Landkreis Harburg
Wieder beklagen viele Bürger, dass Gelbe Säcke fehlen

Gelbe Säcke sind in einigen Kommunen im Landkreis aktuell wieder knapp | Foto: bim
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Erneut beschwerten sich in den vergangenen Wochen WOCHENBLATT-Leserinnen und -Leser über fehlende Gelbe Säcke, u.a. seien an einer Ausgabestelle in Buchholz seit sechs Wochen keine Säcke erhältlich, eine Ausgabestelle in Tostedt habe zweieinhalb Wochen auf eine überfällige Lieferung warten müssen, und auch in Hollenstedt waren die Säcke wochenlang nicht zu bekommen. Beim Landkreis Harburg häuften sich seit Juni die Beschwerden. Während der Landkreis Harburg sich nun mit dem Kreistagsbeschluss auf Einführung einer Gelben Tonne bestärkt fühlt, weist das für die Ausgabe und Einsammlung der Gelben Säcke zuständige Unternehmen, die Willi Damm GmbH, auf das Hamstern und Zweckentfremden des "Gelben Goldes" der Mülltrenner hin.

Nicht leicht zu durchschauen ist das "Konstrukt" der Entsorgungskette:  
Der Gesetzgeber hat die Abholung und Verwertung der Leichtverpackungen durch die Regelungen der Verpackungsverordnung bzw. jetzt des Verpackungsgesetzes in die Hände der privaten Entsorgungswirtschaft gelegt. Die inzwischen elf Dualen Systeme organisieren diese und beauftragen Entsorgungsunternehmen mit der Durchführung der Sammlung. Für das Gebiet des Landkreises Harburg ist die „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH“ verantwortlich, die ihrerseits die Firma Willi Damm GmbH & Co. KG mit der Verteilung der Gelben Säcke und deren Sammlung beauftragt hat. Im Landkreis Harburg ist das Unternehmen bereits seit zwölf Jahren tätig.

Auch der Landkreis
zweifelt an Aussagen

Der Landkreis Harburg habe nur äußerst geringe Einflussmöglichkeiten. "Ich habe aufgrund von Beschwerden vor ca. 14 Tagen sowohl die 'Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH', als auch die Firma Willi Damm GmbH & Co. KG zur Stellungnahme aufgefordert", berichtet Frank Sameluck, Chef der Abfallwirtschaft beim Landkreis Harburg, auf eine Bürger-Beschwerde. "Diese versicherten mir, dass es angeblich keinen Engpass an Gelben Säcken gebe und zudem ihr Lager komplett befüllt sei. Die Verteilung an die Abgabestellen werde stetig durchgeführt. Diese Aussage bezweifele ich inzwischen und werde erneut an die Leistungserfüllung erinnern. Nach meinem Kenntnisstand werden allerdings auch selbstbeschaffte transparente Müllsäcke mit Leichtverpackungen bei der Sammlung mitgenommen. Schwarze Säcke sind dafür nicht geeignet."

Steigende Einwohnerzahlen
bei Kalkulation berücksichtigt

Nadine Troch, Leiterin der Fachabteilung Systementsorgung bei der Willi Damm GmbH, erklärt auf WOCHENBLATT-Anfrage: "Durch unsere langfristigen Verträge haben wir möglichen Engpässen vorgesorgt und uns steht ein ausreichender Bestand zur Verfügung. Eine stetige Erhöhung der zu verteilenden Menge an Gelben Säcke durch z. B. steigende Einwohnerzahlen ist selbstverständlich ein Faktor bei unseren Kalkulationen." Im Landkreis Harburg würden jährlich ca. 10,5 Millionen Gelbe Säcke ausgegeben - also pro Einwohner weit mehr als 40 Gelbe Säcke zur Verfügung stehen. 

Bei der Kalkulation würden auch saisonale Schwankungen, steigende Einwohnerzahlen und Mehrverbräuche durch eingeschränktes Reiseverhalten während der Pandemie betrachtet. Dennoch sei eine enorme Zunahme der Verbräuche an Gelben Säcken zu verzeichnen.

Denn auch das ist leider Fakt: Die kostenlosen Gelben Säcke werden allzu oft für alles Mögliche zweckentfremdet - um darin Plastik-Pfandflaschen zum Supermarkt zu transportieren, Laub zu sammeln oder die Säcke wegen des Geknisters im Wind als Vogelscheuchen auf Feldern zu verwenden. Diese Säcke fehlen den Bürgern, die darin gemäß Bestimmung Leichtverpackungsmüll sammeln.

"Toilettenpapier-Effekt"
auch bei Gelben Säcken

"Auch der 'Toilettenpapier-Effekt' ist bei den Gelben Säcken zu beobachten. Sobald diskutiert wird, dass ein möglicher Engpass bevorstehe, sind unsere Verteilerstellen innerhalb weniger Tage leergelaufen. Die Bürger nehmen dann nicht die bedarfsgerechte Menge an Gelben Säcken mit, sondern so viel sie bekommen. Die Vorgabe ist eine Kontingentierung von zwei Rollen pro Haushalt. Selbstverständlich ist diese Kommunikation für die Verteilerstellen an die Bürger eine Belastung und daher schwierig durchzusetzen. So ist das Kontingent, das sonst für drei Wochen hielt, häufig schon innerhalb einer Woche ausgegeben", so die Erfahrung der Willi Damm GmbH.

Gelbe Tonnen nicht
ordnungsgemäß benutzt

Auch in die Gelben Tonnen, die im Landkreis Harburg bereits vielen Mehrfamilienhäusern zur Sammlung von Leichtverpackungen zur Verfügung stehen, gehören keine Gelben Säcke. "Durch diese Doppelnutzung werden unnötig Rohstoffe verbraucht und für eine Verknappung der zur Verfügung gestellten Gelben Säcke gesorgt", sagt Nadine Troch.


Auf ein Wort:
Ein absurdes Entsorgungssystem

Gelbe Säcke zu hamstern oder unsachgemäß zu verwenden, ist zweifelsohne asozial, weil dann diejenigen, die leer ausgehen, nicht wissen, wohin mit ihrem Verpackungsmüll. Den wiederkehrenden Mangel an Gelben Säcken aber allein darauf zu schieben, ist zu kurz gesprungen. Bei Mehrpersonen-Haushalten reichen inzwischen zehn Gelbe Säcke im Monat gar nicht mehr aus. Nicht alle Menschen haben Zeit und Material, um sich in Unverpackt-Läden mit Lebensmitteln einzudecken. Also fallen reichlich Plastik- und Verbund-Abfälle an. Und gefühlt es werden immer mehr: Laut dem NABU ist der Kunststoffverbrauch zwischen 2016 und 2019 um 13 Prozent gestiegen.

Dabei wurde „Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland" im September 1990 als "Gesellschaft für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung" gegründet.

Doch warum sollte die Industrie weniger Verpackungen produzieren, so lange der Verbraucher die Entsorgung des Mülls schon beim Einkauf bezahlt und gleichzeitig die Daseinsberechtigung der Entsorger sichert? Somit ist das System nach 32 Jahren ad absurdum geführt. Helfen würde sicher nur, den Verpackungsmüll denen vor die Tür zu werfen, die dafür verantwortlich sind.
Bianca Marquardt

Das gehört in den Gelben Sack:

Der Gelbe Sack ist für sogenannte Leichtverpackungen, Verkaufsverpackungen aus Kunststoff, Metall oder Verbundmaterialien gedacht:

Metalle: Konserven, Getränkedosen, Verschlüsse, Alu-Schalen, Alu-Deckel, Alu-Folien
Kunststoffe: Tragetaschen, Beutel, Einwickelfolien, Flaschen von Spül-, Wasch- und Körperpflegemitteln, Becher von Milchprodukten, Magarine etc.
Verbundstoffe: Getränke- und Milchkartons, Vakuumverpackungen
Schaumstoffe: Obst und Gemüseschalen sowie andere geschäumte Verpackungen.

Nicht hinein gehören:

Plastikprodukte wie z.B. Zahnbürsten oder Einwegrasierer, Windeln und Essensreste.

Damit das Recycling gelingt

  • Beim Einkaufen auf die Verpackung achten: schwarze Kunststoffe und Multilayerkunststoffe vermeiden. 
  • Beim Joghurtbecher den Aludeckel vom Kunststoff trennen.
  • Nicht mehrere Verpackungen ineinander quetschen, sondern einzeln in den Gelben Sack werfen.
  • Man muss die Behälter nicht auswaschen. Löffelrein reicht, um Ressourcen zu sparen.
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Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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