Alpha-E-Beirat fürchtet Steuergeldverschwendung
Bahn muss sparen, will aber neu bauen
Die Deutsche Bahn ist nicht für ihre Pünktlichkeit bekannt. Nun will das Unternehmen einerseits sparen, aber andererseits den Schienenausbau, wie u.a. mit der Neubaustrecke Hamburg - Hannover, forcieren. Wie passt das zusammen? Der Projektbeirat Alpha-E, der sich seit 2015 für den Ausbau des bestehenden Schienennetzes unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der betroffenen Regionen einsetzt, befürchtet eine massive Verschwendung von Steuergeldern durch die relativ junge Tochtergesellschaft DB InfraGO AG (siehe unten).
DB hat schon lange ein
Problem mit der Pünktlichkeit
Die Deutsche Bahn hat schon lange ein Problem mit pünktlichen und zuverlässig verkehrenden Zügen. Das macht sich aktuell bei der Fußball-EM bemerkbar, bei der sich das Unternehmen zum Spott internationaner Fans macht. Die "New York Times" ätzte: "Effizienz. Verlässlichkeit. Zweckmäßigkeit: Das ist, was viele Menschen am meisten mit Deutschland assoziieren – aber bisher hat sich bei der Europameisterschaft 2024 keines dieser Klischees bewahrheitet."
Und jetzt plant die Bahn nach Informationen des Magazins "Spiegel" offenbar auch noch, Fernzüge zu streichen - besonders im Osten -, weil Geld fehlt. Da erstaunt die aktuelle Mitteilung des Projektbeirats Alpha-E. Laut Projektbeiratssprecher Dr. Peter Dörsam, Samtgemeinde-Bürgermeister von Tostedt, plant die DB InfraGO AG jetzt eine Ausschreibung für die Raumverträglichkeitsprüfung einer konkreten Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover von ca. 130 Kilometern Länge.
Zunächst Generalsanierung für
Kapazitätserweiterungen nutzen
Im vergangenen Jahr habe es eine Einigung zwischen dem Parlamentarischen Staatssekretär Michael Theurer (FDP) als Schienenbeauftragter der Bundesregierung und dem Niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr, Olaf Lies (SPD), gegeben. Basis dieser Einigung sei gewesen, dass zunächst die Generalsanierung auf der Strecke Hamburg - Hannover genutzt werden solle, um in diesem Rahmen zeitnah auch Kapazitätserweiterungen auf der Strecke zu realisieren. "Dringend notwendige weitere Kapazitäten könnten so zeitnah geschaffen werden", so Dörsam. Weiterhin habe geprüft werden sollen, ob über die erzielten Kapazitätssteigerungen hinaus noch ein weiterer Ausbaubedarf besteht und wie dieser gegebenenfalls realisiert werden könne.
Dörsam: "Anscheinend um Fakten zu schaffen, startet die DB InfraGO AG jetzt eine Ausschreibung für die Raumverträglichkeitsprüfung einer konkreten Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover." Für die Durchführung einer Raumverträglichkeitsprüfung sei das Land Niedersachsen zuständig, aber von Seiten der DB InfraGO AG seien bisher weder das für Verkehr zuständige Wirtschaftsministerium noch das für die Raumordnung zuständige Landwirtschaftsministerium über das Vorgehen informiert worden. "Anscheinend werden die aktuellen Absprachen zwischen dem Niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium und dem Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr von der DB InfraGO AG bewusst hintertrieben. Der Ausbau im weitgehenden Konsens droht damit direkt an die Wand gefahren zu werden."
Auf welcher Beschlusslage
beruht die Ausschreibung?
Der Projektbeirat Alpha-E ist empört über dieses Vorgehen der DB InfraGO. "Wir fragen uns, auf welcher politischen Beschlusslage diese Ausschreibung beruht. Bisher wurde keine Entscheidung für eine Neubaustrecke getroffen", so Dr. Peter Dörsam.
Hinzu komme, dass aktuell Mittel fehlen und viele Projekte der dringend notwendigen Generalsanierung finanziell noch nicht abgesichert seien. "In dieser Situation weitere Ressourcen in eine Neubauplanung zu stecken, obwohl klar ist, dass keine finanziellen Mittel zur Realisierung vorhanden sind, ist unverantwortlich. Bei Stuttgart 21 wurde schließlich so viel Geld investiert, dass sich niemand mehr traute, das Projekt noch abzubrechen. Vielleicht gibt es bei der DB InfraGO AG Entscheidungsträger, die auf etwas Ähnliches spekulieren", erklärt Dörsam.
Der Projektbeirat ruft das Bundesministerium für Digitalisierung und Verkehr auf, sofort einzuschreiten und die weitere Verschwendung von Steuermitteln zu verhindern.
Augenwischerei durch ständig neue Gesellschaften?
Die DB InfraGO AG ist laut Homepage der Deutschen Bahn "die gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft der Deutschen Bahn AG. Sie ist am 27. Dezember 2023 aus der Verschmelzung der beiden Gesellschaften DB Netz AG und DB Station&Service AG hervorgegangen".
Für den Laien sind die Zuständigkeiten der Deutschen Bahn mit 21 Untergesellschaften und weiteren sieben Beteiligungen ohnehin nur noch schwer zu durchschauen (www.deutschebahn.com/de/konzern/konzernprofil/Konzernunternehmen#).
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