Winsen
Jugendliche an der Eckermann-Realschule werden über die Folgen von Sexting aufgeklärt
"Der Austausch erotischer Fotos übers Handy, auch Sexting genannt, gilt für viele Jugendliche als Liebesbeweis. Wer intime Bilder in der digitalen Welt verschickt, verliert jedoch die Kontrolle über die Aufnahmen und somit wird Verbreitung der Fotos gegen den eigenen Willen für die Betroffenen schnell zu einem Alptraum“, lautet die wichtigste Botschaft von Lydia Freienberg, Präventionsbeauftragte der Polizeiinspektion Harburg, an die Siebtklässlerinnen der Johann-Peter-Eckermann-Realschule im Rahmen des zweistündigen Präventionsbausteins "Ich habe heute leider kein Foto für Dich!“
Dabei ist Sexting ein Kunstwort aus "Sex“ und "Texting“, also Textnachrichten, mit denen freizügige oder gar Nacktbilder via WhatsApp oder anderen digitalen Social-Media-Apps an vermeintliche Vertrauenspersonen verschickt werden. Führten früher Jugendliche etwa Telefonate mit ihrem Schwarm vom gemeinsamen Festnetzanschluss, klärt Freienberg auch regelmäßig die Eltern und Erziehungsberechtigen auf Elternabenden auf, sind die heutigen sozialen Kanäle, die über das Smartphone von den Jugendlichen genutzt werden, für die Erwachsenen meist uneinsehbar.
Dies sei bei dem Kauf eines Smartphones immer zu bedenken, so Freienberg. Ein Schutz sei daher nicht nur durch technische Hürden notwendig, sondern auch durch Aufklärung. Allerdings, da ist sich die schuleigene Präventionsbeauftragte Hülya Türkmen-Sahan mit der Polizei einig, kann diese präventive Arbeit nicht nur Aufgabe der Schule sein, sondern müsse viel früher im Elternhaus erfolgen.
Neben der moralischen Ebene sei es auch wichtig über die rechtliche Situation zu sprechen. Danach macht sich jeder strafbar, der Fotos oder Videos von einer Person weiterleitet, ohne sie vorher um ihr Einverständnis gebeten zu haben. Vielen Jugendlichen ist gar nicht bewusst, dass sie sich strafbar machen. Im Falle von "Nudes“, wie Nacktbilder unter den Jugendlichen genannt werden, kann sogar der Straftatbestand der Verbreitung von Kinder- oder Jugendpornografie erfüllt sein - durch die Versender selbst.
"Es muss viel mehr über die Täter und ihre Unterstützer gesprochen werden, die Fotos weiterleiten. Heute ist es leider noch so, dass die Mehrheit der Person die Schuld gibt, die ein Foto von sich im Vertrauen an eine andere Person verschickt hat und deren Vertrauen missbraucht wurde", sagt Freienberg.
Viele fühlen sich sicher in dem Glauben, dass die Nachrichten auf Snapchat sowieso nur einige Sekunden für den Empfänger sichtbar sind und sich dann selbst zerstören. Dabei ist es relativ einfach, die empfangenen Bilder oder Videos zu sichern und anschließend weiter zu verbreiten. Dafür gibt es bereits Apps, aber auch der einfache Screenshot kann ein Nacktbild für immer verfügbar machen.
Ein Präventionsansatz ist dabei die Entwicklung der Medienkompetenz. "Verbote und erhobene Zeigefinger dürften bei der Zielgruppe relativ wenig bewirken“, so Lydia Freienberg. Daher liegt auch ein Schwerpunkt des Präventionsbausteins auf dem kritischen Umgang mit den sozialen Medien. Eigene Gefühle digital zu dokumentieren gehört für Jugendliche heute einfach dazu - sei es durch Emojis, Selfies oder freizügige Bilder. Ziel sollte der offene aber sensible Umgang mit dem Thema Sexting sein, um das Gefahrenbewusstsein zu trainieren.
Dass die Johann-Peter-Eckermann-Realschule dank ihrer neu eingestellten Schulsozialarbeiterin Antje Benecke nun dem Vorbild anderer Schulen im Landkreis folgen will und eigene Webcoaches unter den Schülerinnen und Schülern ausbilden lassen will, begrüßt denn auch die Beauftragte für Jugendsachen der Polizeiinspektion Harburg sehr.
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