Schienausbauprojekt Alpha-E
Deutsche Bahn schert sich nicht um Kompromiss
(bim/nw). "Die DB Netz AG verlässt mit ihren aktuellen Planungen für die Strecke Hamburg – Hannover komplett die Grundlage des Alpha-E. Die Planungen für den Bestandsstreckenausbau, wie er auch im Bundesverkehrswegeplan beschrieben ist, wurden von der DB Netz AG schon vor längerer Zeit unfertig abgebrochen. Jetzt schließt sie die Bestandsstrecke sogar aus den möglichen Korridoren aus. Hierbei bleibt vollkommen unklar, wie dies fachlich begründet werden kann", sagt Dr. Peter Dörsam, Tostedts Samtgemeinde-Bürgermeister und Sprecher des Dialogforums Schiene Nord.
Statt die Bestandsstrecke auszubauen, lege die DB Netz AG sich jetzt auf eine Neubaustecke fest, die von Hamburg zunächst etwa bis zur Höhe Soltau nach Süden verläuft und dann entweder nach Celle abzweigt oder weiter in einer gewissen Nähe zur Autobahn A 7 verläuft. Die Neubaustrecke solle für den ICE-Verkehr konzipiert werden. Vieles spreche dafür, dass sie für eine Geschwindigkeit von 300 km/h ausgelegt werden soll. Dörsam erläutert, was das bedeutet:
- "Die Strecke benötigt sehr große Kurvenradien, so dass eine Bündelung von Verkehrsträgern nicht möglich ist und auch nur schwer Raumwiderständen ausgewichen werden kann.
- Der ICE-Verkehr wird ganz überwiegend auf die Neubaustrecke verlagert, auf der Bestandsstrecke soll ein Restangebot verbleiben. Ob dies aber auf Dauer gesichert ist, kann niemand garantieren.
- Die Neubaustrecke wird wahrscheinlich nur in einem sehr geringen Ausmaß Güterzüge aufnehmen können. Während der ICE-Verkehr läuft, können höchstens vereinzelt Güterzüge die Strecke nutzen. Lediglich in dem kleinen Zeitfenster in der Nacht, in dem der ICE-Verkehr ruht, können auf der Neubaustrecke nennenswert Güterzüge fahren.
- Die Güterzüge werden daher ganz überwiegend auf der Bestandsstrecke fahren. Durch den Wegfall der meisten ICE-Züge besteht ausreichend Kapazität auf der Bestandsstrecke für eine Zunahme des Güterzugverkehrs.
- Allerdings finden an der Bestandsstrecke keine Ausbaumaßnahmen statt, damit gibt es auch keinen besseren Lärmschutz."
Mit dem Alpha-E sind seien zusätzlich noch Bedingungen für einen übergesetzlichen Lärmschutz verknüpft. Diese würden bei einem Bestandsstreckenausbau nochmals zu erheblichen Verbesserungen beim Lärmschutz führen. Die Strecke Rotenburg – Verden zeige, dass diese Forderungen auch realistisch umgesetzt werden können.
"Mit einer Neubaustrecke werden die Chancen des Alpha-E für relativ kurzfristige Verbesserungen durch den Ausbau der Bestandsstrecke verworfen, es käme selbst im besten Fall erst nach langer Zeit zu neuen Kapazitäten auf diesem wichtigen Schienenkorridor. Wir als Projektbeirat sind sehr besorgt über diese Entwicklung, weil wir wissen, dass die jetzt erkennbare Neubauplanung nicht dem Willen der Region entspricht und die Chancen für einen Ausbau im weitgehenden Konsens damit verworfen werden. Eine Abkehr vom Ergebnis des Dialogforums Schiene-Nord zerstört das Vertrauen in die politischen Zusagen zur Umsetzung des Alpha-E, es droht eine massive Politikverdrossenheit“, so die Sprecher des Projektbeirates, Dr. Peter Dörsam und Joachim Partzsch.
Hintergrund: Die sogenannte Alpha-Variante E sieht einen Ausbau von Bestandsstrecken im Dreieck Bremen-Hamburg-Hannover vor. Die Teilnehmer des Dialogforum Schiene-Nord (DSN) haben im Jahr 2015 gemeinsam Alpha-E zu einer kapazitiv und wirtschaftlich tragfähigen Lösung entwickelt. Das optimierte Alpha-E wurde als Projekt des Vordringlichen Bedarfs in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen.
Aufgabe des Projektbeirates Alpha-E ist insbesondere die Realisierung der Bedingungen der Region (u.a. bestmöglicher Gesundheitsschutz / Lärmschutz der Betroffenen, gleichzeitige Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs).
Der Projektbeirat setzt sich aus acht Vertretern von betroffenen Kommunen und Landkreisen und acht Vertretern der Bürgerinitiativen zusammen und ist unabhängig von Bund, Land und Deutsche Bahn AG. Er sieht sich als Vertreter und Ansprechpartner für alle Betroffenen an den Ausbaustrecken und an den Bestandsstrecken mit zunehmenden Güterverkehren.
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