Wohin als Notfall-Patient? Irritationen um Zuständigkeit von Arztpraxis und Krankenhaus
ce. Marschacht. Notdienst ist nicht gleich Notdienst, wenn es um die Versorgung von Verletzten in Krankenhäusern geht. Diese Erfahrung machten Marianne S. (49) und ihr Lebensgefährte Carsten W. (50, Namen der Redaktion bekannt) aus Marschacht, als sich der Mann an einem Freitagnachmittag beim Renovieren einen großen Splitter in die linke Hand riss. "Der Splitter war zu groß und zu tief, um ihn selbst zu entfernen. Zudem befürchteten wir, dass dabei Sehnen verletzt werden könnten", blickt Marianne S. zurück.
Sie brachte ihren Freund umgehend in die Marschachter Gemeinschaftspraxis. Dort seien sie von einer Mitarbeiterin abgewiesen worden mit der Begründung, die Wunde würde "nicht stark bluten" und in der Praxis fielen noch Patiententermine an. Die Mitarbeiterin verwies das Paar an das Winsener Krankenhaus. "Es war uns sehr unangenehm, dort wegen eines Splitters in der Hand vorstellig werden zu müssen. Denn im Vergleich zu wirklichen Notfällen handelte es sich ja hier um eine Lappalie", so Marianne S. Dort sei "die Hölle los und sämtliche Wartebereiche besetzt" gewesen. Schließlich konnte ein Arzt Carsten W. von dessen Splitter "befreien". Marianne S. ist dennoch verärgert, denn aus ihrer Sicht sei das Verhalten der Praxiskraft eine "unterlassene Hilfeleistung" gewesen.
Das sieht Dr. med. Silke Schütz, Fachärztin für Allgemeinmedizin in der Gemeinschaftspraxis, ganz anders. "Von unserer Mitarbeiterin wurde den Hilfesuchenden die Sprechstunde der Kassenärztlichen Vereinigung im Winsener Krankenhaus als Behandlungsalternative angeboten, die freitags ab 15 Uhr alle anfallenden ambulanten Probleme versorgt", erklärt Schütz auf WOCHENBLATT-Anfrage und betont: "Das ist nicht zu verwechseln mit der Krankenhaus-Notaufnahme!" Die freitags regulär von 7.30 bis 14 Uhr geöffnet Marschachter Praxis sei am besagten Tag gegen 15 Uhr noch nicht geschlossen gewesen, da noch viele Patienten aus der Frühsprechstunde hätten versorgt werden müssen, was bis gegen 18 Uhr gedauert habe.
"Gerade jetzt in der Grippezeit arbeiten alle in der Akutmedizin tätigen Ärzte am Limit - sowohl die Kollegen im Krankenhaus als auch wir Ärzte auf dem flachen Land", gibt Silke Schütz zu bedenken. "In diesen Tagen sind unsere ärztlichen Arbeits- und Versorgungszeiten deutlich über zehn bis zwölf Stunden pro Tag. Unsere medizinischen Fachangestellten arbeiten in Schichten oder sogar Teildiensten, damit wir das Arbeitszeitgesetz noch irgendwie einhalten können."
• Unter der bundeseinheitlichen Telefonnummer der Kassenärztlichen Vereinigung 116117 gibt es außerhalb der Sprechzeiten Hilfe und Informationen zu Öffnungszeiten der Notfallpraxen.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.