Interview zum Thema
Gendern ist zeitgemäße Kommunikation
Überaus groß war die Resonanz der WOCHENBLATT-Leserinnen und -Leser auf den Artikel "Stoppt den Genderwahnsinn?!". Das WOCHENBLATT fragte bei Jasmin Eisenhut nach, wie sie zu dem Thema steht. Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Buchholz ist Co-Verfasserin des "Leitfadens für gendersensible Sprache", der künftig in der Buchholzer Verwaltung gelten soll.
WOCHENBLATT: Die deutliche Mehrzahl der Wochenblatt-Leserinnen und -Leser hat sich gegen das Gendern ausgesprochen. Deutschland habe andere Probleme, die zuerst gelöst werden müssten. Warum ist das Gendern Ihrer Meinung nach gerade jetzt wichtig?
Jasmin Eisenhut: Unabhängig vom Weltgeschehen sollte es selbstverständlich sein, nicht nur immer die männliche Form zu nutzen, sondern alle Menschen anzusprechen, ohne jemanden auszugrenzen. Das hat nichts mit „Genderwahnsinn“ zu tun, sondern lediglich mit einer zeitgemäßen Kommunikation. Die deutsche Rechtschreibung bietet hierfür eine Vielzahl von Möglichkeiten, die simpel anzuwenden sind, ohne Sprache zu verunstalten.
Als Beispiel fürs Gendern wird oft der Gender-Stern genannt, den wir in der Buchholzer Verwaltung nicht nutzen, da er in der deutschen Grammatik nicht abgebildet ist und Vorleseprogramme ihn oft nicht verarbeiten können. Der Rat der deutschen Rechtschreibung rät daher auch vom Gender-Stern ab.
WOCHENBLATT: Wie wird der Leitfaden in den Verwaltungen aufgenommen? Müssen Sie und Birthe Gutjahr (Gleichstellungsbeauftragte der Stadt WInsen, d. Red.) noch viel Überzeugungsarbeit leisten?
Jasmin Eisenhut: Unstrittig dürfte sein, dass eine Verwaltung in ihrer Kommunikation niemanden ausgrenzen darf, das ist nicht der kritische Aspekt. Vielmehr war mein Eindruck, dass sich viele Menschen einfach unsicher sind, wie sie dies am besten umsetzen. Deswegen habe ich zusammen mit meiner Winsener Kollegin den Leitfaden für eine geschlechtersensible Sprache herausgegeben. Er gibt Tipps und Informationen, wie man sich verständlich und unkompliziert ausdrücken kann, ohne sich außerhalb der deutschen Rechtschreibnorm zu bewegen.
WOCHENBLATT: Wäre es aus Ihrer Sicht eine Möglichkeit, am Anfang eines Textes z.B. Bürgerinnen und Bürger zu schreiben und in der Folge der besseren Lesbarkeit wegen nur noch das kürzere Bürger zu verwenden?
Jasmin Eisenhut: Ich bin der Meinung, dass Sprache nicht kompliziert, sondern unmissverständlich und einfach sein sollte. Von der Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums, also nur der Nennung der männlichen Form, rate ich als Gleichstellungsbeauftragte und gelernte Journalistin jedoch ab, da sich erwiesenermaßen insbesondere Frauen dann oft nicht angesprochen fühlen. Selbst der Duden hat das generische Maskulinum daher abgeschafft.
Wer ein bisschen kreativ ist, kann Texte auch anders formulieren und dann alle Menschen ansprechen. Ich bin überzeugt davon, dass das bei uns allen immer mehr zur Routine werden wird. Dennoch würde ich mich sehr über eine bundeseinheitliche Empfehlung freuen, die einen klaren Rahmen aufzeigt.
WOCHENBLATT: Frau Eisenhut, vielen Dank für das Gespräch.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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