Unermüdliche "Rutka": Ruth Zuther engagiert sich seit Jahrzehnten politisch und sozial für die Versöhnung zwischen Deutschland und Polen
ce. Tostedt. "Ich habe immer das Notwendige getan, was gemacht werden musste. Das hat mich angetrieben." Das sagt Ruth Zuther (88) aus Tostedt, die für ihr seit Jahrzehnten andauerndes politisches, soziales und kulturelles Engagement weit über die Grenzen des Landkreises Harburg hinaus jetzt mit dem erstmals verliehenen Titel "Ehrenmitglied des Kreistages" ausgezeichnet wurde. Landrat Rainer Rempe hatte sie in seiner Laudatio als "Grand Dame und Herz-Dame" der Kreispolitik gewürdigt, für die insbesondere die Völkerverständigung zwischen Deutschland und Polen "Herzensthemen" seien. "Die Rede hat mich unheimlich gerührt. Es war die schönste, die jemals für mich gehalten wurde", sagt die Geehrte gegenüber dem WOCHENBLATT.
Geboren wurde Ruth Zuther 1926 im polnischen Lodz, wo sie als Angehörige der deutschen Minderheit bis zum 18. Lebensjahr wohnte. Nach der Flucht nach Deutschland während des Krieges kam sie bald nach Tostedt. Dort arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung als Lehrerin für Religion, Englisch, Geschichte und Hauswirtschaft. 1972 organisierte sie gemeinsam mit 16 Lehrern ihre erste Reise nach Polen - damals eine kleine Sensation, lag das Land doch noch hinter dem "Eisernen Vorhang". Seitdem vertiefte Ruth Zuther die freundschaftlichen Beziehungen zur alten Heimat immer intensiver - mit der Partnerschaft zwischen Tostedt und der polnischen Stadt Lubaczów, deren Ehrenbürgerin "Rutka" seit 1996 ist, oder auch mit der Gründung der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Tostedt, deren Vorsitz sie kürzlich nach über 20 Amtsjahren abgab. Für die Menschen in Lubaczów organisierte und begleitete Zuther zahlreiche Hilfstransporte mit Gehhilfen für das Krankenhaus oder auch Trompeten für die Musikschule. Ihre Liebe zu Polen und das Bemühen um die Aussöhnung mit den Deutschen nach den schrecklichen Ereignissen im Zweiten Weltkrieg waren die Beweggründe für Zuthers unermüdlichen Einsatz. Dafür erhielt sie 1995 das Bundesverdienstkreuz und 2002 das polnische Verdienstkreuz in Silber.
Die soziale Gerechtigkeit war es auch, die dem SPD-Mitglied Ruth Zuther beim Engagement "vor der eigenen Haustür" am Herzen lag - beispielsweise als Bürgermeisterin und Gemeindedirektorin in Tostedt, im Gemeinde- und Samtgemeinderat, im Kreistag, im Aufsichtsrat der Kreiskrankenhäuser Buchholz und Winsen, als Gründerin des Frauenhauses im Landkreis und als Mit-Initiatorin der Bürgerstiftung Hospiz Nordheide.
An Ruhestand ist bei Zuther auch im hohen Alter nicht zu denken. "Ich bin aktiv für das Hospiz, betreue polnische Studenten, die in der Nordheide Praktika als Physiotherapeuten machen, und kümmere mich mit darum, dass eine Behinderte in unserem polnischen Partnerlandkreis Wolow mit Rollstühlen und anderen Hilfsgütern versorgt werden", blättert sie ihren prallgefüllten Terminkalender auf.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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