Landkreis Harburg
Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter

Stellten die Kampagne vor (v. li.): Andrea Schrag (Gleichstellungsbeauftragte Landkreis Harburg), Katja Eggers (Feffa), Christine Arndt (Beratungsstelle für gewaltbetroffene Mädchen und Frauen), Dörthe Hein (Beratungsstelle BISS), Svenja Riebau (Gleichstellungsbeauftragte Winsen), Andreas Brammer (Jugendzentrum Salzhausen), Gerlinde Jörg (Gleichstellungsbeauftragte Jesteburg) und Hannah Seffzek (Bundesfreiwilligendienstleistende Netzwerk gegen häusliche Gewalt) | Foto: Landkreis Harburg
  • Stellten die Kampagne vor (v. li.): Andrea Schrag (Gleichstellungsbeauftragte Landkreis Harburg), Katja Eggers (Feffa), Christine Arndt (Beratungsstelle für gewaltbetroffene Mädchen und Frauen), Dörthe Hein (Beratungsstelle BISS), Svenja Riebau (Gleichstellungsbeauftragte Winsen), Andreas Brammer (Jugendzentrum Salzhausen), Gerlinde Jörg (Gleichstellungsbeauftragte Jesteburg) und Hannah Seffzek (Bundesfreiwilligendienstleistende Netzwerk gegen häusliche Gewalt)
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Jede vierte Frau in Deutschland macht in ihrem Leben Gewalterfahrungen. Diejenigen, die zuschlagen, sind keine Fremden, sondern häufig der eigene Partner oder Ex-Partner. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen und Kontrolle sind Formen von Gewalt. Sie kann Menschen aller sozialen Schichten und jeden Alters treffen. „Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter und findet auch bei uns im Landkreis Harburg statt“, sagt Andrea Schrag, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Harburg, anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen am Samstag, 25. November. Dazu findet im Landkreis Harburg bis zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember die 16-Tage-Kampagne „Gegen Gewalt an Frauen“ statt, Anmeldungen zu den Aktionen sind bereits möglich.

16-Tage-Kampagne soll Zeichen setzen

„Mit der 16-Tage-Kampagne wollen wir ein klares Zeichen setzen und die Gesellschaft sensibilisieren und auf Hilfsangebote aufmerksam machen. Häusliche Gewalt ist immer noch ein Tabuthema. Gerade deshalb sind Aktionen wie die 16-Tage-Kampagne so wichtig, um eine Haltung zu schaffen, die Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht toleriert und akzeptiert“, sind sich die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Organisationen einig. „Vor allem aber wollen wir Frauen ermutigen, sich Hilfe zu holen, und auf Angebote zur Gewaltprävention hinzuweisen“, sagt Svenja Riebau, Gleichstellungsbeauftragte in Winsen.

Von den Vereinten Nationen initiiert, geht dieser Internationale Gedenktag auf die Ermordung der drei Schwestern Mirabal zurück, die am 25. November 1960 in der Dominikanischen Republik vom militärischen Geheimdienst nach monatelanger Folter getötet wurden. Sie waren im Untergrund tätig und hatten sich an Aktivitäten gegen Diktator Rafael Leónidas Trujillo beteiligt. Ihr Mut motiviert bis heute Frauen und Männer, gegen Unrecht und Unterdrückung einzutreten.


Bundesweit kamen 157.818 Fälle von Partnerschaftsgewalt zur Anzeige

Die Zahlen zeigen deutlich, wie nötig das ist: Bundesweit kamen im vergangenen Jahr 157.818 Fälle von Partnerschaftsgewalt zur Anzeige. Und immer wieder kommt es sogar zum Femizid: Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, seine Partnerin zu töten. An jedem dritten Tag gelingt es. Die Gewalterfahrungen sind in vielen Fällen kein einmaliges Erlebnis. Gerade bei häuslicher Gewalt erleiden die Frauen oftmals ein jahrelanges Martyrium, bis sie sich Hilfe holen. „Die Misshandlungen geschehen nicht aufgrund eines einmaligen Kontrollverlustes, sondern dienen dazu, Macht und Kontrolle über das Opfer auszuüben“, so die Erfahrung von Dörthe Hein und Christine Arndt aus ihrer täglichen Arbeit mit gewaltbetroffenen Mädchen und Frauen. „Und auch der Mord an der Partnerin geschieht nicht von heute auf morgen. Es ist oft der grausige Höhepunkt einer langen Vorgeschichte. Häusliche Gewalt beginnt schon bei Beleidigungen, Demütigungen und auch dem Ausüben von wirtschaftlichem Druck.“

Dunkelziffer bei Gewalterfahrungen ist viel höher

Kommt es im Landkreis Harburg wegen häuslicher Gewalt zu Polizeieinsätzen, stellt diese den Kontakt zur Beratungsstelle BISS her. Die BISS hatte 2022 zu 488 Frauen im Landkreis Harburg Kontakt. Doch dort kann nur eine Erstberatung stattfinden, für weitergehende umfassende Unterstützung und als Ansprechpartnerin gibt es seit November 2019 eine Beratungsstelle für alle Mädchen und Frauen, unabhängig vom Zeitpunkt und der Art der erlebten Gewalt. 152 Fälle verzeichnete die Einrichtung 2022. Zuflucht im Frauenhaus haben im vergangenen Jahr 21 Frauen gefunden. „Das zeigt, wie wichtig dieser internationale Tag gegen Gewalt an Frauen ist“, so Andrea Schrag. „Die Dunkelziffer ist noch um einiges höher, da viele Betroffene aus Angst oder vor Scham lieber schweigen, anstatt sich gegen ihre Peiniger zu wehren, die meistens im direkten Umfeld zu finden sind“, ergänzt Andreas Brammer vom Jugendzentrum Salzhausen.

Rund um den Gedenktag findet im Landkreis Harburg die 16-Tage-Kampagne „Gegen Gewalt an Frauen“ statt. Dazu gibt es bis zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember ein Veranstaltungsprogramm. Institutionen, Vereine und Einrichtungen sowie die Gleichstellungsbeauftragten bieten unter dem Motto „Frauenrechte sind Menschenrechte“ Workshops, Vorträge und Veranstaltungen.

Programm-Auftakt am 24. November in Winsen

Den Auftakt bildet am Freitag, 24. November, um 19 Uhr ein Gottesdienst zum Thema „Wir sagen Nein zu Gewalt gegen Frauen“ in der Winsener St.-Marien-Kirche. Unter dem Motto „Jede Frau braucht einen sicheren Platz“ verteilt das Aktionsbündnis für ein Buchholz ohne Gewalt am 25. November von 10 bis 13 Uhr an der Buchholz-Galerie Adventsplätzchen und informiert über Hilfeangebote.

Gewalt gegen Frauen gibt es aber nicht nur im realen, sondern auch im virtuellen Leben, im Internet oder den sozialen Netzwerken. Um „Hilfe bei Gewalt gegen Frauen im Netz“ geht es am 27. November ab 18 Uhr bei der Zukunftswerkstatt Buchholz. Dann werden Möglichkeiten vorgestellt, mit denen sich Frauen wehren können und sich gegen Bedrohungen im Netz schützen können (Weitere Infos: landfrauen.kreisharburg@gmail.com ).

„Mehr Mut zum Nein“ heißt es beim Workshop am 28. November ab 9.30 Uhr bei der Koordinierungsstelle Frau & Wirtschaft in Buchholz (Anmeldung: kontakt-bu@feffa.de ). „Was aus Liebe werden kann“ – unter diesem Motto steht die Veranstaltung von Frauen-Union und Junger Union am 30. November um 19 Uhr in Buchholz. Dann werden Wege aufgezeigt, der Gewaltspirale bei häuslicher Gewalt zu entkommen.

Unter dem Motto „Gewalt Halt: Jede Frau braucht einen sicheren Platz“ wird am 1. Dezember um 14 Uhr bei Famila Jesteburg über Prävention und sichere Plätze informiert, außerdem gibt es Adventsplätzchen.

Schutz vor der Opferrolle – darum geht es auch beim Gewaltpräventions- und Selbstverteidigungskurs für Frauen ab 16 Jahren am 2. Dezember um 10 Uhr in der Budo-Halle am Sportplatz des TSV Winsen (Anmeldung: gleichstellungsbeauftragte@stadt-winsen.de).

Gewalt in der Partnerschaft hat Auswirkungen auf die gesamte Familie. Die Online-Veranstaltung „Gewaltbetroffene Mütter stärken“ am 4. Dezember ab 19.30 Uhr will sensibilisieren und Wege aufzeigen, wie Betroffene trotz eigener Not den Blick auf ihr Kind nicht verlieren (Anmeldung: rentsch@dksb-lkharburg.de).

Der Kinofilm „She said“ zum Thema sexuelle Belästigung wird am 5. Dezember um 17.30 Uhr im Movieplexx-Kino Buchholz gezeigt.

Gewaltverhalten wird erlernt – und kann auch wieder verlernt werden. Über die Arbeit mit Tätern wird am 5. Dezember um 18 Uhr auf Einladung des Jugendzentrums Salzhausen online diskutiert (twitch.tv/juzdiggi ).

Außerdem findet während der gesamten Kampagnenzeit die Banneraktion „Stop Gewalt gegen Frauen“ in allen Kirchengemeinden statt, an den Kirchen und Gemeindehäusern wird ein deutliches Statement gegen jegliche Form von geschlechtsspezifischer Gewalt gesetzt. An vielen Rathäusern und auch am Kreishaus wehen Fahnen.

Infos zu allen Veranstaltungen gibt es unter www.landkreis-harburg.de/16-tage-kampagne sowie in einer Broschüre, die unter anderem in öffentlichen Einrichtungen und Beratungsstelle ausliegt. Eine Übersicht über Hilfeangebote findet sich auch unter www.gghglkh.de.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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