Mieterschutzbund schlägt Alarm
Corona-Kündigungsschutz für Mieter ist ausgelaufen
(as). Droht Mietern jetzt eine Kündigungswelle? Das zumindest befürchtet der Mieterschutzbund, seit am 30. Juni der Corona-Kündigungsschutz für Mieter ausgelaufen ist und nicht verlängert wurde.
Sicherung der wirtschaftlichen Existenz
Hintergrund: Um die Folgen der COVID-19-Pandemie abzumildern und die wirtschaftliche Existenz in der Corona-Krise zu sichern, hatte die Bundesregierung im März 2020 unter anderem beschlossen, bei COVID-19-bedingten Mietschulden für die Monate April bis Juni 2020 das Kündigungsrecht der Vermieter für in diesem Zeitraum entstandene Mietrückstände auszusetzen. Zum 1. Juli ist dieser besondere Kündungsschutz für Mieter ausgelaufen. Das bedeutet: Mieter müssen die normalen Mietzahlungen wieder aufnehmen. Für die Rückzahlung etwaiger Mietschulden aus diesen drei Monaten haben sie bis 2022 Zeit.
Mieterschutzverein rechnet jetzt mit Kündigungswelle
"Der dreimonatige Corona-Kündigungsschutz hat das Problem nur verlagert und nicht gelöst", kritisiert Heike Gehrdau, Vorsitzende des Mieterschutzvereins Winsen. Noch immer seien viele Mieter von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und Einkommenseinbußen betroffen. Zwar dürfen Mieter, die durch die Auswirkungen der Corona-Krise mit ihren Mietzahlungen in Rückstand geraten sind, ihre Mietschulden zwei Jahre lang abstottern. "Aber wer bereits in den vergangenen drei Monaten zu wenig Geld hatte, um seine Miete zu zahlen, muss jetzt zusätzlich zu den aktuellen Mietkosten auch noch diese Schulden sowie die Verzugszinsen abbezahlen", kritisiert Gehrdau. Mieter könnten in die Insolvenz geraten. Zahlungsrückstände aus früheren oder späteren Zeiträumen, die zur Kündigung berechtigen, oder sonstige Kündigungsrechte des Vermieters, z.B. wegen Eigenbedarfs, gelten weiterhin. Und ab sofort gilt wieder: Ist der Mieter zwei Monatsmieten im Rückstand, darf ihm gekündigt werden. "Wir rechnen jetzt mit einer Kündigungswelle!"
Sicher-Wohnen-Fonds statt Kündigungssperre
Besser als die dreimonatige Kündigungssperre wäre aus Sicht der Mieterschützer eine staatliche Unterstützung gewesen. Der Deutsche Mieterbund fordert bereits seit Monaten die sofortige Einrichtung eines "Sicher-Wohnen-Fonds", der bei Zahlungsschwierigkeiten der von der Corona-Krise getroffenen Wohnraum- und Gewerbemietern einspringt. "So wie es jetzt ist, werden die Mieter im Wesentlichen allein gelassen", sagt Gehrdau. Das Grundproblem liegt aber woanders, ist sie überzeugt: "Die Mieten sind viel zu hoch. Wir benötigen deutlich mehr günstige Wohnungen und sozialen Wohnraum!"
Mietausfall kann für Vermieter problematisch sein
Beim Stader Ortsverband von Haus & Grund, einer Interessengemeinschaft von privaten Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentümern, halten sich die Anfragen der Vermieter zur Kündigung wegen Mietausfalls noch in Grenzen. "Im April gab es vereinzelt Vermieter, insbesondere gewerbliche, die uns berichtet haben, dass ihnen die Miete gekürzt oder ganz zurückbehalten wurde. Im Mai und Juni ist mir von keinen Anfragen bekannt", berichtet Rechtsanwalt und Notar Mathias Schröder, 2. Vorsitzender des Stader Ortsverbands.
Der Zeitraum, in dem die Mietzahlung ausgesetzt werden konnte, sei mit drei Monaten relativ lang. "Die Sichtweise in der Öffentlichkeit ist oft, dass Vermieter alle wohlhabend sind. Dem ist aber nicht so", sagt Schröder. Gerade kleine private Vermieter, bei denen die Miete z.B. ein wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge sei, könnten durch den Ausfall eines Quartals durchaus in die Bredouille geraten.
Gemeinsam Lösungen suchen
"Wir raten unseren Vermietern aber zunächst zu versuchen, gemeinsam mit dem Mieter eine Lösung zu finden - schließlich ist der Vermieter daran interessiert, dass sein Objekt vermietet ist", sagt Schröder. Er betont aber auch: "Wurde mit den Mietzahlungen in den vergangenen drei Monaten wegen der Corona-Krise ausgesetzt, steht der Mieter in der Pflicht: Der Vermieter hat einen Anspruch auf einen Nachweis, dass Miete aufgrund der Corona-Pandemie nicht bezahlt werden konnte." Das kann z.B. eine Bescheinigung des Arbeitgebers, ein Einkommensnachweis oder bei Gewerbeimmobilien eine behördliche Verfügung, die den Betrieb untersagt hat, sein. Wenn die Mietkürzung nicht durch Corona bedingt ist, könnte der Vermieter die ausstehende Miete einklagen.
Redakteur:Anke Settekorn aus Jesteburg |
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