Zugverkehr im Heidekreuz
Unternehmen "Start" wird abgemahnt
Dauernde Verspätungen und Zugausfälle - viele Pendler beklagen seit Monaten die Unzuverlässigkeit der Zugverbindungen, u.a. auf der Strecke Handeloh-Buchholz-Hamburg, seit das Unternehmen Start Deutschland GmbH, ein Tochterunternehmen der DB Regio AG, den Betrieb der Heidebahnstrecke übernommen hat. Viele steigen lieber wieder aufs Auto um. Der Fahrgastbeirat Pro Bahn hat jetzt die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) aufgefordert, umgehend eine Kündigung des Vertrages mit Start Niedersachsen Mitte vorzubereiten. Die LNVG hat ihrerseits "Start" abgemahnt. Eine Kündigung des Vertrags ist indes nicht so einfach - und auch nicht im Sinne der Bahnfahrerinnen und -fahrer.
Unter Personalmangel leiden
alle Eisenbahnunternehmen
„Was derzeit von 'Start' geboten wird, ist absolut inakzeptabel und muss harte Konsequenzen nach sich ziehen“, sagt Malte Diehl, Landesvorsitzender von Pro Bahn in Niedersachsen und Bremen. „Unter Personalmangel leiden alle Eisenbahnunternehmen, aber 'Start' ist das Einzige in Niedersachsen, das es nicht schafft, genügend Fahrzeuge instandzuhalten, obwohl ausreichend Reserven bestehen. Hinzu kommen zahlreiche andere von 'Start' zu verantwortende Pannen, die den Bogen einfach überspannen.“
Pro Bahn verweist darauf, dass auch nach den offiziellen, von der LNVG erhobenen Zahlen bereits vergangenes Jahr "Start" mit großem Abstand die meisten technisch bedingten Zugausfälle zu verzeichnen hatte. Seit der Betriebsübernahme im Dezember 2021 wäre mehr als genug Zeit gewesen, Schwachstellen in der Wartung zu beseitigen. Da der eingesetzte Fahrzeugtyp LINT 41 mit mehreren hundert Exemplaren bei zahlreichen anderen Bahnen in ganz Deutschland weitgehend störungsfrei im Einsatz sei, läge es nahe, dass es sich hier um ein fortgesetztes organisatorisches Versagen bei "Start" handele.
Oft marode und
eingleisige Infrastruktur
Zwar könne nicht jede Verspätung und jeder Ausfall "Start" angelastet werden; auch die oft marode und eingleisige Infrastruktur mit nur wenigen Kreuzungsmöglichkeiten sorge für Probleme. Die Quote der technisch bedingten Zugausfälle läge "aber dramatisch über der aller anderen niedersächsischen Eisenbahnverkehrsunternehmen im Schienenpersonennahverkehr".
„Nach unserer Kenntnis gab es bereits Fälle, in denen die schlechte Betriebsqualität von 'Start' Einfluss auf die Wahl der weiterführenden Schulen und von Arbeitsplatzangeboten genommen hat. Das Maß ist voll!“, so Landesvorsitzender Diehl.
Am 11. Juli 2023
Abmahnung ausgesprochen
LNGV-Pressesprecher Dirk Altwig informiert: "Aufgrund der schlechten Qualität, die 'Start' geliefert hat, hat die LNVG am 11. Juli 2023 eine Abmahnung ausgesprochen - auch im Namen der weiteren Aufgabenträger Freie Hansestadt Bremen, Region Hannover, Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und der Freien und Hansestadt Hamburg. Wir erwarten, dass die Ursachen der massiven Schlechtleistung kurzfristig beseitigt werden. Wir werden, wenn nötig, weitere rechtliche Schritte prüfen. Unser vorrangiges Ziel ist, dass Start die vereinbarte Leistung abliefert."
Die Probleme lägen in erster Linie in den Instandhaltungsprozessen bei Start Niedersachsen Mitte. Deswegen habe die LNVG Ende Juni einen Gutachter damit beauftragt, die Instandhaltungsprozesse in der Werkstatt zu überprüfen. Die Ergebnisse der Überprüfung sollten in dieser Woche vorliegen. Neben den Instandhaltungsprozessen überprüfe der Gutachter auch den Zustand einzelner Fahrzeuge.
Wenn nötig, werden weitere
rechtliche Schritte geprüft
"Wir werden, wenn nötig, weitere rechtliche Schritte prüfen. Unser vorrangiges Ziel ist aber ausdrücklich, dass 'Start' die vereinbarte Leistung abliefert", sagt Dirk Altwig. Jeder Vertrag erfordere - juristisch gesehen - vor der Kündigung aufgrund schlechter Leistung die Androhungen von Abmahnungen und mehrere Abmahnungen. "Praktisch bedeutet eine Kündigung des Vertrages, dass das Eisenbahnverkehrsunternehmen keine Fahrgäste mehr transportieren muss. Der Transport muss jedoch ununterbrochen sichergestellt werden. Deswegen hilft eine Kündigung des Vertrages nur, wenn ein anderes Unternehmen den Vertrag erfüllen könnte. Dies setzt voraus, dass das andere Unternehmen über entsprechende Triebfahrzeugführer verfügt. Angesichts des momentanen Fachkräftemangels ist dies eine große Herausforderung. Außerdem gibt es das Problem, dass die Fahrzeuge zur Verfügung stehen müssten. Gerade hier gibt es aber einen Instandhaltungsstau."
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