Fahrgastbeirat zu Metronom
Auch ein neuer Betreiber wird die Probleme nicht lösen

Die Metronom-Eisenbahngesellschaft will sich auch bei der neuen Ausschreibung bewerben | Foto: bim
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Seit Jahren macht der Metronom vor allem durch Zugausfälle und Verspätungen auf sich aufmerksam und sorgt für Frust bei unzähligen Pendlern der Region. Nachdem das Unternehmen wegen steigender Energie- und Personalkosten sowie Fachkräftemangel auch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, einigten sich die Aufgabenträger unter der Leitung der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) darauf, den aktuell gültigen Verkehrsvertrag des Metronom zum 13. Juni 2026 zu beenden. In der Pressemitteilung vom 4. März hat Metronom erklärt, das Ende des Verkehrsvertrags für einen "geordneten Neustart" zu nutzen und sich bei der nächsten Ausschreibung erneut zu bewerben, gemäß dem Motto:  "Wir sind und wir bleiben".

Allerdings: Der unzuverlässige Zugverkehr ist nicht der Metronom GmbH anzulasten, sondern u.a. auf eine unzureichende Infrastruktur, schlechtes Material, dauernde Überholung durch andere Züge und Personalmangel zurückzuführen. Dinge, die sich nicht binnen zwei Jahren und schon gar nicht durch Metronom abstellen lassen. Das WOCHENBLATT fragte beim Unternehmen nach, wieso Metronom glaubt, mit einem neuen Angebot dennoch überzeugen zu können. Die Antwort: "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns nicht zu einer noch nicht laufenden Ausschreibung äußern können."

Der jetzige Vertrag gilt u.a. für die Strecken Hamburg - Bremen sowie Hamburg - Lüneburg - Uelzen. Die Vereinbarung zum Ende des Verkehrsvertrages sieht vor, dass Metronom diese Strecken bis zum 13. Juni 2026 unverändert weiter fährt. 

Ausfälle beim Metronom wegen Bauarbeiten, Urlaubs und Krankheitsfällen

Dass den Metronom keine Schuld trifft, betont auch Stefan Kindermann, Sprecher des Fahrgastbeirates für den Landkreis Harburg. "Auch im Fahrgastbeirat sind wir der Ansicht, dass sehr vieles hier bei uns im Schienenpersonennahverkehr besser laufen könnte. Doch undifferenziert so zu tun, als liege die Schuld dafür allein bei der Metronom Eisenbahngesellschaft, greift deutlich zu kurz", sagt er.

Stefan Kindermann erläutert im Detail,
wo es hakt, und wer verantwortlich ist

Personal: Die Verantwortung für das Personal liege zwar bei Metronom. Allerdings leidet die gesamte Branche unter Personalmangel, wie zahlreiche andere Branchen auch (Pflege, Handwerk, Behörden etc.). "Die aktuelle Personalsituation führt zu dem aktuell geltenden Notfahrplan. Das ist ärgerlich, da einige wenige wichtige Verbindungen entfallen, aber für die Kunden deutlich verlässlicher als wechselnd ausfallende Züge. In vielen Fällen verkehren zu den entfallenden Zügen zeitnahe Verbindungen. Immerhin wird der Notfahrplan aber, soweit es in der Verantwortung von Metronom liegt, außer bei sehr kurzfristigen Personalausfällen zuverlässig gefahren."

Material: Zudem fallen immer wieder Züge aus oder verspäten sich erheblich, weil die Fahrzeuge Störungen aufweisen. "Diese gehören aber nicht der Metronom Eisenbahngesellschaft, sondern dem Land Niedersachsen, welches auch Vertragspartner für die Wartung ist. Diese wird durch den Hersteller Alstrom über den Subunternehmer OHE (Osthannoversche Eisenbahn GmbH) durchgeführt. Ob Türstörung, defektes WC oder Lokausfall, Metronom hat auf die Fahrzeuge also absolut keinen Einfluss. Auch nicht auf die Anzahl der zur Verfügung stehenden Garnituren, einschließlich Reserven."

Infrastruktur: Ein weiteres, noch viel größeres Problem sei die verschlissene und völlig überlastete Infrastruktur. "Die Verkehrspolitik der letzten 16 Jahre unter der CDU-/SPD-Regierung hat maßgeblich dazu beigetragen. Wer zu den Schlusslichtern in Europa bei den Investitionen in die Schieneninfrastruktur gehört und lieber Autobahnen baut, muss sich nicht wundern, wenn jene marode und überlastet ist. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass es für den Schienenverkehr Richtung Süden dringend zusätzlicher Kapazitäten bedarf. Einzig eine Neubaustrecke kann hier die Erfordernisse erfüllen und zudem neue Regionen anbinden. Doch statt hier auf Zukunft zu schalten, gehört der Landkreis Harburg zu den maßgeblichen Verhinderern eines zukunftsgerichteten Schienenausbaus", sagt Kindermann.

Sein Fazit: "Ein zuverlässiger und pünktlicher Verkehr ist auf der aktuellen Infrastruktur schlichtweg nicht möglich! Egal, wie das Unternehmen heißt. Auch ein neuer Betreiber wird mit diesen Problemen tagtäglich zu kämpfen haben. Also so einfach, wie es sich viele vorstellen, neuer Betreiber - alle Probleme gelöst, wird es absolut nicht, wenn sich denn überhaupt einer findet. Auf jeden Fall aber wird es massiv teurer werden, denn die Bewerber, einschließlich Metronom, werden die genannten Probleme und Personalrisiken in ihre Angebote mit einkalkulieren. Dass dagegen der Verkehr zuverlässiger werden wird, wird ohne einen bedarfsgerechten Ausbau der Infrastruktur, eine verbesserte Fahrzeugwartung und mit Personal besetzte Reservezüge nicht zu erwarten sein."

Die Metronom-Eisenbahngesellschaft will sich auch bei der neuen Ausschreibung bewerben | Foto: bim
Stefan Kindermann, Sprecher des Fahrgastbeirates 
für den Landkreis Harburg | Foto: Tim-Birger Knoch
Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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