Die Tricks der Autobranche
Wie Kunden für Wartung und Reparatur mehr zahlen müssen, damit die Hersteller profitieren
bim. Tostedt. Wenn der Scheinwerfer den Geist aufgibt, einfach die Motorhaube öffnen und die Birne auswechseln - das war früher ein Kinderspiel. Bei den meisten Modellen erfordert das heute den Besuch einer Werkstatt. Wie Auto-Hersteller und Vertragswerkstätten durch bestimmte "Tricks" Umsatz generieren, damit hat Uwe Braun von "Braun Auto & Caravan" in Tostedt regelmäßig zu tun. In seiner freien Werkstatt filmte zwei Tage lang der NDR für die Reihe "Marktreporter decken auf".
"Ein Automobilhersteller baut die Karosserie, der Rest - etwa 80 Prozent - wird über Teile-Zulieferer dazu gekauft. Die Hersteller überlegen, wie man Teile so blockiert, damit diese nur dort bezogen werden können", erläutert Uwe Braun.
Ein "Blockade"-Beispiel: Batterien des gleichen Herstellers werden den Autobauern ans Band und an den freien Teilemarkt geliefert. Kauft ein Kunde eine solche Batterie für ein bestimmtes Auto-Modell in einer freien Werkstatt wie Braun und baut diese ein, läuft zwar der Motor, aber Bereiche des Komfortsystems wie Klimaanlage oder Sitzheizung fallen zunächst aus. "Damit diese Batterie sofort funktioniert, muss dem Steuergerät des Autos mit einem Diagnosegerät erst 'vermittelt' werden, dass es eine neue Batterie bekommen hat. Dafür benötigt man die Original-Teilenummer auf der Batterie. Der Clou: Die steht zwar auf der Batterie eines Vertragshändlers, aber nicht auf der, die für den freien Handel vorgesehen ist", erläutert Uwe Braun. Der Preisunterschied bei dieser baugleichen Batterie liege bei 70 Euro, sagt Braun.
Beispiel Werkstattkosten: Bei einem Auto älterer Bauart lässt sich die Scheinwerfer-Birne umgehend austauschen. Bei einem aktuellen Modell müssen dafür Stoßstange ab- und Scheinwerfer ausgebaut werden. "Der Preisunterschied beim Einbau-Service liegt zwischen 5 und 50 Euro", so Braun.
"Wir als freie Werkstatt geben die Preisvorteile an unsere Kunden weiter. Wartung und Reparatur erfolgen ohne Qualitätsverlust. Autohersteller wollen die Kunden aber in ihre Vertragswerkstätten bekommen", so Braun. Früher funktionierte das, indem die Garantie oder Gewährleistung für ein Auto nur dann griff, wenn es in der Vertragswerkstatt gewartet wurde. Diese Regelung habe der Gesetzgeber 2003 gekippt. Nun sei "Fremdgehen erlaubt", wie Uwe Braun es auf den Punkt bringt. "Jeder kann die Wartung und Reparatur nach Herstellervorgaben machen." Also wird sich die Automobilindustrie sicher bald weitere Tricks zur "Kundenbindung" einfallen lassen.
• Der NDR-Beitrag wird am 15. April um 21 Uhr im TV gezeigt.
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