Stellenbesetzung in Beckdorf
WOCHENBLATT-Interview mit Sören Wallin (IGB)

Sören Wallin ist IGB-Ratsmitglied und Volljurist
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Niemand zweifelt an der Kompetenz der Bewerberin. Dennoch hängt in der Samtgemeinde Apensen wegen eines Einstellungsverfahrens für eine Stelle im Gemeindebüro Beckdorf der Haussegen schief (das WOCHENBLATT berichtete). Während die Verwaltung, die Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock und Rathaus-Vize-Chef sowie Gemeindedirektor Edgar Rot, davon überzeugt sind, richtig und rechtmäßig gehandelt zu haben, sind mehrere Ratsmitglieder anderer Auffassung und ein CDU-Mitglied hat die Kommunalaufsicht eingeschaltet.

Die kommt allerdings mit der Prüfung gar nicht so schnell hinterher, wie sich die Voraussetzungen ändern. Denn als Folge der Querelen bereitet sich jetzt die Gemeinde Beckdorf darauf vor, die Einstellung selbst vorzunehmen. Ein entsprechender Ratsbeschluss wurde am Dienstagabend gefällt: Der Rat hat dafür den Nachtragshaushalt in der Gemeinde Beckdorf beschlossen worden - mit einer Gegenstimme von Bürgermeister Siegfried Stresow.

Wenn sie jedoch inhaltlich nichts gegen die Einstellung der Bewerberin haben, warum lassen die Mitglieder des Samtgemeindeausschusses die Samtgemeindeverwaltung nicht einfach gewähren? Das wollte das WOCHENBLATT von Sören Wallin wissen, der zugleich Volljurist und Ratsmitglied ist. Seine Partei, die Interessengemeinschaft gegen Behördenwillkür (IGB) hat sich - wie es der Name schon sagt - auf die Fahnen geschrieben, Behördenwillkür anzuprangern.

WOCHENBLATT: Herr Wallin, warum entstehen in der Samtgemeinde Apensen immer wieder Streitigkeiten zwischen Verwaltung und Politik, die dazu führen, dass die Kommunalaufsicht eingeschaltet wird?

Sören Wallin:
Vorab: Ich bin davon überzeugt, dass die Mitarbeitenden der Samtgemeindeverwaltung ihren Dienst nach besten Wissen und Gewissen verrichten. Das Problem der letzten Jahre ist allerdings, dass sie nur so gut arbeiten können, wie das Führungspersonal es ermöglicht. Und hier zeigt sich immer wieder ein Defizit in fachlicher Arbeit und Fachkenntnissen: Beschlussvorlagen sind fehlerbehaftet, Mindestfristen werden nicht eingehalten, in Ergebnisprotokollen fehlen Argumente und wenn die Hauptverwaltungsbeamtin (HVB) dafür kritisiert wird, führt das eher zu Trotzreaktionen, nach dem Motto "... die Kommunalaufsicht wird schon nicht dazwischenfunken". Denn sie wissen nicht, was sie tun - könnte man vermuten - oder wissen sie, was sie tun und tun es trotzdem?

WOCHENBLATT: Teilen Sie aus juristischer Sicht die Kritik der Mitglieder des Samtgemeindeausschusses, die das Einstellungsverfahren für fehlerhaft halten und wenn ja, warum?

Wallin: Ja, das tue ich insbesondere aus zwei Gründen. Erstens, in das Einstellungsverfahren sind nachträglich zusätzliche Kriterien einbezogen worden, die nicht in dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung benannt worden sind. Maßgebend ist allerdings die ursprüngliche Stellenausschreibung und das dort vorgegebene Anforderungsprofil, an das der Arbeitgeber für die Dauer des kompletten Einstellungsverfahrens gebunden bleibt. Will der Arbeitgeber zusätzliche (Ausschluss-)Kriterien in das Verfahren einbeziehen, muss er das eingeleitete Verfahren abbrechen und entsprechend den neuen Vorgaben mit neuem Anforderungsprofil wiederholen. Tut er das nicht – und das ist hier bislang der Fall – ist das Einstellungsverfahren fehlerhaft und damit rechtswidrig.

WOCHENBLATT: Und der zweite Grund?

Wallin: Der betrifft das Einvernehmenserfordernis, auf das sich die Verwaltung beruft. Denn grundsätzlich ist jede Personaleinstellung nur im Einvernehmen mit dem Hauptverwaltungsbeamten möglich, das ist in der Samtgemeinde Apensen die Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock. Zusätzlich muss hier ein positiver Beschluss des zuständigen Kollegialorgans vorliegen, das ist in der Samtgemeinde der Samtgemeindeausschuss.

WOCHENBLATT: Einen solchen Beschluss gibt es doch. Und auch das Einvernehmen der HVB liegt vor. Was ist denn das Problem?

Wallin: Es ist nur ein Bewerber für die besagte Stelle des Gemeindebüro Beckdorfs zur Vorstellung in die Ausschusssitzung eingeladen worden. Die Verwaltung argumentiert, dass aus der Nichteinladung anderer Bewerber das Einvernehmenserfordernis abzuleiten sei. Ob dieses Vorgehen rechtlich zulässig ist, muss bereits mangels Bestimmtheit bezweifelt werden. In jedem Falle muss aber klar begründet werden, warum die übrigen Bewerber nicht eingeladen worden sind, wenn offensichtlich mehrere Bewerber das Anforderungsprofil komplett oder bedingt erfüllen. Das ist hier nicht geschehen.

WOCHENBLATT: Ist es nicht trotzdem müßig, immer wieder die Kommunalaufsicht einzuschalten?

Wallin: Im Gegenteil. An dieser Stelle muss ich auf die Verantwortung des Samtgemeinderates als oberste Dienstaufsichtsbehörde und die Verantwortung der Kommunalaufsicht des Landkreises hinweisen. Das wird gerne vergessen, aber in Zeiten eines fachunkundigen Verwaltungsführungspersonals wächst die Verantwortung der Aufsichtsinstanzen.

Als Mitglieder im Samtgemeinderat sind Politiker rechtlich verpflichtet, auf ordnungsgemäße Abläufe zu achten und, wenn sie Zweifel haben, die Kommunalaufsicht einzuschalten. "Checks and Balances" ist hier das juristische Grundprinzip, nach dem sich die Instanzen zur Herstellung und Aufrechterhaltung staatlicher Gewaltenteilung gegenseitig kontrollieren und ein Gleichgewicht im Machtgefüge herstellen.

WOCHENBLATT: Es sind sich doch aber alle einig, dass die Bewerberin für die Stelle geeignet ist. Warum lässt die Politik hier nicht alle Fünf gerade sein und schaltet stattdessen sogar die Kommunalaufsicht ein?

Wallin:
Und was ist mit den übrigen Bewerbern? Ein Vorstellungsgespräch dient dazu, sich einen persönlichen Eindruck von dem Bewerber zu verschaffen. Papier und Wirklichkeit können da manchmal meilenweit auseinanderliegen. Die Stellenausschreibung und das Anforderungsprofil sind ja gerade so konzipiert, dass auch Quereinsteiger eine Chance haben sollen. Die sehe ich hier benachteiligt.

Riesenchaos um einfaches Einstellungsverfahren
Redakteur:

Nicola Dultz aus Buxtehude

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