"Der coolste Job der Welt" - Heimisches Kälteanlagenbau-Unternehmen erhält fachliche Verstärkung aus Spanien
bim. Winsen/Stade. „Was wäre das Leben ohne Handwerk?“, wird in einem provokanten Werbesport gefragt. Darin fallen Tapeten von den Wänden und Autos auseinander - am Ende sind die Darsteller in die Steinzeit zurückversetzt. Die Vorzüge der handwerklichen Berufe und Folgen des Fachkräftemangels stellen die Handwerkskammern in einer vom Deutschen Handwerkskammertag initiierten Imagekampagne dar. Das WOCHENBLATT nimmt sich des Themas im Rahmen einer verlagsübergreifenden Kampagne des Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) an.
Obwohl in Niedersachsen und im Bezirk der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade eine leichte Zunahme bei der Anzahl der abgeschlossenen Lehrverträge verzeichnet wird, ist dieser positive Trend nicht in den Landkreisen Harburg und Stade zu spüren, da beide Landkreise unter der Sogwirkung Hamburgs leiden, sagt Günter Neumann von der Handwerkskammer.
Als Gründe für den Fachkräftemangel im Handwerk nennt Neumann zum Teil tradierte Vorstellungen der jungen Menschen über die Inhalte der Ausbildungsberufe, die jedoch inzwischen modernisiert worden sind. Arbeitsbedingungen wie etwa die frühen Arbeitszeiten als Bäcker würden viele Jugendliche als unattraktiv empfinden. Zudem gebe es politisch und gesellschaftlich den Trend zu höheren Schulabschlüssen und zur Akademisierung. „Dadurch streben die Schulabgänger eher eine hochschulische, eine Berufsschul- oder kaufmännische Ausbildung an“, so Neumann.
Die Mitarbeiter der Ausbildungsberatung der Handwerkskammer besuchen daher Schulen und Messen, um Schüler und Eltern über Ausbildungsmöglichkeiten zu informieren.
Schließlich würden ohne Fachleute Produkte qualitativ minderwertiger, nicht mehr repariert und Dienstleistungen schlechter ausgeführt. Wie man dem Fachkräftemangel auch begegnen kann, zeigt das Beispiel des Kälteanlagenbau-Unternehmens "Gerke - Kälte - Klima".
Von der Planung über die Installation und Wartung bis hin zum Notdienst bietet das Unternehmen alle Leistungen rund um Klima- und Kühlanlagen, die z.B. in der Lebensmittelbranche, in der Hotellerie und Industrie aber auch bei Privatkunden zum Einsatz kommen. Eigentlich ein abwechslungsreiches Tätigkeitsfeld. Doch auch dort macht sich der Fachkräftemangel schon „eine ganze Weile“ bemerkbar, wie Firmenchefin Manuela Gerke erklärt. Über das weltweit agierende Vermittlungsnetzwerk „Business Network International“ (BNI) und eine Würzburger Personalberatung fand sie nun zwei spanische Fachkräfte.
Manuela Gerke ist Mitglied des Vorstandes der Landesinnung Kälte- und Klimatechnik Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, die ca. 60 Betriebe betreut. „Eigentlich jeder Betrieb ist vom Fachkräftemangel betroffen. Daher nehmen wir in unserem Gewerk viele Quereinsteiger, am liebsten Elektrotechniker, denn der Beruf hat mit Elektrotechnik, Metall, Physik und Chemie zu tun“, erklärt Manuela Gerke.
Seit drei Jahren heißen die Kältemonteure „Mechatroniker für Kältetechnik“, um den Beruf für junge Leute attraktiver zu machen. Diesen bewirbt die Handwerkskammer im Rahmen ihrer Imagekampagne als „coolsten Job der Welt“. Wenig bekannt sei auch, dass man im Handwerk Karriere machen und sich zum Techniker, Projektleiter und Meister weiterbilden kann, so Manuela Gerke.
In ihrem Unternehmen mit Sitz in Kakenstorf (Samtgemeinde Tostedt, Landkreis Harburg) sind inklusive der Auszubildenden 25 Mitarbeiter beschäftigt, davon zwölf Kältemonteure. „Wir bilden selbst aus. Aber oft ziehen große Firmen der Industrie uns die Fachkräfte ab. Die zahlen mehr Geld als ein Handwerksbetrieb, obwohl wir schon übertarifliche Löhne zahlen“, so Manuela Gerke. Kompetente, erfahrene Mitarbeiter fehlten ihr zuletzt, um Urlaubs- und Krankenzeiten abzudecken.
Da kam ihr die Vermittlung über das BNI und die auf spanische Fachkräfte spezialisierte POD-Personalberatung zugute. Seit Anfang des Monats unterstützen die Kältemonteure Manuel Claur Saiz (24) und Victor Torregrosa Aparici (26) das Gerke-Team. Die beiden haben ihre Ausbildung in Valencia absolviert und dort auch einen zweimonatigen Deutschkursus besucht.
„Die Verständigung ist zwar noch etwas holprig, aber mit dem iPhone-Übersetzer und dem Wörterbuch klappt das. Die beiden haben sich gut eingearbeitet“, sagt Manuela Gerke. Auch für Manuel Claur Saiz und Victor Torregrosa Aparici ist die Vermittlung ein Glücksgriff, da sie in Spanien keine vergleichbaren Perspektiven gehabt hätten. Ihre gemeinsame Wohnung unweit des Unternehmens, ihre Kollegen und ihre Chefin gefallen ihnen gut, erklären sie strahlend.
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