Tostedt
Töster Bürgerpreis für die engagierte Christa Biermann
Den Töster Bürgerpreis 2024 der Töster Bürgerstiftung erhielt jüngst Christa Biermann (83) aus Dohren. Die frühere Lehrerin engagiert sich seit vielen Jahren in der Flüchtlingshilfe. Nadja Weippert, Annemarie Müller und Till von Rennenkampff von der Töster Bürgerstiftung überreichten der aktiven und weltoffenen Seniorin als Anerkennung ihres ehrenamtlichen Einsatzes den Preis in Form eines Hufeisens mit Eichenlaub auf Granitstein. Bei der feierlichen Verleihung waren auch Christa Biermanns Sohn Jan Biermann und seine Partnerin Nicole Valtinke dabei. Nach und nach gesellten sich einige der "Schützlinge", die von der 83-Jährigen betreuten Flüchtlinge, dazu.
Ehrenamt wichtig für die Gesellschaft
Vorsitzender Till von Rennenkampff stellte zunächst kurz die Bürgerstiftung vor, die sich der Förderung von Sport, Kultur und Heimatpflege verschrieben hat. Anschließend würdigte Nadja Weippert in ihrer Funktion als Bürgermeisterin der Gemeinde Tostedt die Verdienste von Christa Biermann. "Das Ehrenamt ist so wichtig für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", sagte Nadja Weippert. Daher sei es wichtig, diese Menschen, die meist bescheiden im Hintergrund arbeiten, zu würdigen. Christa Biermann habe viel ihrer kostbaren Zeit in ihr Ehrenamt investiert und auch das ein oder andere Lehrbuch für ihre "Schützlinge" auf eigene Kosten angeschafft.
Keine Frage: Den ganzen Tag Fernsehen oder stricken ist nichts für die Geehrte. Etwas Gartenarbeit nimmt sie aber noch selbst vor. Menschen, die besondere Hilfe benötigen, lagen ihr schon immer am Herzen - auch in ihrer Zeit als Lehrerin. Später waren und sind es die Menschen, die als Geflüchtete nach Deutschland kamen.
Lehrerin an der Volksschule Dohren
Christa Biermann stammt gebürtig aus dem Calenberger Land in der Region Hannover. Ihren 1989 verstorbenen Mann, der Schulleiter in Heidenau war, hatte sie während des Studiums kennengelernt.
Im Jahr 1963 unterrichtete sie im Alter von 21 Jahren ihre ersten beiden Schulklassen an der Volksschule in Dohren. Wobei zwei Klassen damals klassenübergreifenden Unterricht in den ersten bis vierten sowie den fünften bis achten Klassen bedeuteten. Ihr ältester Schüler war 14 Jahre alt. "Es gab viele Zwergschulen damals", berichtete die 83-Jährige. "Ihre" Schule hatte 36 Schüler - Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Potenzialen. Schon damals gehörten lernbehinderte Schüler zum Klassenverband, eine frühe Form der Inklusion also.
Kopierer gab es damals noch nicht. "Wir haben mit Kohlepapier Arbeitsblätter erstellt, zum Teil musste ich diese zweimal schreiben, damit die fünf Seiten ;kopiert' wurden", erinnert sich Christa Biermann. Der Hausmeister brachte sie schließlich auf die Idee zu einem Matrizendrucker.
Frühes Engagement in der Flüchtlingshilfe
An der Schule in Dohren blieb Christa Biermann elf Jahre, bevor sie 1974 nach Tostedt wechselte. Dort war sie als Schulleiterin 30 Jahre lang für 27 Klassen mit zu Hochzeiten 516 Schülern sowie 30 Lehrkräften an zwei Standorten zuständig.
Bereits damals hatte sie Kontakt zu Flüchtlingen, denn Krieg gab es häufig in verschiedenen Ländern, u.a. im Jahr 1969 den Palästinakrieg. Auch nahm sie sich Kindern von Gastarbeitern aus Spanien an sowie Aussiedlern oder Geflüchteten des Balkankriegs. Sie nahm Kontakt zu den Behörden auf, um diesen Menschen Förderunterricht anbieten zu können.
2003 wurde Christa Biermann pensioniert. Statt das Nichtstun zu genießen, widmete sie sich verschiedenen Ehrenämtern, besuchte ältere Mensch im Besuchsdienst der Kirche oder leistete Hospizdienst.
Als 2016 der nächste große Flüchtlingszustrom Deutschland erreichte, versorgte Christa Biermann rund 300 Menschen verschiedener Nationen. "Man musste sich doch um sie kümmern, es war ja noch nichts organisiert", erklärte die Seniorin, die ihre Hilfe als selbstverständlich ansieht. Sie half den Neuankömmlingen beim Erlernen der Sprache und unterstützte sie im Alltag. So bestand beispielsweise Sindou Diabate, einer ihrer derzeit 14 "Schützlinge", kürzlich die theoretische Führerscheinprüfung. Und sie half dabei, dass sein Sohn Mory einen Platz im Sprachkindergarten erhielt.
Dank für die Anerkennung
Christa Biermann bedankte sich herzlich für die Anerkennung und möchte ihre wertvolle Arbeit so lange wie möglich fortsetzen. Sie sagte hierzu: „Ich bekomme so viel zurück!“
Einen großen Wunsch hat die Oma von sieben Enkelkindern auch selbst: Sie möchte ihre Memoiren aufschreiben, damit diese in den "Hermann und Erika"-Heften des Heimatvereins Tostedt erscheinen und für die Nachwelt erhalten werden.
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