der Landkreis zuständig und wie alt sind die Bauwerke?
Thomas Schmidt: Wir haben Kreisstraßenüberführungen über Eisenbahnlinien, Gewässer, Trockentäler, aber auch Amphibienwanderwege - dabei handelt es sich meist um Durchlässe. Die einzelnen Bauwerke haben unterschiedliche Baujahre. Die Brücke im Zuge der K9 in Ramelsloh, die wir gerade durch einen Neubau ersetzen, wurde beispielsweise 1971 gebaut. Die Brücke im Zuge der Bendestorfer Straße am Ortseingang zu Buchholz stammt aus dem Jahr 1955. Die älteste Brücke wurden bereits 1812 gebaut, dabei handelt es sich um den sogenannten „Napoleondurchlass“, die Gewölbebrücke an der Kreisstraße 86 in Tötensen/Beckedorf.

WOCHENBLATT: Wie wird der Zustand der Brücken überprüft?
Thomas Schmidt: Gemäß DIN-Norm sind an Ingenieurbauwerken in regelmäßigen Abschnitten Prüfungen durchzuführen. Diese Prüfungen werden aus Sicht der Verkehrssicherheit, aus statischen Gesichtspunkten und mit Blick auf die Dauerhaftigkeit, also die Widerstandsfähigkeit des Bauwerks gegen äußere oder mechanische Einflüsse, durchgeführt. Unterschiedliche Schäden werden verschiedenen Schadensbereichen zugeordnet und mit entsprechenden Mangelpunkten belegt. Je mehr Schadensbilder in einer Prüfung an einem Bauwerk festgestellt werden, desto höher ist die Bewertungszahl am Ende der Prüfung. Jeder Prüfbericht, der im Zuge einer Haupt- oder einfachen Prüfung erstellt wird, gibt eine Bewertungszahl wieder. Die Bandbreite reicht dabei von 1,0 bis 1,4 für einen sehr guten Zustand bis zu einer Bewertung von 3,5 bis 4,0 für einen ungenügenden Zustand, bei dem Sofortmaßnahmen notwendig sind.

WOCHENBLATT: Wie ist es um den Zustand der Brücken im Landkreis Harburg bestellt?
Thomas Schmidt: Die gute Nachricht: Aktuell wurde keine der Brücken mit der schlechtesten Note bewertet. Rund 35 Prozent der Brücken haben die Benotung 1,0 bis 1,9 und befinden sich damit in sehr gutem bis gutem Zustand. Etwa 60 Prozent der Bauwerke erhalten die Benotung 2,0 bis 2,9, was mit einem befriedigendem bis ausreichendem Zustand gleichzusetzen ist. Nur ca. fünf Prozent der Brücken befinden sich mit der Benotung 3,0 bis 3,4 in einem nicht ausreichenden Zustand.

WOCHENBLATT: Wann finden die nächsten Überprüfungen statt?
Thomas Schmidt: In diesem Jahr stehen Hauptprüfungen an, bei denen zum Beispiel auch Spezialwerkzeuge wie Endoskopkameras zum Einsatz kommen und alle erreichbaren Bauteile ganz genau unter die Lupe genommen werden. Die nächste einfache Prüfung – dabei handelt es sich um eine intensive, erweiterte Sichtprüfung – ist für 2027 angedacht. Diese Leistungen werden aufgrund ihrer Komplexität und des großen Umfanges an eigens dafür spezialisierte Ingenieurbüros vergeben. Die jährlichen Besichtigungen, die Bestandteil der Unterhaltung sind, werden aber mit dem eigenen Personal beim Betrieb Kreisstraßen durchgeführt.

WOCHENBLATT: Warum sind überhaupt so viele Brücken schadhaft?
Thomas Schmidt: Wegen steigender Verkehrsbelastungen entstehen immer mehr Schäden. Außerdem war der technische Standard vor 50 Jahren ein anderer als heute. Doch nicht nur das Verkehrsaufkommen hat sich erheblich gesteigert, sondern die Fahrzeuge sind in den zurückliegenden Jahrzehnten auch immer schwerer geworden. Das gilt insbesondere auch für den Schwerlastverkehr, wo wir inzwischen bei Lasten von bis zu zwölf Tonnen pro Achse angekommen sind, statt wie früher vielleicht acht Tonnen.

WOCHENBLATT: Was hat sich an der Bauweise bei Brücken geändert?
Thomas Schmidt: Die Qualität des Betons und des Betonstahls oder die Möglichkeiten der Gründung wurden verbessert und auch in den Regelwerken einige Änderungen vorgenommen. Früher wurden Brücken nach DIN-Normen berechnet und konzipiert, inzwischen verwenden die modernen Regelwerke das Sicherheitskonzept der Teilsicherheitsbeiwerte, um Unsicherheiten im Zusammenhang mit Last und Widerstand besser handhaben zu können und eine zu schnelle Überbelastung des Bauwerkes zu verhindern. Außerdem werden bei der Planung heutzutage zum Beispiel Verkehrsprognosen berücksichtigt, um die Brücken auch für künftige Verkehrslasten besser zu rüsten.

WOCHENBLATT: Wann ist ein Brückenbauwerk nicht mehr zu erhalten und ein Neubau muss her?
Thomas Schmidt: Es gibt Brücken, die ein gewisses Alter erreicht haben und aufgrund ihrer sogenannten Restliegezeit neu geplant werden müssen. Und dann gibt es Brücken, die zwar theoretisch ihr „Ablaufdatum“ noch nicht erreicht haben, aber so starke Schäden aufweisen, dass das Tragverhalten in absehbarer Zeit Probleme machen wird. Hinzu kommt, dass es sich teilweise schlicht nicht rechnet, immer wieder immense Summen für die Instandhaltung zu investieren.

WOCHENBLATT: Welche konkreten Beispiele gibt es hierfür im Landkreis?
Thomas Schmidt: Aktuell wird die Brücke über die Güterverkehrsstrecke zwischen Maschen und Jesteburg im Zuge der Kreisstraße 9 bei Ramelsloh neu gebaut. Die alte Brücke wies bauartbedingte größere Schäden auf, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht zu beseitigen waren. Jetzt kommt die neue Brücke und wir liegen voll im Zeitplan. Die Fertigstellung ist für März 2025 vorgesehen.
Ein anderes Bauwerk, das wir genau im Blick haben, ist die Brücke im Zuge der Kreisstraße 23 in Königsmoor, Baujahr 1979. Hier findet vierteljährlich eine Überprüfung statt und die Brücke ist aktuell auf 30 Tonnen begrenzt. Hier wird perspektivisch ein Neubau unumgänglich sein.
Und dann haben wir noch die Brücke im Zuge der Kreisstraße 54 (Bendestorfer Straße) in Buchholz. Das Bauwerk wird im kommenden Jahr 70 Jahre alt und weist ebenfalls bauartbedingte Schäden auf. Hier sind die Planungen für einen Ersatzneubau bereits angelaufen.

WOCHENBLATT: Warum sind Brücken-Neubauten teilweise so langwierig?
Thomas Schmidt: Ein Planverfahren hat per se eine gewisse Dauer: Die Ausschreibung muss vorbereitet und Fristen müssen eingehalten werden, Träger öffentlicher Belange werden beteiligt. Besonders viel Vorlauf brauchen Planungen aber immer dann, wenn Kreisstraßen Bahnstrecken kreuzen. Viele Fahrpläne haben bundesweit bis zu drei Jahre Vorlauf. Wenn wir Sperrpausen benötigen, müssen diese also mehrere Jahre im Voraus eingeplant werden. Ganz besonders kompliziert wird es, wenn wir mit unseren Bauwerken Hochgeschwindigkeitsstrecken kreuzen, wie zum Beispiel die Bahnstrecke Hamburg-Bremen, und für den Abbruch des alten Bauwerks, das Herstellen der Pfeiler und Widerlager der neuen Brücke und den Einhub des Überbaus gleich mehrere Sperrpausen benötigen. Da können schon einmal fünf bis sechs Jahre Planungszeit vergehen, bis der Bau dann starten kann.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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