Winsen
Politik uneinig über die Zukunft von Stallbaums Gasthaus

Das seit Jahren leerstehende Gasthaus Stallbaum steht nach dem Tod der Eigentümerin zum Verkauf | Foto: thl
  • Das seit Jahren leerstehende Gasthaus Stallbaum steht nach dem Tod der Eigentümerin zum Verkauf
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Das alte Gasthaus Stallbaum in der Rathausstraße in Winsen und was damit passiert, ist derzeit in aller Munde. Jetzt hat der Heimat- und Museumverein quasi die Stadt aufgefordert, das Gebäude zu kaufen und zu erhalten.

Museums-Chef fordert den Kauf von Stallbaums Gasthaus durch die Verwaltung

Grund genug für das WOCHENBLATT, die einzelnen Fraktionen im Stadtrat zu fragen, wie sie die Sache sehen, auch im Hinblick auf die leeren Kassen. Und ob es seitens der Politik noch andere Vorschläge gibt.

"Der SPD-Ortsverein Winsen wird sich für den Erhalt des ehemaligen Gasthofs Stallbaum einsetzen", macht Fraktionsvorsitzender Michael Schulze deutlich. Das habe seine Partei schon sehr frühzeitig beschlossen. Zwar gebe es noch viel zu klären, aber wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, sei der Erhalt eines wichtigen Teils der örtlichen Geschichte machbar, so die Sozialdemokraten.

Das sieht auch die AfD-Fraktion so. "Wir können uns Herrn Prof. Dr. Wiese vom Heimat- und Museumverein Winsen nur anschließen", sagt Fraktionsvize Thorsten Drossel. "Die historische Bausubstanz ist auf jeden Fall erhaltungswürdig. Die Gefahr, dass das Gebäude in falsche Hände kommt, ist sehr groß. Wir würden deshalb auch dazu tendieren, dass die Stadt von ihren Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Sicherlich werden auch enorme Kosten entstehen, aber man könnte das Gebäude wieder an eine Gastronomie weitervermieten oder verpachten. Der Erhalt des Gebäudes ist auf jeden Fall für die Winsener Altstadt ein Gewinn."

Eine andere Meinung hat FDP-Vorsitzender Nino Ruschmeyer. Er weist allerdings darauf hin, dass es in seiner Partei unterschiedliche Ansichten zu dem Thema gibt. "Meine Auffassung ist, dass sich die Stadt hier vermutlich überheben würde, wenn sie das Gebäude erwerben würde. Proaktiv als Stadt hier voran zu gehen ergibt auch gerade wegen des ohnehin bestehenden Vorkaufsrechts keinen Sinn und würde allenfalls den Preis für einen Erwerb in die Höhe treiben, wenn man es denn überhaupt wollte. Die Sanierungskosten sind für mich überhaupt nicht abzusehen", so Ruschmeyer. "Wie wohl die meisten Winsener hänge auch ich emotional an dem Gebäude, würde mindestens gern die Fassade erhalten. Die Gaststube ist am ehesten ein Fall für den Kiekeberg - von mir aus gern als Außenstelle. Wenn es eine Lösung gäbe, bei der Drittmittel von Dritten eingeworben würden und das Risiko für den Steuerzahler zu deckeln wäre, kann man drüber nachdenken, sich als Stadt zu beteiligen. Ob der Saal überhaupt zu retten ist, weiß ich nicht, da habe ich allerdings Zweifel." Ökonomisch am Sinnvollsten wäre es wahrscheinlich neutral betrachtet, wenn jemand versuchen würde, auf dem Grundstück etwas Neues zu realisieren, möglichst unter Erhalt der Fassade. Ob sich das im Ansatz lohne, könne er nicht beurteilen. "Die Stadt würde hier allerdings mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Millionengrab schaufeln, wenn Sie das Gebäude jetzt erwerben würde mit dem Ziel, es selbst zu sanieren und sich dann zu überlegen, was sie eigentlich damit will."

Ebenfalls noch keine abschließende Meinung haben die Christdemokraten und die Grünen. "Aufgrund der Sommerpause und Ferien haben wir uns bisher zu dem Thema Stallbaums Gasthaus weder in der Gruppe, noch innerhalb der Fraktion ausreichend austauschen können", teilt CDU-Chefin Anja Trominski mit. "Das alte Stallbaums Gasthaus ist für viele Winsener sicherlich ein Traditionshaus und schon aus diesem Grund besteht der Wunsch es zu erhalten (übrigens hat die CDU dort oft und gerne ihr Grünkohlessen veranstaltet). Inwiefern sich dieser Wunsch aber auch gerade bei der aktuellen Haushaltslage und des Zustands des Gebäudes realisieren lässt, müssen die Gespräche zwischen Stadt, Politik, Kulturschaffenden und mit Bürgern zeigen."

"Eine differenzierte Stellungnahme zum jetzigen Zeitpunkt halten wir für verfrüht, da die Fraktion der Grünen bisher weder offizielle Informationen seitens der Verwaltung erhalten hat, noch die Möglichkeit bestand, das Gebäude zu besichtigen", sagt Grünen-Vorsitzende Margot Schäfer. "Es erscheint uns auch darüber hinaus Zurückhaltung geboten. Die öffentliche Diskussion weckt derzeit Begehrlichkeiten, die sich marktwirtschaftlich im Preis für die Immobilie niederschlagen. Offensichtlich suchen die Eigentümer nicht das Gespräch mit der Stadt für eine sinnvolle, adäquate, der Historie angemessenen Nutzung des Gebäudes, haben sie die Vermittlung doch bereits an ein Maklerbüro übergeben. Dies erhöht die Kosten zusätzlich. Gilt es noch: Eigentum verpflichtet?" Auch anfallende Sanierungskosten müssten auf der Grundlage der bereits bestehenden Investitionsvorhaben in Winsen - Sanierung der Haupteinkaufsstraße, Bibliothek, Naturbad - , der nötigen Instandhaltungen stadteigener Immobilien - Stadthalle, Sanierung des Marstalls - sowie der verpflichtenden Investitionen im Bereich von Kindergärten und Schulen gesehen werden. "Zudem führt der derzeitige Sommer uns allen vor Augen, dass umfangreiche Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes und der Klimafolgenanpassung nicht aufzuschieben sind", so Schäfer.
Das Thema wird die Politik in den kommenden Monaten noch ausgiebig beschäftigen.

In Stallbaum's Gasthaus ist die Zeit stehen geblieben
Redakteur:

Thomas Lipinski aus Winsen

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