Planungsausschuss Tostedt
Wohnen contra Gewerbe in der Zinnhütte
bim. Tostedt. Günstiger Wohnraum ist überall Mangelware - auch in Tostedt. Dennoch sprach sich jetzt der Planungs- und Umweltausschuss der Gemeinde im Grunde gegen das Vorhaben der Deutschen Reihenhaus AG aus, im Gewerbegebiet Zinnhütte 28 Wohneinheiten in Reihenhäusern zu errichten. Denn die Mehrheit der Ausschussmitglieder stimmte für den Antrag des CDU-Ratsherrn Wolfgang Zahn, die Änderung des Bebauungsplans von einem Gewerbe- in ein Mischgebiet für Wohnen und nicht störende, gewerbliche Betriebe nicht in Aussicht zu stellen.
Auf der nördlichen Seite der Zinnhütte will die Eigentümergemeinschaft Beyer ein Mehrfamilienhaus errichten. Dagegen hatte die Mehrheit der Ausschussmitglieder eigentlich keine Bedenken.
Das Problem auf der südlichen Seite: Wegen des Betonwerks und des Bauhofs in unmittelbarer Nähe sowie dem von dort zu erwartenden Lärm sieht die Ortspolitik die Bebauung kritisch. Denn diese Betriebe dürfen in ihrer Nutzung durch die Wohnbebauung nicht eingeschränkt werden. Das sollte der damalige Grundstücksbesitzer Eddy Meyer-Rochow mit einem Lärmgutachten und einem städtebaulichen Konzept nachweisen. Inzwischen hat die Deutsche Reihenhaus AG die Fläche von Eddy Meyer-Rochow erworben.
Laut dem aktuell von der Deutschen Reihenhaus AG vorgelegten Lärmgutachten werden die Lärmwerte durch die Gewerbebetriebe, Straßen und Schiene deutlich oder teilweise überschritten. Darauf könne laut Verwaltung aber mit geänderten Grundrissen und schallgedämmten Lüftungsöffnungen reagiert werden. Nicht untersucht wurde in dem Lärmschutzgutachten allerdings bisher, wie die gesunden Arbeitsverhältnisse beim Betonwerk und Bauhof ohne Nutzungseinschränkung gewährleistet werden. "Da gibt es noch viel Kärungsbedarf", so Bauamtsleiter Axel Seute. Andererseits möchte die Deutsche Reihenhaus AG eine Perspektive haben, bevor weitere (teure) Untersuchungen eingeleitet werden.
"Wir wollen bezahlbares Wohneigentum ermöglichen", erklärte Stadtplaner Florian Arnold. Möglich sei das, weil das Unternehmen in ganz Deutschland drei gleiche, industriell gefertigte Wohnformen anbiete. Die Deutsche Reihenhaus AG möchte auf der Wiese in der Zinnhütte auf 7.200 Quadratmetern fünf Reihenhausgruppen mit 28 Wohneinheiten errichten in zwei Haustypen, jeweils mit zwei Vollgeschossen und ausgebautem Dachgeschoss: der eine mit 145 Quadratmetern Wohnfläche und einer Firsthöhe von 10,42 Metern, der andere mit 120 Quadratmetern mit einer Firsthöhe von 9,51 Metern.
Wie berichtet, war der frühere Grundstücksbesitzer Eddy Meyer-Rochow bereits im März 2018 mit seinem Anliegen, südlich der Zinnhütte Wohnen zu ermöglichen, gescheitert. Bei einem Ortstermin mit dem WOCHENBLATT im vergangenen Jahr hatte er sein Unverständnis darüber geäußert, dass die Politik in direkter Bahnhofsnähe zwar Bebauung zulasse, nicht aber in der Zinnhütte, zumal an die betreffende Fläche unmittelbar Wohnbebauung anschließt. Was die Ansiedlung von Gewerbebetrieben angeht, waren Meyer-Rochow zwischenzeitlich die Hände gebunden. Denn in der Zinnhütte galt eine Veränderungssperre, weil politisch zunächst festgelegt werden sollte, welche weiteren Betriebe in dem Gewerbegebiet zulässig sein sollen, um den Einzelhandel im Ortskern nicht zu gefährden. Unter anderem Lebensmittelmärkte sind demnach ausgeschlossen. Vorstellbar wäre auf der Fläche laut Planungsausschuss z.B. ein Kfz-Händler, dem Ansiedlungswillen eines solchen am ehemaligen Lidl-Standort nahe der B75 hatte der Gemeinderat kürzlich eine Abfuhr erteilt.
Wolfgang Zahn (CDU) hielt die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zwar für eine gute Idee, aber: "Das Gewerbegebiet an der B75 ist ausverkauft, es gibt keine nennenswerte Reserve für Gewerbeansiedlungen." Das sowie die Lärmproblematik und die mögliche Einschränkung der bestehenden Gewerbebetriebe sprechen demnach für die CDU gegen die Umwandlung der Fläche in ein Mischgebiet.
Der unabhängige Ratsherr Burkhard Allwardt war hin- und hergerissen: "Preisgünstiges Wohnen haben wir nicht. Aber wie groß ist später bei den Bewohnern der Meckerfaktor?", fragte er. Denn in der Vergangenheit sei es schon vorgekommen, dass sich Zugezogene über den Lärm eines krähenden Hahns beschwert hätten, obwohl sie bewusst ins Ländliche gezogen waren.
Letztlich stimmte der Ausschuss mehrheitlich bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen dafür, eine Bebauungsplanänderung nicht in Aussicht zu stellen. Eine Entscheidung trifft der Rat in seiner Sitzung am 24. September.
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