Winsen
Ausgrabung im Herzen der Altstadt

Das alte Winsener Rathaus | Foto: Archäologisches Museum Hamburg
  • Das alte Winsener Rathaus
  • Foto: Archäologisches Museum Hamburg
  • hochgeladen von Thomas Lipinski

Die Vorbereitungen laufen, die Baustelle ist bezogen: Bis November führt das Archäologische Museum Hamburg eine Ausgrabung im Herzen der Altstadt von Winsen durch. Das Grabungsareal liegt auf historisch bedeutsamem Gelände, denn der nördliche Kirchvorplatz birgt ein einzigartiges Bodendenkmal-Ensemble. An dieser Stelle befanden sich seit dem Mittelalter das Rathaus der Stadt und ein städtischer Glockenturm. Darüber hinaus war die Fläche zwischen Kirche und ehemaligem Rathaus bis zum Jahr 1829 mindestens 600 Jahre lang ein Friedhof. Die Archäologen hoffen nun, dem Boden an einem der geschichtsträchtigsten Plätze Winsens seine Geheimnisse entlocken zu können, bevor die Neubebauung des Areals startet: Im Rahmen der Innenstadtsanierung „Winsen 2030“ soll hier zukünftig ein Wasserspiel errichtet werden.

Schon die Voruntersuchungen des Archäologischen Museums Hamburg im März erwiesen sich als Volltreffer: Es wurden historische Mauer- und Fundamentreste sowie Bestattungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert gefunden. "Das Rathaus, der Amtssitz des Stadtrates, stellte eines der zentralen Elemente einer mittelalterlichen Stadt dar. An dieser Stelle Winsens schlug über 700 Jahre lang das Herz der Stadt, und wir erwarten bei unseren Untersuchungen spannende neue Erkenntnisse zu deren Entstehung und Entwicklung“, sagt Kreisarchäologe Dr. Jochen Brandt. Mit modernster Grabungstechnik legen er und sein Team an dieser Stelle nun systematisch die Überreste des mittelalterlichen Stadtkerns frei. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich rund um den Kirchvorplatz viele Bauschichten übereinander aufgebaut, und der Boden unweit des früheren Rathauses hält für die Wissenschaftler immer wieder neue Überraschungen bereit.

Die Grabung in der Altstadt lässt ein bisher unbekanntes Bild der mittelalterlichen Stadt Winsen entstehen, das aus archivalischen Quellen allein nicht zu rekonstruieren wäre. Historische Bausubstanz und schriftliche Überlieferungen vermögen nur einen kleinen Ausschnitt der Lebenswirklichkeit dieser Zeit zu vermitteln, zumal das Winsener Stadtarchiv im 16. Jahrhundert bei einem großen Stadtbrand vernichtet wurde und nur noch wenige Urkunden im Niedersächsischen Staatsarchiv existieren. Auch das erste in historischen Aufzeichnungen erwähnte Rathaus fiel 1585 einem Feuer zum Opfer, wurde anschließend aber wiederaufgebaut und 1627 im Dreißigjährigen Krieg erneut zerstört. 1629 ließ die Stadt ein weiteres Mal ein Fachwerkhaus errichten, das bis 1928 Bestand hatte. Es wurde allerdings schon im Jahr 1895 in seiner Funktion als Rathaus abgelöst und schließlich als Gaststätte und Finanzamt genutzt. Die Ergebnisse der aktuellen Ausgrabung haben für die Erforschung der Stadtgeschichte einen besonderen Wert und gewähren einen völlig neuen Einblick in die Entstehung der Stadtstrukturen.

Interessierte können sich über das aktuelle Grabungsgeschehen auf den Social-Media-Kanälen des Archäologischen Museums Hamburg informieren. Hier werden regelmäßig aktuelle Informationen über die Fortschritte auf der Grabungsstelle geboten. Am Sonntag, 10. September, dem Tag des offenen Denkmals, bietet das Archäologische Museum Hamburg mehrere Führungen über das Gelände an.

Redakteur:

Thomas Lipinski aus Winsen

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