Kreisschulausschuss: Erste Schülerbefragung
Den Beruf durchs Praktikum finden
Im November und Dezember 2023 fragten Forscher Schüler der Abgangsklassen, ob sie schon Pläne für die Zukunft hätten, und wenn ja, welche. Die Schüler waren über ihre Schulleitungen aufgefordert worden, freiwillig an der Online-Befragung teilzunehmen. Was herauskam, war in großen Teilen nicht überraschend, aber: Viele Schüler fühlen sich immer noch schlecht vorbereitet auf die Berufswahl - trotz zahlreicher Beratungsmöglichkeiten, die bei einigen Schulen sogar in den Schulen selbst erfolgen.
Die Befragung erfolgte im Rahmen des Förderprojekts ‚Kommunales Bildungsmanagement und -Monitoring im Landkreis Harburg‘ des Bundes. Der Landkreis Harburg gehörte mit dem Landkreis Diepholz zu den ersten niedersächsischen sogenannten „Bildungskommunen“, bei denen die Bildung besonders beleuchtet wird - auch um Problemen besser entgegentreten zu können.
1.015 Schüler machten mit
Bildungsforscher Duncan Cooper stellte die Ziele der Befragung vor: So sollten zukünftige Berufswünsche und -pläne der Schüler, aber auch ihre Verbundenheit zum Landkreis ermittelt werden. 1.015 Schüler aller weiterführender Schulen außer der Hauptschule Tostedt, darunter Gymnasien, Integrierte Gesamtschulen, Realschulen, Oberschulen und berufsbildende Schulen, hatten mitgemacht, darunter zwei Drittel im 9. oder 10. Jahrgang.
Nur 34 Prozent der Schüler der Abgangsklassen hatten konkrete Pläne, was sie nach der Schule machen wollten, 47 Prozent immerhin verschiedene Möglichkeiten im Kopf. Doch beachtliche 20 Prozent hatten noch gar keinen Plan. Die wünschten sich zum größten Teil (69 Prozent) ganz allgemein zusätzliche Unterstützung bei der Berufswahl und -orientierung. "Es ist ernüchternd, dass sich ein Großteil nicht gut informiert fühlt", zeigte sich Ausschussvorsitzende Martina Oertzen (CDU) überrascht.
Studium am beliebtesten
Die meisten Schüler (28 Prozent) planen ein Studium, immerhin 24 Prozent eine duale Berufsausbildung. Das Duale Studium ist im Kommen: Das könnten sich zehn Prozent der Schüler vorstellen. Schulische Berufsausbildungen (z. B. zum Sozialpädagogen, zur Erzieherin oder in der Pflege) strebten nur sieben Prozent an. Die Jugend ist übrigens offenbar nicht so egozentrisch und oberflächlich, wie oft unterstellt wird: Immerhin jeder zehnte Schüler kann sich ein freiwilliges soziales, ökologisches, kulturelles Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst vorstellen, und 23 Prozent gehen neben der Schule einer ehrenamtlichen Tätigkeit zum Beispiel bei Feuerwehr, Sportverein oder einer Kirche nach. Ohne jede Ausbildung in den Beruf wollen nur drei Prozent der Jugendlichen.
Nicht überraschend: An Gymnasien ist das Studium am beliebtesten (34 Prozent), an Oberschulen und Realschulen die duale Berufsausbildung. Die IGS-Jahrgänge 9 und zehn liegen erwartungsgemäß dazwischen mit ihren Ausbildungswunschwerten. Was ist am wichtigsten bei der Auswahl des angestrebten Berufes? "Der Beruf soll mir Spaß machen" wünschen sich 67 Prozent aller Schulabgänger, gute Verdienstmöglichkeiten erhoffen sich 48 Prozent. Dass der Beruf international ausgerichtet ist, ist dagegen nur für 14 Prozent "sehr wichtig". Wer kann sich am ehesten vorstellen, auch später im Landkreis zu arbeiten? Die Abgänger von berufsbildenden Schulen, Ober- und Realschulen sind unter denen, die hier bleiben wollen, am stärksten (78 Prozent) vertreten.
Zu wenig Praktika an Gymnasien?
Klar wurde auch: Praktika sind eine gute Möglichkeit für Schüler, den richtigen beruflichen Weg zu finden. "Ich würde mir mehr Praktika während der Schulzeit wünsche, um in mehrere Unternehmen und Berufsfelder reinzuschnuppern", hatten Schüler sich direkt in der Umfrage gewünscht. Ein Schüler berichtete beispielhaft: "Ich habe meinen Ausbildungsplatz (...) nach der 10. Klasse durch mein Praktikum bekommen. Und wenn man nicht weiß, was man machen möchte, ist ein Praktikum perfekt."
Doch zum Beispiel an Gymnasien ist nach wie vor während der Schullaufbahn nur ein einziges Praktikum vorgesehen, obwohl beileibe nicht alle Gymnasiasten ein Studium aufnehmen wollen. Es ist den Schulen freigestellt, zusätzlich Praktika anzubieten, berichtete Schulleiterin Anja Krippner (Oberschule Neu Wulmstorf), die als Vertreterin der Schulleitungen allgemeinbildender Schulen im Kreisschulausschuss sitzt. Der Haken: Die Beförderung der Schüler zu ihren Praktikumsstellen wird dann aber nicht vom Kreis bezahlt. "Das hält natürlich viele Schulen ab, mehr Praktika anzubieten", erklärte Krippner.
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