Haftstrafe für Asylbewerber - Sachbearbeiterin angegriffen / Angeklagter mit verschiedenen Identitäten
thl. Winsen. „Fahr zur Hölle!“ Mit deftigen Worten „verabschiedete“ sich Asylbewerber Mosez S. (26, Name geändert) vom Strafrichter am Winsener Amtsgericht. Dieser hatte ihn gerade in einem sogenannten beschleunigten Verfahren wegen versuchter Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von fünf Monaten und drei Wochen ohne Bewährung verurteilt - die Höchststrafe, die in so einem Verfahren ausgesprochen werden darf.
Was war passiert? Am Montag begab sich Mosez S. zur Ausländerbehörde im Winsener Kreishaus und wollte Geld. Stattdessen bekam er aber zu hören, dass sein Asylantrag abgelehnt wurde und er nach Italien ausreisen solle, wo er bei seiner Ankunft in Europa auch schon Asyl beantragt hatte. Doch der junge Mann dachte gar nicht daran. Er entriss der Sachbearbeiterin seine Meldebescheinigung, zerriss diese und warf sie auf den Boden. Als die Frau die Papierstücke aufheben wollte, versuchte Mosez S. ihr mehrmals gegen den Kopf zu treten. „Er hat mit seinem Bein richtig ausgeholt und von der Seite her getreten. Ich konnte im letzten Moment meinen Kopf wegziehen“, sagte die Landkreis-Mitarbeiterin vor Gericht aus.
Als die herbeigerufene Security Mosez S. „herausbegleiten“ wollte, griff er in seine Jackentasche, in der ein Messer steckte. Doch noch bevor er es ziehen konnte, hielt ihn ein anderer Asylbewerber fest und entwaffnete ihn. Zum „Dank“ biss Mosez S. ihm in die Schulter.
Vor Gericht stritt der Angeklagte alles ab. Er habe sich nur gewehrt. Und das Messer habe er nicht ziehen wollen, das habe er nur mitgehabt, um sich unterwegs einen Apfel zu schneiden. Zudem sei er betrunken gewesen und könne sich an nichts erinnern.
Allerdings scheint Mosez S. öfter Probleme mit seiner Erinnerung zu haben. Bei der Verhandlung kam nämlich heraus, dass er unter mindestens vier verschiedenen Namen in der Bundesrepublik Asyl beantragt hat. Mal kam es aus dem Sudan, mal aus Ghana.
„Im Prinzip wissen wir gar nicht, wer Sie wirklich sind“, so der Richter. „Wir wissen aber, dass Sie, seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, ständig Straftaten begangen haben.“ So hatte Mosez S. unter anderem eine laufende Bewährung, weil er in Hamburg gestohlen, mit Drogen gehandelt und eine Körperverletzung begangen hatte. Zudem wurde er von der Staatsanwaltschaft Stade wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe per Haftbefehl gesucht, genauso wie von der Staatsanwaltschaft Hannover, die ihn wegen eines Ermittlungsverfahrens suchte.
Das könnte allerdings nur die Spitze des Eisberges sein, denn so wie es sich vor Gericht darstellte, hat Mosez S. an mehreren Orten zu Unrecht Sozialleistungen bezogen - allein im Landkreis Harburg rund 9.500 Euro.
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