Ist die Heilung von schwarzem Hautkrebs in Sicht? Interview mit Dr. Peter Mohr, Leiter des Hautkrebszentrums in Buxtehude

Dr. Peter Mohr | Foto: Elbeklinikum Buxtehude

(bim/nw). Der schwarze Hautkrebs gehörte bislang zu den Krankheiten mit der höchsten Sterberate. Doch neue zielgerichtete Kombinationstherapien und neue Immuntherapien lassen die Überlebensraten schon heute deutlich steigern. Dr. Peter Mohr, Chefarzt der Klinik für Dermatologie des Elbe Klinikums Buxtehude, Leiter des Hautkrebszentrums in Buxtehude und ehrenamtliches Kuratoriumsmitglied der Hiege-Stiftung gegen Hautkrebs, berichtet im WOCHENBLATT-Interview über die rasante Entwicklung bei der Behandlung von schwarzem Hautkrebs.
WOCHENBLATT: Herr Dr. Mohr, nach jahrzehntelangem Stillstand bei der Suche nach Methoden zur erfolgreichen Behandlung des Melanoms sind in den vergangenen fünf Jahren gleich sechs neue Substanzen und deren Kombinationen zugelassen worden. Was gab den Anstoß für die beeindruckenden Erfolge bei der Behandlung des malignem Melanoms?
Dr. Peter Mohr: Im Bereich der zielgerichteten Therapie gab die Entdeckung des Mutationscodes durch Boris Bastian im Jahre 2003 den Startschuss. Diese führte zu einem Durchbruch in der Medizin. Wir haben erkannt, wie die Mutation abläuft und wie sich die Zelle verändert. Wir konnten Medikamente entwickeln, die der Mutation entgegenwirken, die Signalgebung innerhalb der Krebszelle blockieren. Die erste zugelassene Substanz war 2011 das Vemurefenib. Das Ergebnis der ersten klinischen Studien war überwältigend: 90 Prozent der Patienten profitierten von der Therapie, denn der Tumor wurde kleiner, oder sein Wachstum kam zum Stillstand. Die Substanz wirkte extrem schnell. Die Erfolge hielten aber häufiger nicht lange vor, weil die Krebszellen Resistenzen entwickelten.
WOCHENBLATT:
Welche Behandlungsmethoden wurden daraufhin entwickelt?
Dr. Peter Mohr: Moderne zielgerichtete Therapien der darauffolgenden Generation unterbrechen den Signalweg an zwei Stellen, dadurch wird eine Resistenzentwicklung seltener und ihr wird im Fall einer Entstehung wesentlich länger entgegengewirkt. Rund die Hälfte aller Patienten mit malignem Melanom können damit behandelt werden. Durch die Forschungen im Bereich Resistenzbildung konnten weitere Substanzen entwickelt werden, die einen weiteren „Kommunikationsweg“ innerhalb der Krebszelle blockieren, etwa durch die Kombination der Wirkstoffe Trametinib und Dabrafenib. Es werden heute auch die Substanzen Cobimetinib mit Vemurafenib kombiniert. Diese Wirkstoffe sind in der Kombination seit etwa einem halben Jahr zugelassen und verändern die Situation für die Erkrankten deutlich. Die neuen Medikamente sind für Patienten mit Metastasen eine Revolution.
WOCHENBLATT:
Warum feiert die Immuntherapie gerade beim Kampf gegen das Melanom so große Erfolge?
Dr. Peter Mohr: Bei der Immuntherapie des Melanoms wurde 2011 der Wirkstoff Ipilinumab zugelassen. Er bekämpft nicht den Tumor, sondern regt das Immunsystem an, Tumorzellen anzugreifen. Das Immunsystem ist sehr komplex und eigentlich dafür da, Bakterien und Viren, aber auch Krebszellen anzugreifen. Dieser Angriff kann aber durch die Krebszelle selbst verhindert werden. Wir haben nach fünf Jahren das Ergebnis, dass 20 Prozent der Patienten nicht nur überlebt haben, sondern als wahrscheinlich überwiegend geheilt gelten. Doch die Forschung geht weiter: Neue Wirkstoffe wie das Pembrolizumab und Nivolumab und auch Kombinationen von Wirkstoffen im Bereich Immuntherapie verbessern die Überlebensrate. Die Erfolge in der Immuntherapie beim Melanom sind ein Meilenstein in der Krebstherapie für fast alle Tumorerkrankungen.
WOCHENBLATT:
Wird Krebs heilbar sein?
Dr. Peter Mohr:
Es laufen jetzt die Studien zur Kombination der beiden neuen Therapieansätze an, um die Langzeitüberlebensrate bzw. ggf. die Heilungsrate noch weiter zu erhöhen. In ca. drei Jahren werden wir wahrscheinlich in die Situation kommen, dass wir die Hälfte der Patienten mit einem fortgeschrittenen Melanom in ein Langzeitüberleben führen oder hoffentlich heilen können. An der Stelle machen wir aber nicht Schluss: Zum einen können wir die zielgerichteten Behandlungen mit den Immuntherapien kombinieren, zum anderen gibt es eine Fülle von anderen Substanzen, die wir benutzen können, um das Immunsystem zu beeinflussen. Ich denke, dass wir dem Hautkrebs über kurz oder lang den Schrecken abringen und den schwarzen Hautkrebs mit akzeptablen Nebenwirkungen behandelbar machen können.

Zur Person:

Dr. Peter Mohr graduierte 1989 von der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg, wo er im gleichen Jahr auch promovierte. 1994 wurde Dr. Mohr Facharzt für Dermatologie und Venerologie und ein Jahr später Oberarzt am Dermatologischen Zentrum in Buxtehude. Seit Dezember 2011 ist er leitender Arzt des nach OnkoZert zertifizierten Hautkrebszentrums Buxtehude. Seit dem 1. Dezember 2012 leiten Dr. Peter Mohr gemeinsam mit Dr. Andreas Kleinheinz als Chefärzte die Klinik für Dermatologie am Elbeklinikum in Buxtehude.
Dr. Mohr ist Mitglied einer Reihe von Vorständen einschließlich der Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Onkologie (ADO), wo er von 2002 bis 2008 als Schatzmeister tätig war und seit 2008 Sekretär ist sowie der Global Melanoma Task Force (GMTF). 2005 wurde er auch in den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP e.V.) gewählt. Er engagiert sich ehrenamtlich im Kuratorium der Hiege-Stiftung gegen Hautkrebs.

Dr. Mohr ist besonders spezialisiert in den Bereichen der Diagnostik und Therapie von Hautkrebs und dem malignen Melanom sowie dermatologischer Chirurgie, Palliativmedizin, Medikamentöse Tumortherapie, Forschung und der Weiterbildung von ärztlichem Personal. Er ist Principle Investigator in über 50 klinischen Studien und hat mehr als 300 nationale und internationale Vorträge gehalten. Er hat umfangreich und hochrangig auf dem Gebiet der Dermato-Onkologie publiziert.

Über die Stiftung:

Die Hiege-Stiftung gegen Hautkrebs wurde 2006 von Familie Hiege in Erinnerung an Fleur Hiege gegründet. Fleur verstarb im Alter von nur 32 Jahren an schwarzem Hautkrebs. Ziel der Stiftung ist es, die Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Diagnostik und der Behandlung von Hautkrebs, insbesondere des schwarzen Hautkrebses, voranzubringen und die Prävention von Hautkrebs zu fördern. Insgesamt konnte die Stiftung die Hautkrebsforschung in Deutschland bisher mit rund einer Million Euro unterstützen. Die Stiftung ist die führende Privatstiftung gegen Hautkrebs. Infos unter www.hiege-stiftung-gegen-hautkrebs.de.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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