Wenn Maden und Fliegen zu "Leichen-Liegezeit-Uhren" werden
Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke begeisterte das Publikum in der Buchholzer "Empore"
bim. Buchholz. Einen wissenschaftlichen Vortrag anhören, sich dabei unappetitliche Bilder anschauen und dafür auch noch Eintritt bezahlen? Für viele Menschen undenkbar. Nicht so für rund 400 begeisterte Zuhörer im Buchholzer Veranstaltungszentrum "Empore": Dort hielt der wohl bekannteste Kriminalbiologe der Welt, Dr. Mark Benecke, einen Vortrag über Insekten und ihre "Zersetzungserfolge" an Leichen.
Der international gefragte und TV-erfahrene Kriminalbiologe gewährte spannende Einblicke in einige der von ihm untersuchten Fälle. Mit Fachkompetenz und viel Humor fesselte er das wissbegierige Publikum, das er von Anfang an mit einbezog, und beantwortete alle Fragen. Trotz harter Fakten gab es für die Zuhörer dank Beneckes lockerem Vortragsstil viel zu lachen. Der 43-jährige Kölner hatte auch manche Überraschung parat: So durften die Zuhörer alles, was er auf der Bühnenmitte platzierte, als Geschenk mit Heim nehmen oder sich mit Fauch-Schaben fotografieren. Tatortkärtchen für Sperma- oder Blutspuren gab's ohnehin gratis.
Mark Benecke ist dank einer "Verkettung verrückter Zufälle" der einzige, der Hitlers Schädel und Zähne untersuchte. Der Kriminalbiologe und Autor wird als Sachverständiger herangezogen, um biologische Spuren bei vermuteten Gewaltverbrechen mit Todesfolgen auszuwerten und hat schon zur Lösung kniffeligster Kriminalfälle beigetragen. Aber egal wie spektakulär ein Verbrechen auch ist, für ihn ist es ein unvoreingenommen zu betrachtender Fall. "Man muss in alle Richtungen gucken und alles toll und spannend finden. Wir mischen die Erkenntnisse der Polizei mit ingenieurstechnischen Anwendungen und Naturwissenschaft", so Benecke.
"Es geht nicht darum: Das Böse wird gefangen und die Welt wird besser. Mir geht es um die Wahrheit", so Benecke zu seiner Motivation.
"Menschen verstehe ich nicht, aber wirbellose Tiere, die sind wie kleine Roboter, haben einen klaren Reizzusammenhang", so Benecke. Er zeigte entsprechende Bilder der "Leichen-Liegezeit-Uhren" auf der Großleinwand und erklärte, wann Schmeißfliegen nur saugen oder Eier ablegen, wann Maden fressen oder lieber von einer Leiche flüchten ("Stellen Sie sich vor, Sie haben sich am Buffet sattgegessen. Dann setzten Sie sich auch nicht wieder in den Krautsalat.").
"Etwas ganz Großes, das bleibt, wenn ich abtrete: Ich habe herausgefunden, wie man Blutspuren von Fliegen-Erbrochenem unterscheidet", so Benecke augenzwinkernd.
In Beneckes Welt wundert es auch nicht, dass für Analysen mal verfaulte Schweine auf den Straßenstrich gelegt werden oder eine Kollegin mit den Haaren durch Blut gezogen wird. "Wenn Sie das länger machen, ist das ganz normal", so der Forensiker.
Apropos tote Schweine: Mehrfach machte der überzeugte Vegetarier dem Publikum das Fleischessen - wenn auch ohne zu penetrant zu sein - madig und warf noch ein kurzes Plädoyer gegen Massentierhaltung ein.
Der Auftritt in Buchholz war für Mark Benecke eine Premiere. Und - wenn man seinem Lob für das tolle Veranstaltungszentrum glaubt - sicher nicht der letzte.
Mehr Infos unter <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://www.benecke.com">www.benecke.com</a>
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