Lagerwechsel im Winsener Stadtrat
Thomas Kierschke verlässt die SPD und schließt sich der CDU an / Motiv: Unzufriedenheit
thl. Winsen. Paukenschlag im Winsener Stadtrat: Ratsherr Thomas Kierschke, der bisher für die SPD-Fraktion in dem Gremium saß, hat sich jetzt der CDU angeschlossen. Die Christdemokraten haben seine Aufnahme bereits einstimmig beschlossen.
Für Thomas Kierschke ist der Eintritt in die CDU nur der konsequente Schritt nach verschiedenen Unstimmigkeiten mit der Fraktionsspitze der Winsener SPD, dem Verhalten der SPD zum Stadthaushalt 2020 und der aus seiner Sicht bisher guten Zusammenarbeit mit der Gruppe der CDU.
"Ich bin 2016 zur Kommunalwahl für die Sozialdeomkraten angetreten, weil ich gemeinsam mit den Kollegen etwas für die Menschen in Winsen erreichen wollte und nach wie vor will", sagt er. "Vor allem geht es mir darum, gemeinsam und nachhaltig für die Stadt mitzugestalten und dass man Miteinander vernünftige Lösungen findet und Projekte umsetzt." Leider sei seine Meinung von der SPD-Fraktionsspitze häufig ignoriert worden, oft habe er sich nicht mitgenommen gefühlt, Vorschläge von ihm seien offenbar nicht weitergegeben worden. Am Ende stand bei Kierschke nur noch Frust.
Wenn es keine klaren Mehrheitsverhältnisse gibt, müsse es auch politische Kompromisslösungen geben. Sich aber komplett querzustellen, wie beim Stadthaushalt im Dezember vergangenen Jahres, sei für Kierschke kein gangbarer Weg gewesen. "Zumal es der SPD gerade beim Stadthaushalt am Ende nicht um Inhalte ging, sondern nur taktiert wurde", sagt Kierschke. Dafür sei er bei der Wahl 2016 nicht angetreten und dies sei auch nicht sein Stil für die Ausübung des Ratsmandats.
Kierschke betont, er habe seit seiner Wahl in den Stadtrat gute Erfahrungen auch in der Zusammenarbeit mit den Ratskollegen der Gruppe CDU/Winsener Liste/Andreas Waldau gemacht, besonders im Kulturausschuss, dem er angehöre. "Auch bei vielen inhaltlichen Themen der CDU und der CDU-Gruppe habe ich für mich Übereinstimmungen festgestellt, sodass eben auch aus inhaltlicher Sicht der Schritt zur CDU jetzt richtig ist", ist Thomas Kierschke überzeugt.
Bei der CDU ist die Freude über das neue Ratsmitglied groß. Der "neuen Liebe", die sich zwischen den beiden Parteien Anfang dieses Jahres zur Verabschiedung des Haushaltes entwickelt hatte, ist diese Sache aber ganz bestimmt nicht dienlich. "Was Herrn Kierschke im Detail zum Wechsel veranlasste bzw. die offenbar ursächlichen, andauernden Unstimmigkeiten in der Winsener SPD, habe ich nicht zu kommentieren", sagt CDU-Fraktionschef André Bock.
"Ich bin von diesem Schritt nicht überrascht, sondern habe ihn eigentlich schon viel früher erwartet. Kierschke hatte schon länger den regen Hinterzimmeraustausch zur CDU gesucht. Über mögliche Motive können wir leider nur spekulieren", so SPD-Ortsvereins- und Fraktionsvorsitzender Benjamin Qualmann. Bereits im Herbst 2019 sei das Fraktionsmitglied abgetaucht, habe seitdem an keiner Sitzung des Stadtrates teilgenommen und die Arbeit komplett eingestellt. "Wir haben zu Jahresbeginn auf vielen Wegen mehrfach versucht zu erfahren, wie es weitergeht und ob und wie er das Mandat im Rat der Stadt weiterhin wahrnehmen möchte – auch im Hinblick auf seine berufliche Neuorientierung mit einer Weiterbildung zum Mitarbeiter in der Kommunalverwaltung. Leider gab es bis jetzt keinerlei Reaktion."
Genauso wie von Cemil Dilek, der das Mandat jetzt in die Fraktion Grüne /Linke einbringt, wurde auch Thomas Kirschke lediglich über die SPD-Parteiliste in den Stadtrat gewählt, genauso wie Delik mit äußerst mäßigem Ergebnis. Deshalb erwartet die SPD nach dem Wechsel der Fraktion auch hier die Rückgabe des Stadtratsmandates. Qualmann fordert: "Mit dem Haushalt 2020 schien zu Beginn dieses Jahres eine gute, punktuelle und vertrauensvollere Zusammenarbeit mit der CDU möglich zu sein. Wir erwarten natürlich nun, dass ihm seitens der CDU die Rückgabe des Mandates empfohlen wird." Dass sich nach Grüne/Linke jetzt auch die CDU als Auffangbecken anbietet, sei schwer zu verstehen. "Ohne Direktmandat ist es eine Frage der Fairness, dann aus dem Stadtrat auszuscheiden und dem Nachfolger auf der Parteiliste das Mandat zu überlassen", gibt Qualmann den moralischen Kompass der SPD wieder.
Diese Aussagen Qualmanns spiegeln den Frust wider, der in der SPD zu herrschen scheint. Denn Fakt ist: Durch den Wechsel von Kierschke taumeln die Sozialdemokraten rund ein Jahr vor der nächsten Kommunalwahl dem Abgrund entgegen. Mit den Grünen heillos zerstritten, hat jetzt auch die Zusammenarbeit mit der CDU einen Bruch erlitten. Und es scheint für die SPD noch herber zu kommen. Gerüchten zufolge sollen Urgestein Heinrich Schröder und das aktuelle "Zugpferd" Brigitte Netz bei der Wahl nicht antreten wollen. Und Kandidaten, die das sinkende Schiff vor dem Untergang bewahren könnten, sind derzeit nicht in Sicht. Auch wenn Qualmann sagt, es gebe schon viele neue Kandidaten. thl. Winsen. Thomas Kierschke gehörte bisher dem Kulturausschuss im Rat an, dies wird auch nach dem Wechsel so bleiben – für ihn verlässt das CDU-Ratsmitglied Dr. Nils-Oliver Höppner den Ausschuss. Auswirkungen auf die Sitzverhältnisse im Verwaltungsausschuss hat der Wechsel nicht. Aber die Gruppe CDU/Winsener Liste/Andreas Waldau wächst damit auf 18 Mandate an und ist mit Abstand die stärkste Gruppierung in dem 38-köpfigen (inklusive Bürgermeister) Gremium, gefolgt von der Gruppe Grüne/Linke mit acht Mandaten. Mit Abstand stärkste Gruppe
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