Schützenvereine
"Eine engstirnige Debatte" - keine Muslime als König

Ministerpräsident David McAllister gratulierte Necdet Savural damals zur Würde des Schützenkönigs | Foto: oh
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(bc). Er könnte ein gutes Beispiel gelungener Integration sein. Stattdessen wird Mithat Gedik unfreiwillig zum Symbol verkrusteter Strukturen in deutschen Schützenvereinigungen. Weil der 33-jährige Türkischstämmige Muslim ist, darf der in Deutschland geborene Familienvater kein Schützenkönig sein. Darüber diskutiert derzeit halb Deutschland.

Necdet Savural (62), 2010 Majestät in Hanstedt-Brackel (Landkreis Harburg) und selbst Muslim, hält die Debatte für total engstirnig: "Diese Ausgrenzung ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wir sind doch nicht im Mittelalter."

Der Fall: Mithat Gedik wird am 18. Juli zum Schützenkönig der St.-Georg-Bruderschaft im westfälischen Sönnern proklamiert. Riesenfreude unter seinen Schützenbrüdern. Doch der Dachverband, der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS), der auch über die St.-Georg-Bruderschaft wacht, grätscht dazwischen.

In der Vereinssatzung hieße es, dass die Bruderschaft "eine Vereinigung von christlichen Menschen" sei. Gedik hätte gar kein Mitglied werden dürfen, geschweige denn Schützenkönig. Beim Bezirksschützenfest soll der König aus Sönnern nicht antreten dürfen.

Was hat das noch mit Integration zu tun? Absolut nichts, findet Necdet Savural. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU im Ortsverband Hanstedt hat sich über Facebook an Mithat Gedik gewandt: "Soll ich vielleicht meine Königskette auch zurückgeben? Lieber Mithat Gedik, Eure Majestät, lass dich nicht verdrängen, denn Du gehörst zu uns. Du bist 'Wir'."

Vor vier Jahren gab es in Brackel überhaupt keine Diskussion über Savurals Religion: "Ich habe auf meinem Königsball das Bauchtanzen eingeführt und eine deutsch-türkische Speisekarte zusammengestellt", erzählt Savural. Der BHDS müsste infolge seiner Argumentation auch überprüfen, welche Schützenbrüder überhaupt noch in der Kirche seien.

Die Oberen in den hiesigen Schützenverbänden können aufgrund der Ereignisse in Westfalen nur mit dem Kopf schütteln. "Unsere Vereine sind alle im Deutschen Schützenbund organisiert. In unseren Strukturen spielt Religion keine Rolle", sagt Hartwig Kruse aus Wischhafen, Präsident im Bezirksschützenverband Stade. Menschen mit Migrationshintergrund seien herzlich willkommen in Schützenvereinen.

Unterdessen hat der BHDS nach mehrtägiger Diskussion beschlossen, dass Muslim Mithat Gedik zumindest Schützenkönig in Sönnern bleiben darf. Er sei jedoch eine einmalige Ausnahme. Am Bezirkskönigsschießen dürfe er trotzdem nicht teilnehmen.

Redakteur:

Björn Carstens aus Buxtehude

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