"Ich hatte lange Albträume"
thl. Winsen. "Es war einfach nur die Hölle. Das wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht. Immer diese Angst ins Gefängnis zu müssen, die war unerträglich." Eindrucksvoll schildert Altenpflegerin Manuela S. (32) die Zeit, in der es für sie um ihre persönliche und berufliche Zukunft ging. Lange hat sie geschwiegen. Doch jetzt, wo auch der letzte Prozess gegen eine ehemalige Kollegin, die das Verfahren gegen S. durch ihre Aussage ins Rollen gebracht hatte, beendet ist, will sie reden, will, das ihr Schicksal öffentlich wird. "Ich wurde für etwas an den Pranger gestellt, was ich nie gemacht habe", so Manuela S.
Rückblick: Im August 2013 muss sich Manuela S. vor dem Winsener Amtsgericht verantworten. Der Vorwurf: schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung. S. sollte, so die Anklage, einer Patientin u.a. einen Waschlappen und ein Kissen auf das Gesicht gedrückt haben. Doch in dem viertätigen Prozess stellt sich heraus, dass alle Vorwürfe erstunken und erlogen waren. Trauriger Höhepunkt der Kampagne: Eine angebliche Augenzeugin war zu der angegeben Tatzeit im Urlaub. Die Folge: Manuela S. wurde freigesprochen.
"Ich hatte mich zuvor mehrfach über die Arbeitsverhältnisse in dem Pflegeheim beschwert", erzählt die junge Frau, die jetzt eine Umschulung zur Krankenschwester macht. An einem Freitag im September 2011 wurde sie in das Büro der Chefin zitiert, dort erstmalig mit den Vorwürfen gegen sie konfrontiert und entlassen. Manuela S. zog vor's Arbeitsgericht und gewann. Denn trotz mehrmaliger Aufforderung der Richter, konnte der Arbeitgeber die pauschal gegen die Frau erhobenen Vorwürfe nicht konkretisieren. Das klappte kurioserweise erst im Nachhinein. "Im April 2012, also ein dreiviertel Jahr nach der Kündigung und etwa vier Monate nach dem Arbeitsgerichtsprozess, bekam ich Post von der Polizei", so Manuela S. weiter. Ab da begann die Angst. "Ich wusste, ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen. Doch beweisen konnte ich das nicht." Viele Freunde, auch ihr damaliger Lebensgefährte, wandten sich von ihr ab. "Nur meine Familie hat immer an die Wahrheit geglaubt."
Nach dem Prozess brauchte Manuela S. eine ganze Zeit, bis die Furcht von ihr abfiel: "Ich hatte lange Zeit Albträume und immer Angst, mein neuer Arbeitgeber würde etwas erfahren und mich dann kündigen." Deswegen konnte sie auch die Entschuldigung, die ihre ehemalige Kollegin in deren Prozess wegen Falschaussage ihr gegenüber aussprach nicht akzeptieren.
Diese unerfreuliche Erfahrung hat aus Manuela S. einen anderen Menschen gemacht: "Ich bin ein Kontroll-Freak geworden, schreibe mir jeden Tag wann, wo und was ich gearbeitet habe." Damit sie, sollte sie wieder einmal in so eine Situation kommen, immer Belege hat.
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