Winsen
Arrogantes Verhalten statt Bürgerservice beim Landkreis Harburg
"Das ist kein Bürgerservice, das ist schlicht Arroganz", schimpfen Lutz Trenkner und seine Frau Birgit über den Landkreis Harburg. Denn das Ehepaar aus Winsen ist exemplarisch nicht nur in die Tücken der Digitalisierung geraten, sondern bei der Aufklärung auch auf sture Mitarbeiter getroffen.
Wie viele Autobesitzer, hatte auch Birgit Trenkner zu Beginn dieses Jahres ihre Autoversicherung gewechselt. Die neue Police wurde am 28. Dezember 2022 ausgestellt, mit Beginn 1. Januar 2023. Am 2. März flatterte ihr plötzlich eine Postzustellungsurkunde des Landkreises ins Haus. "Darin stand, dass mein Pkw nicht mehr versichert wäre und er deswegen sofort stillgelegt werden müsse", fasst Birgit Trenkner zusammen. Das Merkwürdige: Das Schreiben stammte vom 23. Februar. "Die in dem Schreiben gesetzte Frist endete genau am Tag der Zustellung", wundert sich Lutz Trenkner. "Sollte die Frist nicht eingehalten werden, würde der Landkreis sofort einen Vollstreckungsbeamten mit der Stilllegung des Autos beauftragen, was weitere Kosten als die bis jetzt schon aufgelaufenen 49 Euro zur Folge hätte, stand in dem Schreiben."
Sofort rief Trenkner beim Landkreis an. Dort kam heraus, dass die neue Versicherung angeblich die für die Umschreibung benötigte EVB-Nummer (Versicherungsnummer) nicht digital übersandt hatte. Deswegen sei der Wagen nicht mehr versichert, erfuhr er am Telefon. "Wir fielen aus allen Wolken und haben sofort unsere Versicherung informiert, die die EVB-Nummer umgehend noch einmal an den Landkreis übermittelte", so die Trenkners. Doch damit war die Sache noch lange nicht erledigt. "Auf Nachfrage, ob die EVB-Nummer da sei, hieß es, darüber bekomme ich keine Auskunft. Eine eingereichte Kopie der Versicherungspolice interessierte die Mitarbeiterin nicht. Sie bestand darauf, dass der Wagen nicht versichert war und wir deswegen die Kosten des Verfahrens zu tragen hätten. Ein Einspruch unsererseits wurde mit dem Hinweis abgelehnt, dass wir uns an das Verwaltungsgericht zu wenden hätten", schütteln Lutz und Birgit Trenkner ungläubig den Kopf. "Anstatt Fingerspitzengefühl walten zu lassen und echten Bürgerservice zu leisten, wurden wir wie Bittsteller abgefertigt. Dabei scheint das mit der fehlenden EVB-Nummer keine Seltenheit zu sein, hat uns unser Versicherer erzählt."
Der Bürger ist immer schuld
Eine fehlende EVB-Nummer für die neue Autoversicherung hat Lutz und Birgit Trenkner aus Winsen jede Menge Nerven und am Ende auch Geld gekostet. Dabei hatten sie eigentlich alles richtig gemacht, waren aber am Ende - zumindest für den Landkreis Harburg - doch die Dummen.
Seit 2008 gibt es die alten Doppelkarten bei Autoversicherungen nicht mehr. Die darauf stehende EVB-Nummer wird seitdem digital an die Zulassungsstelle gesendet. Das klappt aber offensichtlich nur bedingt. "In etwa jedem 100. Fall kommt die Nummer bei der Zulassungsstelle nicht an, erklärte uns unsere Versicherung", erzählt Birgit Trenkner.
Woran das liegt, ist unklar. Der Landkreis weist jedoch sämtliche Schuld von sich, so auch im Fall Trenkner. "Die Zulassungsbehörden müssen sich grundsätzlich auf die Richtigkeit der von den Versicherungen übermittelten Versicherungswechseln (EVB) und Anzeigen verlassen", sagt Sprecherin Katja Bendig. Übersetzt heißt das: "Wir machen alles richtig."
Auch die Gebühren hält Bendig für berechtigt: "Seit der Anzeige der alten Kfz-Haftpflichtversicherung vom 23. Februar, dass der Versicherungsschutz erloschen sei, bis zum Eingang einer neuen Versicherungsbestätigung am 2. März, also ca. eine Woche lang, war der Pkw nicht haftpflichtversichert. Dies ist ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz." Daran ändere auch der nachgereichte Versicherungsschein mit Ausstellungsdatum vom 28. Dezember 2022 nichts, denn es gebe eine sogenannte Nachversicherungspflicht. Das bedeutet, dass die neue Versicherung die entstandene zeitliche Lücke rückwirkend versichern muss.
"Hätten wir am 23. Februar gleich davon erfahren, hätten wir das an dem Tag noch geklärt", sagt Lutz Trenkner. Stattdessen machte die Schneckenpost diese Sache noch schlimmer. Warum die Postzustellungsurkunde eine ganze Woche benötigt hat, erklärt Bendig wie folgt: "Der Brief wurde am Donnerstag geschrieben und ist am Freitag in die Post gegangen. Dann lag das Wochenende dazwischen. Und am Ende können wir für das Tempo der Post nichts." Auch hier wieder: Der Landkreis ist sich keiner Schuld bewusst.
Die Trenkners haben jetzt die 49 Euro Verfahrenskosten bezahlt. "Aber nicht als Schuldeingeständnis, sondern weil wir keine Lust haben, uns vor dem Verwaltungsgericht mit der Behörde herumzustreiten", unterstreicht das Ehepaar und gibt allen Autofahrern, die ihre Versicherung wechseln, einen Tipp: "Am besten gleich am ersten Tag der neuen Versicherung beim Landkreis anrufen und fragen, ob die EVB-Nummer vorliegt. Sonst könnte es passieren, dass es anderen auch so ergeht wie uns."
Herr Landrat, übernehmen Sie!
Die Wege der digitalen Welt sind unergründlich. Und wo Menschen arbeiten, werden auch Fehler gemacht. Wenn es aber immer wieder vorkommt, dass EVB-Nummern verschwinden, ist es zu kurz gedacht, die Schuld nur auf die Versicherer zu schieben.
Hinzu kommt der Umgang mit den Bürgern. Anstatt die Sache vernünftig zu bewerten und einzusehen, dass im Fall der Trenkners alles richtig gemacht wurde, werden die beiden, die Jahrzehnte im öffentlichen Dienst gearbeitet haben, hingestellt wie Verbrecher.
Herr Landrat Rempe, das ist keine bürgernahe Verwaltung, sondern das Gegenteil davon. Sorgen Sie dafür, dass der Dienstleistungsgedanke wieder in den Vordergrund rückt. Übernehmen Sie! ^Thomas Lipinski
3 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.