Erntedank
Die Ernte hat ihren Zauber zwar verloren - das Brauchtum gewinnt wieder an Bedeutung
(ts). Am ersten Sonntag des Oktober wird in Deutschland der Ernte gedacht. Mit deutlich weniger Trubel als üblich. Herbstmärkte und Erntewagen-Umzüge fielen und fallen wegen der Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aus. In Scharmbeck bei Winsen (Landkreis Harburg), wo seit 1949 immer im September eines der größten Erntefeste der Region gefeiert wird, blieb es ruhig.
Erntedank geht auf auf eine Zeit zurück, als es in jedem Dorf eine Frage des Überlebens war, dass die Saat auf dem Acker aufgeht. Eine starke religiöse Prägung habe das Fest bis in die 1960er-Jahre hinein gehabt, sagt der Historiker Stefan Zimmermann vom Freilichtmuseum am Kiekeberg (Landkreis Harburg). Heute, in Zeiten von Satelliten-gesteuerten Erntemaschinen und Melkrobotern hat die Ernte ihren Zauber verloren - und mit ihr die Unantastbarkeit des Berufsstandes der Bauern als Versorgern der Gesellschaft. Lebensmittel kommen aus dem Supermarkt. Landwirkte kämpfen um gesellschaftliche Anerkennung.
Landfrauenvereine und Kirchengemeinden pflegen heute das Erntedank-Brauchtum. Feldfrüchte, Getreide und Obst bilden in Kirchen die Dekoration zum Erntedankfest. Landfrauen, Kirchengemeindemitglieder und einzelne andere Bürger binden zum Beispiel in der Kirchengemeinde Hittfeld eine Erntekrone aus Getreide. Ihr sei der Besuch in der Kirche zu Erntedank wichtig, sagt die Kreisvorsitzende der Landfrauen im Landkreis Harburg, Sybille Kahnenbley. Schön sei das gemeinsame Singen eines Ernteliedes.
Erntedank habe für ihn persönlich eine große Bedeutung, sagt Kreislandwirt Martin Peters aus Drage in der Elbmarsch. Still für sich begeht er das Fest in Gedanken. Gut möglich, dass er sich am kommenden Sonntag um die Weizenaussaat kümmern muss. Trotz aller Technologie: Auch im 21. Jahrhundert wird nach den von den Jahreszeiten bestimmten Regeln gesät und geerntet.
Erntedank erlebe in einem neuen Zusammenhang eine Renaissance, sagt Historiker Stefan Zimmermann. Zur Pflege der Dorfgemeinschaft und in einer neuen Kultur zur Wertschätzung von Lebensmitteln, nachhaltig und regional produziert, erinnern sich die Menschen an das Brauchtum. "Wir erleben eine Rückbesinnung unter anderen Vorzeichen."
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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