Stadtrat Winsen: Zwei Stunden für 31 Tagesordnungspunkte
Winsener Ratssitzung mal anders: kaum Diskussion und das Ende einer "neuen Liebe"
thl. Winsen. In Zeiten des Corona-Lockdowns fallen vielerorts auch die Sitzungen der politischen Gremien aus. Angesichts der Tatsachen, dass zum einen die Verabschiedung des Haushaltes 2021 anstand, zum anderen in rund neun Monaten die nächste Kommunalwahl ansteht, wollte die Stadt Winsen auf die Durchführung der Stadtratssitzung am Mittwochabend in der Sporthalle der Schule am Ilmer Barg aber nicht verzichten. Dafür wurde vom Ratsvorsitzenden Andreas Waldau (parteilos) die 31 Punkte umfassende Tagesordnung "gestrafft". Die beiden Einwohnerfragestunden und die Grundsatzreden der Parteien zum Haushalt wurden gestrichen. Die anderen Punkte sollten, wenn möglich, ohne Diskussion abgestimmt werden, weil sie in den Ausschüssen schon ausgiebig vorbereitet waren. Darauf habe sich der Ältestenrat vor der Sitzung geeinigt, gab Waldau bekannt. Mit diesen Maßnahmen sollte die Ratssitzung, die sonst locker vier bis fünf Stunden gedauert hätte, in rund eineinhalb Stunden vorbei sein.
Am Ende wurden es dann zwei Stunden. Und sie zeigten vor allem, dass es auch ohne großes politisches Geplänkel und (fast komplett) ohne gegenseitige Anfeindungen geht. Und dass die Anfang 2020 viel beschworene "neue große Liebe" zwischen der SPD und der CDU schon wieder vorbei ist. Denn bei nahezu allen Anträgen stimmten die beiden Fraktionen unterschiedlich ab. Ging es um einen CDU-Antrag, war die SPD "von Haus aus" dagegen, bei einem Antrag der Sozialdemokraten war es andersherum.
So verwunderte es auch nicht, dass der Haushalt, der das Hauptthema der Sitzung war, nur mit knapper Mehrheit auf den Weg gebracht wurde. Denn SPD und Gruppe Grüne/Linke lehnten das Zahlenwerk ab.
Für die SPD war das Thema Klimaschutz ausschlaggebend für die Ablehnung des Zahlenwerkes. "Das Thema ist so bedeutend, dass wir hier nicht nachgeben werden. Der am vergangenen Montag von der CDU kurzfristig eingebrachte Antrag entspricht in keiner Weise dem hohen Stellenwert des Themas. Hier wird nun selbstständig der Versuch unternommen, das Thema doch noch weichzuspülen und wegzudrücken", kritisierte Fraktionsvorsitzender Benjamin Qualmann in seiner Haushaltsrede, die schriftlich zum Protokoll eingereicht wurde. "Denn auch hier wird das Ergebnis am Ende so sein wie so oft: Die Verwaltung wird aufzeigen, was gemacht wurde, und dann feststellen, dass das doch so ganz gut ist und ausreicht." Das mache man nicht mit. "Wenn sie wenigstens wie vorgeschlagen heute unsere Anträge beschließen würden, wäre das für uns ein gangbarer Weg gewesen, dem Haushalt zuzustimmen. So müssen wir aber leider ablehnen."
Auch die Gruppe Grüne/Linke hatte sich das Thema Klima ganz oben auf die Fahnen geschrieben. "Was für uns nicht dazugehört, ist Autoverkehr in der Fußgängerzone, eine Ortsumfahrung inklusive Planung und Prüfaufträge in Sachen Klimaschutz", so Gruppensprecher Bernd Meyer in seiner schriftlichen Stellungnahme. Da sich aber auch seine Gruppe mit vielen Anträge nicht durchsetzen konnte, wurde der Haushalt von ihr ebenfalls abgelehnt.
CDU-Fraktionschef André Bock hatte dafür wenig Verständnis: "Wir haben im Vorwege mit der SPD, den Grünen und der FDP sehr konstruktive Gespräche geführt." Man habe gute Ergebnisse erzielt, mit denen eigentlich alle Beteiligten zufrieden sein müssten. "Jetzt ist es am Ende mal wieder nur die CDU-Gruppe und die FDP, die diese Stadt aus der Krise bringen werden."
Der Haushalt 2021 im Überblick
thl. Winsen. Der Haushalt der Stadt Winsen umfasst für 2021 ein Volumen von rund 63,058 Millionen Euro und schließt mit einem Minus von rund 1,15 Millionen Euro. Die größte Aufwandsposition ist die Kreisumlage, die für die Stadt mit knapp 20,5 Millionen Euro zu Buche schlägt. An Personalkosten muss die Stadt 12,445 Millionen Euro zahlen, die Zuschüsse für die Kindertagesstätten betragen 12,4 Millionen Euro. Investitionen sind für 23,1 Millionen Euro geplant. Dafür muss die Stadt Kredite in Höhe von 14,7 Millionen Euro aufnehmen. Die Verschuldung der Stadt beträgt derzeit gut 9,4 Millionen Euro (267 Euro pro Einwohner), wird sich aber laut Planung bis 2024 auf 57,3 Millionen Euro erhöhen. "Ich hoffe, dass dies nicht so weit kommt und der Rat rechtzeitig die Notbremse zieht", so Finanzausschussvorsitzender Anton Zeyn (CDU).
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