Tostedt
Gege Hass und Hetze - für Demokratie und Menschlichkeit
Anlässlich des Holocaust-Gedenktages am Samstag lud das Forum für Zivilcourage Tostedt zu einem Besuch der zwölf Stolpersteine in der Samtgemeinde Tostedt ein und erinnerte an die Opfer des Nationalsozialismus. Gemeinsam wurde das Lied "Die Moorsoldaten" angestimmt. Bewegende Worte fand Bürgermeisterin Nadja Weippert am Tostedter Rathaus.
"Die Moorsoldaten" stammt von drei vom NS-Regime politisch verfolgten Kommunisten, die im Jahr 1933 ins Konzentrationslager Börgermoor bei Papenburg im Emsland verschleppt wurden, wie Bernadette Visse vom Forum berichtete. Texter des Liedes waren der Bergmann Johann Esser sowie der Schauspieler und Regisseur Wolfgang Langhoff, die Musik stammt vom kaufmännischen Angestellten Rudi Goguel. Das Lied, in dem es um die Härte des Lageralltags geht, wurde am 27. August 1933 bei einer Veranstaltung namens "Zirkus Konzentrazani" von 16 Häftlingen aufgeführt. "Mit der Aufführung sollten die Mithäftlinge ermuntert und ihre höhere Moral gegenüber der SS demonstriert werden", so Bernadette Visse.
Bürgermeisterin Nadja Weippert las aus einem Brief, den die rumänische Jüdin Ida Goldiş einen Tag vor ihrer Deportation - "Umsiedlung", wie die Nazis es nannten - im Oktober 1941 an ihre Schwester schrieb und der in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem archiviert ist. Sie schrieb unter anderem: „Ich bedaure aus tiefster Seele, dass ich beim Abschied die Bedeutung des Augenblicks nicht erfasste, dass ich Euch nicht lange, lange betrachtet habe, damit sich Euer Bild tief in meine Seele einprägt, dass ich Dich nicht fest umarmt habe, ohne loszulassen.“ Ida Goldiş starb mit 24 Jahren in einem Getto im heutigen Moldawien.
"Was als grausame Verfolgung, Entrechtung, Vertreibung und Erniedrigung begann, wurde im Juni 1941 zu einem Plan der systematischen Vernichtung. Zirka sechs Millionen Juden wurden ermordet. Heute sitzt eine Partei in den Parlamenten der Bundesrepublik Deutschland in Gemeinderäten, Landesparlamenten und im Bundestag, die wieder Deportationspläne schmiedet, die Menschen aus ihrer Heimat abtransportieren und unsere Demokratie zerstören möchte - die AfD", sagte Nadja Weippert. Dass in den vergangenen Wochen Hundertausende Menschen für Menschlichkeit und Demokratie auf die Straße gehen, sei höchste Zeit gewesen. "Nie wieder ist jetzt! Das darf kein leerer Satz bleiben. Die AfD ist die größte Gefahr für die Demokratie in unserem Land", so Weippert. Die größte Gefahr sieht die Bürgermeisterin im Internet, wo auf bestimmten Plattformen Hass, Hetze und Lügen verbreitet werden. Sie appellierte: "Setzen Sie sich ein für Demokratie und Menschlichkeit, zeigen Sie Gesicht!"
Mit den Stolpersteinen am Rathaus in der Schützenstraße wird an den polnischen Zwangsarbeiter Boleslaw Marzec und die Landarbeiterin Anna Riepshoff (*30. April 1922 in Burgsittensen, † 16. Februar 2009 in Buchholz) erinnert. Das Paar wurde im Juni 1940 bei einem Treffen beobachtet und denunziert. Beide kamen zunächst in das Gestapo-Gefängnis nach Lüneburg. Boleslaw Marzec wurde am 5. Dezember 1940 öffentlich erhängt. Anna Riepshoff wurde nach Gefängnisaufenthalten in Lüneburg und Hamburg in das KZ Ravensbrück eingeliefert und von dort im April 1943 entlassen. Ein von ihr gestellter Wiedergutmachungsantrag wurde 1956 abgelehnt. Sie starb 2009.Gedenkveranstaltung in Heidenau
An der Gedenkveranstaltung haben Gemeindevertreter, Heidenauer Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter des Forums für Zivilcourage teilgenommen. Dort wurde an die Ermordung von Bosleslaw Zimakowski und Wilhelm Bellmann durch das Nazi-Regime erinnert.
Wilhelm Bellmann wurde am 11. September in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Er starb am 10. Februar 1940 im Alter von 52 Jahren. Boleslaw Zimakowski war als Zwangsarbeiter in Heidenau. Er wurde am 27.10.1942 am Weg nach Hollinde gehängt. Er war 33 Jahre alt.
Emma Schultz legte eine weiße Rose an den Stolpersteinen nieder, damit die Namen nicht vergessen werden.
Alle Schicksale sind nachzulesen auf der Seite der Töster Bürgerstiftung
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