Deutsche Bahn und Deutschlandtakt
Kein ICE hält im Landkreis Harburg
Wo genau soll eine Bahntrasse an der A7 entlangführen, wenn der Deutschlandtakt kommt? Welche Vorteile hätte der Landkreis Harburg? Das WOCHENBLATT fragte bei der Deutschen Bahn und beim Bundesverkehrsministerium nach. Beide Stellen betonen, dass es noch kein Ergebnis gibt und mit einer ersten Vorplanung frühestens im Herbst zu rechnen sei. Erst dann entscheide das Bundesverkehrsministerium, welcher der drei möglichen Trassenkorridore, die sich nach wie vor in der Prüfung befänden - eine im Bestand, eine bestandsnahe und eine bestandsferne Variante (entlang der A7) - umgesetzt werden soll. "Wir machen das, was der Bund beauftragt", betont Peter Mantik, Sprecher der DB AG. Die Kommunen würden fortlaufend über die Zwischenstände informiert.
Neue Haltepunkte muss
das Land finanzieren
"Der Bund hat die gewünschte Fahrtzeit zwischen Hamburg und Hannover für ICE und ICE-Sprinter mit 59 Minuten vorgegeben", sagt Peter Mantik. Dabei ist aber kein einziger Halt unterwegs vorgesehen, auch nicht in Harburg oder im Landkreis Harburg. Auch andere Zug-Typen könnten auf der Strecke Hamburg-Hannover fahren und an vorhandenen Haltepunkten halten - mit entsprechend längerer Fahrtzeit. Für den Nahverkehr und mögliche neue Haltepunkte sei das Land zuständig und somit auch für deren Finanzierung, sagt Mantik.
Klar dürfte sein: Die langsameren Züge dürften die schnelleren ICE nicht ausbremsen. Und ob Niedersachsen neue Haltepunkte bauen wird, ist ungewiss.
Auch wenn die ICE je nach Baureihe eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 330 km/h erreichen, sagt Mantik: "Wir fahren bei einer Neubaustrecke 'nur' 250 km/h, also gar nicht 300 km/h." Laut der DB-Homepage "Inside Bahn" erlaube das Streckennetz in Deutschland maximal 300 km/h.
Wenn die Bahn die Ergebnisse ihrer Variantenprüfungen im Herbst vorgelegt hat, beginne die tiefergehende Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Dann erst könnten auch Angaben zu möglichen Kosten getroffen werden. Vor einer endgültigen Entscheidung werde der Bund die Landesregierung und die Region einladen und anhören. Danach werde sich der Bundestag mit der Vorzugsvariante befassen. Der Verkehrsausschuss im Bundestag werde sich auch mit Schutzmaßnahmen auseinandersetzen, die über das normale Maß hinausgehen, wie bei der Strecke Rotenburg-Verden, also mit verbessertem Lärmschutz.
Robust und
weniger störanfällig
Als Vorteile der Deutschlandtakt-Strecke Hamburg-Hannover für die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Harburg nennt Peter Mantik: "Ein robustes, weniger störanfälliges Schienennetzwerk, das die Leute in die Metropolregion und nach Hamburg bringt mit der Möglichkeit für das Land Niedersachsen, weitere Haltepunkte zu schaffen."
• Kartenmaterial wollte der Bahnsprecher nicht liefern. Er verweist für Informationen zu den drei Trassenkorridoren, die geprüft werden, sowie über den Stand des Verfahrens auf www.infomarkt.hamburg-bremen-hannover.de/
Der Suchraum
Der Untersuchungsraum reicht im Westen etwa bis zur Autobahn A7, im Osten ca. bis zur bestehenden Bahnstrecke Hamburg–Hannover. Im Süden bildet die Region Hannover die Grenze, im Norden die Landesgrenze zu Hamburg.
Für die Trassenfindung gibt es ein sogenanntes Bündelungsgebot. Das besagt: Neue Straßen oder Bahnschienen sollen – wenn möglich – neben bereits bestehende Autobahnen, Kanäle, Bahntrassen oder Stromleitungen gelegt werden. Durch diese „Bündelung“ soll die Zerschneidung von Landschaften vermieden und die Natur so gut wie möglich geschützt werden. Das gibt das Bundesnaturschutzgesetz so vor.
Alpha-E
Die Planung der im Dialogforum Schiene Nord erarbeiteten Vorzugsvariante Alpha-E, dem Ausbau des bestehenden Schienennetzes, wurde Anfang 2016 in einer ergänzten Fassung als "optimiertes Alpha-E plus Bremen" in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen. Dieses "optimierte Alpha-E plus Bremen" werde nicht verlassen, betont DB-AG-Sprecher Mantik.
Laut dem damaligen Stand des Dialogforums hieße es: "Mit der Entscheidung für die Vorzugsvariante entfallen alle anderen Trassenvarianten und werden nicht weiter verfolgt." Der Neubau einer Bahntrasse entlang der A7 im Zuge des Deutschlandtaktes würde dem widersprechen.
Auf ein Wort: Besser in marode Infrastruktur investieren
Ein robustes, weniger störanfälliges Schienennetz wünschen sich sicherlich alle Bahnfahrerinnen und -fahrer. Warum aber Millionen Euro in ein fragwürdiges Projekt investieren, das nur wenigen Bahnfahrern echte Vorteile bietet?
Statt ständig in neue Planungen zu investieren und dauernd unter unterschiedlichen Überschriften eine Bahntrasse entlang der A7 zu forcieren, wäre es sinnvoller, wenn Bund und Land zunächst endlich in die vorhandene Infrastruktur investieren würden - in vernünftige, ausreichend dimensionierte Züge, funktionierende Gleise, Weichen und Stellwerke sowie mehr Personal. Die Mängel an den genannten und weiteren Dingen sorgen täglich dafür, dass Tausende Pendler sich über Zugausfälle und -verspätungen ärgern müssen. Bianca Marquardt
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